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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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nicht richtig genießen. Bringt erst mal imZuhören die Geduld auf, die Wüstenschildkröten zukommt; dann sehen wir weiter.« Er schob den Stuhl zurück und stand auf.
    Jorinde faßte nach seiner Hand. »Was hast du vor, Herzchen?«
    Er beugte sich und hauchte einen Kuß auf ihre Fingerspitzen. »Es treibt mich. Geliebte. Ich will jetzt in den für derlei Dinge vorgesehenen Behälter mein Morgenei deponieren und dabei den Verfall der Dinge bedenken.«
    Yü stand ebenfalls auf. »Wir leben in würdelosen Zeiten« sagte er. »Ich seh mich inzwischen mal nach Werkzeug um.«
    Matzbach zog im Vorübergehen einen Band aus dem Regal – Carlyles
Arbeiten und nicht verzweifeln
– und verschwand auf den Topf. Yü und Genenger gingen aus dem Haus, um die diversen Versteckmöglichkeiten nach Werkzeug zu untersuchen. Jorinde und Eugenie räumten den Tisch ab; Daniela war offenbar im oberen Bad eingeschlafen. Schließlich klopfte Jorinde an die Klotür.
    »Baltasar?«
    »Anwesend. Was ist dein Begehr, holdes Weib?«
    »Ich brauch ein paar Klamotten. Reserveunterhose und so, ist ja alles verbrannt. Wie steht’s mit dir?«
    »Es hängt, aber ein paar Unterhosen könnte ich auch gebrauchen. Und das eine oder andere Hemd. Du kennst ja meine Größe.«
    »Ja; sie ist unbeschreiblich. Wo ist dein Autoschlüssel?«
    »Müßte in der Reisetasche liegen.«
    »Mhm, ich schau mal nach. Brauchst du sonst noch was?«
    »Zigarren. Und, eh, das Papier hier drin geht mählich zur Neige.«
    »Okay. Zigarren, Hemden, Unterhosen und Klopapier?«
    »Und hütet euch vor Motorradfahrern!«

17. Kapitel
    Nachdem Matzbach seine wichtige Arbeit vollendet hatte, trieb er Genenger und Yü auf und legte ihnen eine Idee vor, die ihm auf dem Abort gekommen war. Sie begrübelten sie eine Weile, fanden kein Fehl daran und begaben sich an die Ausführung. Yü holte Bretter, Nägel und Hammer aus den reichhaltigen Beständen des verblichenen Dichters; Genenger und Matzbach bewaffneten sich mit Schaufeln und verließen die Lichtung.
    Auf dem Weg, der von der Bundesstraße herführte, hoben sie kleine Gräben aus, drei an der Zahl, in unregelmäßigen Abständen.
    »So«, sagte Genenger. »Bloß anfangen dürfen wir noch nicht, eh die Mädels zurück sind.«
    »Wei. Hätt ich fast vergessen. Zum Schutz ehrbarer Passanten sollte man vielleicht noch eine Art Sperre errichten, was? Etwas, das Autofahrer zum Halten zwingt, während Motogangster seitlich dran vorbeidonnern.«
    »Bis sie auf die Fresse fallen. Genau.«
    Yü war mit dem Hämmern fertig, als Genenger zum Haus zurückkam und nach einem Sägebock oder etwas Ähnlichem suchte. Gemeinsam schleppten sie die Nagelbretter und den Bock auf den Weg, wo Matzbach wachte und ein Trinklied sang.
    »Paßt«, sagte Yü; er trat einen Schritt zurück und betrachtete die ersten beiden Bretter, die im hausnächsten Graben quer über dem Weg lagen. »Bißchen Erde und Laub drauf, dann sieht keiner was.«
    »Warten wir, bis die Damen zurück sind.« Matzbach giggelte. »Danach dürfen die Fakire antanzen.«
    Als sie die vermauerte Wand freigeräumt hatten und mit dem Demolieren begannen, erschien Bergner im Keller.
    »Darf man fragen …?«
    »Sind Sie Stasi-Informant?« sagte Matzbach.
    »Ja; mein Deckname war Honecker. Warum?«
    »Henri, woher hast du den? Ein Ossi mit Witz!«
    »Der lief einfach so rum; hab ich dir doch erzählt. Meinst du, wir könnten einen Panzermajor brauchen bei unserem Stoßtruppunternehmen?«
    Yü nahm einen weiteren Ziegel aus der ersten Schicht, legte ihn zu den anderen und ließ sich auf eine umgedrehte Obstkiste sinken. »Vielleicht sollten die ehrenwerten Herren ihn erst mal fragen, ob er bereit ist, an einer subversiven Aktion gegen die Bonzreplik teilzunehmen.«
    Bergner zuckte mit den Schultern. »Ist das
mein
Staat?«
    Genenger legte Hammer und Meißel auf den Tapeziertisch. »Wessen denn?«
    »Bei uns gehörte früher alles
einer
Partei. Hier, bei euch, haben sich mehrere Parteien alles geteilt. Platz für Einzelpersonen gibt’s doch nicht. Immerhin …« Er grinste. »Man darf Witze über den Kanzler erzählen und die Grenzen überschreiten, ohne eingesperrt oder erschossen zu werden.«
    »Witze?« sagte Matzbach. »Ich verlange von einer Regierung nicht, daß sie mich amüsiert, sondern daß sie Probleme löst, statt sie zu schaffen und dann auszusitzen. Amüsieren kann ich mich ohne diesen Kanzler besser. Was meinst du, Henri, sollen wir ihn einweihen?«
    Genenger und Yü blickten

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