Matzbachs Nabel
Namen verbindet. Aber in diesem Fall ist er ganz sicher, daß er die Stimme nie vorher gehört hat; und daß der Anrufer sich nicht vorgestellt hat.«
»Einer aus dem Dorf?«
Matzbach blies das Streichholz aus. »Liebste Freundin, es wäre denkbar, ich bezweifle es aber. Das Dorf ist nicht sofurchtbar weit weg. Wenn da einer nachts Besorgnisse hat, dann bricht er wahrscheinlich selber auf, um nach dem Rechten zu sehen. Ich glaube bei der ungeheuren Bevölkerungsdichte des Dorfes auch nicht, daß da viele Stimmen sind, die Yü nie gehört hat.«
»Alles sehr seltsam.« Jorinde spielte mit ihrem Glas; dann blickte sie auf. »Also entweder ein Freund von auswärts; dann versteh ich aber nicht, wieso er nicht Name und Nummer nennt, damit Yü ihn zurückrufen kann, sobald er was weiß. Oder …«
Genenger übernahm. »Oder ein böser Mensch, der was weiß und will, daß man ganz schnell davon erfährt.«
»Aber wozu?«
»Nehmen wir mal die wüsteste Möglichkeit.« Jorinde zögerte, als ob sie die nächsten Sätze vorsortieren müßte. »Jemand bringt, warum und wie auch immer, Osiris um; sagen wir, er hat etwas Furchtbares mit der Republik vor, und irgendein James Bond macht ihn alle. Warum dann der Anruf?«
»Damit die Behörden möglichst früh zuschlagen und das Haus aufräumen können.« Matzbach schüttelte langsam den Kopf. »Wenn niemand den Toten entdeckt, könnte es komisch wirken, wenn morgens früh ein von keinem alarmiertes Aufgebot erscheint. Daß es jetzt so komisch aussieht, liegt ja nur daran, daß Yü dich angerufen hat, Henri, und daß du uns mitgeschleift hast. Ich glaube, wenn Yü die Leiche entdeckt, den Arzt ruft und heimgeht, wundert sich am nächsten Morgen niemand über amtliche Interventionstruppen. Jedenfalls nicht sehr.«
Gegen halb elf setzte Genenger sie ab. »So, da ist eure olle Wohnkapolle. Fröhlichen Beischlaf allerseits. Übrigens – ichwill versuchen, morgen abend die Erben zusammenzutrommeln. Bei mir, so ab acht. Kommt ihr?«
»Wir erben doch nicht.«
»Weiß man’s? Kommt trotzdem. Bye bye.«
Es war noch immer warm. Jorinde blieb neben dem Trog stehen, streifte ihre Sandalen ab und schaute in den sternenklaren Himmel. »Ah, das tut gut.« Sie bohrte die Zehen ins Gras.
»Sind wir zu müde oder gar verdrossen?« Matzbach lehnte sich an den Trog und patschte ins Wasser. »Lauwarm. – Ich meine, Genengers Abschiedsworte waren was? Empfehl, Befehlung?«
»Meinst du das Beischlafen oder das Erben?« Jorindes Zähne blitzten im Zwielicht.
»Ah, erstens erstes, zweitens beides.«
»Du bist unmöglich. Dich würde ich gar nicht heiraten wollen.« Sie leckte sich die Lippen. »Ansonsten – nein, kein Verdruß. Von mir aus kann das alles so bleiben.«
»Geht das? Ich fürchte, ab dem Moment, wo man will, daß die Dinge so bleiben, beginnen sie sich zu ändern.«
Jorinde seufzte. »Das ist das Hexeneinmaleins.« Ihre Hände krochen unter sein Schlupfhemd, das locker über dem Gürtel hing. »Wo denn, Junge? Hier oder drinnen?«
»Och, warum nicht – hier?« Er patschte wieder in den Trog. »Lauwarm; müßte ganz angenehm sein. Mein Nabel juckt.«
Sie öffnete seinen Gürtel, dann die Hose. Einen Moment hielt sie inne. »Was denn? Im Trog?«
»Warum nicht?«
Sie trat einen halben Schritt zurück. »Matzbach, du bist unmöglich.«
»Aber mit Vergnügen.« Er streifte Hosen, Schuhe und Socken ab und zog das Hemd über den Kopf. Kichernd schältesie sich aus ihrem Seidengewand; darunter trug sie nur einen Slip. Beides warf sie schwungvoll auf die Motorhaube von Matzbachs Wagen. »Und jetzt?«
»Komm her, Weib.«
Er nahm sie in die Arme, hob sie ein wenig an und ließ sein Gesäß ins Wasser gleiten. Dann kippte er langsam zur Seite und hebelte Jorinde mit den Beinen hinein. Es platschte.
14. Kapitel
Nach ausgiebigem Schlaf und gründlichem Frühstück wollte Jorinde mehr über den Regierungsbunker wissen. Matzbach chauffierte durch die Berge zum Autobahnkreuz Meckenheim, wo sie den Mittelstreifen und die Parkplätze bewunderten; anschließend fuhren sie um Marienberg herum, so gut es ging, und stießen immer wieder auf relativ neu geteerte gerade Straßen und Wege, die für den normalen Verkehr gesperrt waren. In Ahrweiler nahmen sie ein kleines Mittagsmahl zu sich; dann steuerte Matzbach einen Parkplatz in der Nähe des Wanderwegs über die Ahrhöhen an. Auch für Fußgänger ist natürlich der Bunker selbst unzugänglich; man kommt aber nahe genug heran, um die
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