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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Zeug als Wein zu verscherbeln.«
    In Dernau, wo Jorinde unbedingt das Ahrufer suchen mußte und schließlich auch fand, entdeckten sie einen erhängten Hund mit aufgeschlitztem Bauch. Das Tier – Schäferhund – baumelte vom Ast eines ufernahen Baums; die Knoten an Hals und Ast waren kunstvoll und kompliziert. In der Kneipe, die sie anschließend betraten, herrschte Einigkeitdarüber, daß es zu viele Ausländer in Deutschland gebe, speziell Asylanten.
    »Bloß weil bei euch ein deutscher Schäferhund aufgehängt worden ist?« Matzbach beschrieb die Position der Leiche. »Ich sag euch, solche Knoten macht nur ein guter deutscher Seemann.« Anschließend trank er weiter Wasser und berichtete vom Fall eines skandinavischen Schriftstellers, der entweder heiraten oder um politisches Asyl nachsuchen mußte, um in Hamburg bleiben zu können, wo er Steuern bezahlte und den Staat subventionierte. Man brauche ein Einwanderungsgesetz, doppelte Staatsbürgerschaft, Wahlrecht für hiesige Fremde: »Schon allein, damit ich nicht immer nur mit euch zusammensein muß. Ich bin für kontrollierte Einwanderung; Deutsche gibt’s hier eh zuviel.«
    In einem Lokal am Straßenrand, kurz vor Walporzheim, fanden sie einen Teil der Gäste über einen erhängten, aufgeschlitzten Dackel gebeugt, den jemand auf einen Tisch gelegt hatte. Matzbach bestellte Kaffee und lobte die Qualität der Knoten; als jemand bejammerte, daß derlei in Deutschland möglich sei, empfahl er ihm, sich mit dem Hundehenker zusammenzutun und vor jedem brennenden Ausländerheim einen Pinscher zu kastrieren. Überdies halte er Deutschland für einen schlechten Witz, von Bismarck in Umlauf gebracht. »Vor 1870 gab es nie ein Deutschland, sondern immer sehr viele; ich bin für die Vielfalt. Da geht’s mir wie De Gaulle, der gesagt haben soll, er liebe Deutschland so sehr, daß er mit zweien noch nicht genug habe.«
    Als Jorinde ihm Vorhaltungen machte, auf dem Weg zum nächsten Ankerplatz, wehrte er diese gestikulierend ab, wobei er um ein Haar einen breitbeinig auf dem Moped dahinziehenden Verkehrsteilnehmer angefahren hätte. Am östlichen Ende von Walporzheim herrschte Mangel an gehenktenHunden; dafür klagte ein Wandersmann in der hundelosen Kneipe über Bisse und Kläfferei sowie rücksichtslose Autofahrer.
    »Was wollen Sie?« sagte Matzbach. »Solange keiner den Autoherstellern sagt, daß ein normaler Pkw nicht mehr als hundert PS haben muß, wird die Raserei nicht aufhören. Und die Unfälle auch nicht, die aber nur ein Notbehelf sind, was gebremste Vermehrung der Deutschen angeht.«
    Im nächsten Lokal beglückwünschte er bei Wasser einen CDU-Funktionär zu seiner Partei, die den guten Geschmack bewiesen habe, nach Barschels Ende den Mann, »Trutz Graf Dingsbums«, der die Sache anständig aufklären wollte, mit Verweigerung eines Listenplatzes zu belohnen. Auf die Entgegnung, es gebe aber auch honorige Leute, zum Beispiel Stoltenberg, sagte er:
    »Diese dumme Sau? Legt seinen Amtseid darauf ab, daß er Schaden vom Volk wenden will, und begründet seinen Rücktritt damit, Schaden von Regierung und Koalition wenden zu wollen – und
das
nennen Sie honorig? Dann lieber Mafia; die ist wenigstens nicht auch noch verlogen.«
    In einer Weinstube, fest in SPD-Händen, erkundigte er sich höhnisch nach dem Zeitpunkt, zu dem eine SPD-geführte Regierung UNO und EG zu verlassen gedenke. »Ihr macht doch wieder einen auf ›Am deutschen Wesen soll die Welt genesen‹, oder etwa nicht? Wer nicht bereit ist, irgendwas gegen Saddam oder Milosevic zu unternehmen, hat weder das Recht, seinen Vater zu fragen, warum der damals nichts gegen Hitler getan hat, noch hat er was in Vereinen zu suchen, denen gutes Zureden gegenüber Hitlers und Mussolinis nicht ausreicht.«
    Auf der Weiterfahrt sahen sie ein paar Motorradfahrer, fünf oder sechs. Sie kamen ihnen sehr schnell entgegen, donnertenvorüber, allesamt über die Maschinen gebeugt. Jorinde war nicht sicher, meinte aber, orange Leuchtstreifen gesehen zu haben.
    »Was hast du eigentlich heute noch vor?« sagte sie. »Willst du unbedingt eine Schlägerei, oder was?«
    Matzbach grinste. »Ach was, mich haut doch keiner. Dazu bin ich ein paar Zentimeter zu lang. Nur ein bißchen, wie soll ich sagen, Luft ablassen? Ne Art Aderlaß, damit ich anschließend die Ferien an deiner Seite so richtig genießen kann. Manchmal muß ein bißchen Amok sein.«
    »Was wählst du eigentlich, wenn gewählt wird? Ich meine, bei deinen

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