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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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drin …«
    Jorinde ächzte. »Stop mal. Du mit deinem Angenommen. Was ist denn mit deinem Gerede von vorhin, von wegen angekleidet im Bett, mit Stühlen rechts und links, die ihn am Aussteigen hindern?«
    Matzbach hob die Schultern. »Ja, was? Wiederum angenommen, Osiris hätte sein Herz rumoren hören und sich zum Durchatmen und Entspannen aufs Bett gelegt. Sagen wir, der Lehnstuhl stand sowieso da. Sagen wir, Osiris verdrückt sich ins Jenseits; der Arzt, von Yü herbeigerufen, zieht einen Stuhl an die Bettkante, setzt sich, untersucht, steht auf, schiebt zerstreut den Stuhl wieder an die Kante statt zurück in den Raum. Alles ganz harmlos; vielleicht kann Yü uns mehr über das transzendentale Möbelrücken hierorts berichten. Lassen wir das aber erst mal beiseite.«
    Genenger hüstelte. »Wohin willst du denn mit deinen sämtlichen Annahmen?«
    Matzbach leerte seinen Becher, starrte einen Moment hinein und stellte ihn auf den Sekretär. »Bis zur Neige; wohlgetan. Zurück zu den Annahmen, nicht nur dir zuliebe, o Bestattlicher. Wenn also etwas an alledem wäre, von wegen Paranoia und Klinik und Arzt und was sonst noch, dann wäre Yü heftig im Weg gewesen, nicht wahr? Angenommen, Osiris hätte irgendwas Böses entdeckt und wäre deswegen abgemurkst worden, dann hätte der – angenommen – an der Murkserei beteiligte Doktor wahrscheinlich auch nach Aufzeichnungen gesucht, das Böse betreffend. Hätte er, wenn Yü nicht hiergewesen wäre.«
    »Hätte, könnte, wäre, dürfte …« Jorinde seufzte. »Hat nicht ein gewisser Matzbach mal behauptet, Konjunktive seien schön, aber nicht zur Schaffung von Wirklichkeit geeignet?«
    »Was ist Wirklichkeit anders als eine Konstruktion von Konjunktiven, die wir nur deshalb für einen Indikativ halten, weil uns nichts Besseres einfällt?« Matzbach breitete die Arme aus und grinste. »Noch mal zu meinem Aber. Wenn all dies so wäre, und ich halte es für unwahrscheinlich, dann müßte irgendwann demnächst jemand hier auftauchen, um Spuren zu verwischen und Unterlagen zu sichten. Zu sichern. Märchenhaft, aber eben theoretisch denkbar. Und dann, o Freunde der Morgenfrische, sollten wir vorsorgen, indem wir all das in Sicherheit bringen, was ihr da aufgestapelt habt. Wir sollten es in Ruhe durchsehen, damit wir hinterher die Sache für ein Hirngespinst erklären können.«
    Genenger kratzte sich den Schädel. »Na ja … Sollen wir jetzt Testament und Versicherungsunterlagen und derlei im Garten verbuddeln, oder was?«
    »Jein.«
    »Erkläre dich, o Herr.«
    »Mit Wonne. Die amtlichen Zettel, Versicherungen und derlei lassen wir sichtbar liegen, nachdem wir Policen und Adressen und so weiter notiert haben; die Notizen nehmen wir mit. Desgleichen das Testament; es könnte ja, wenn etwas an alledem ist, darin das furchtbare Geheimnis stehen, und furchtbare Geheimnisse sollte man erst lüften, wenn ein Jurist dabeisteht. Aber was habt ihr da sonst noch? Das alles da, dieser ungebändigte Haufen, das können doch nicht nur Pensionspapiere sein, oder?«
    »Prosa und Verse«, sagte Jorinde. »Skizzen. Aufzeichnungen in unlesbarer Klaue. Alte Landkarten mit neueren Kommentaren.Irgendwelche geographischen oder geometrischen Skizzen, mit Entfernungsangaben und anderen Zahlen.«
    Genenger wies mit dem Finger. »Wenn irgendwo was Böses steht, dann nur da. Alle sonstigen Papiere haben wir durchgesehen; da ist nichts. Es sei denn, Osiris wäre noch bekloppter gewesen, als ich ohnehin befürchte. Dann könnte er geheime Dossiers in Geheimtaschen seiner Schlafanzüge vernäht haben. Oder in irgendeinem Buch hier im Haus liegt ein mikroskopischer Zettel. Das ist mir aber zu albern.«
    »Mir auch.« Matzbach stülpte die Lippen vor und summte mißtönend. Dann räusperte er sich. »Nun denn, ach ja. Lassen wir diese Zettel und Skizzen und das Testament verschwinden. Das andere bleibt liegen, damit etwelche Finsterlinge nicht mißtrauisch werden. Habt ihr die Versicherungen ätz äthera schon extra notiert?«
    »Haben wir.« Jorinde deutete auf Genenger; der klopfte an die knisternde Brusttasche seines Hemdes. »Aber wo willst du die anderen Sachen verschwinden lassen? Angenommen« – sie kicherte – »angenommen, es kommt ein Stoßtrupp der Polizei mit Haussuchungsbefehl oder so?«
    Matzbach kaute scheinbar unschlüssig auf der Unterlippe und bog dabei den Kopf in den Nacken; der Hinterkopf deutete auf die Leiche.
    »Da?« sagte Genenger; dann grinste er wieder.
    »Da«, sagte

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