Matzbachs Nabel
vertrauenswürdigen Personen genannt worden waren; lauter Schnickschnack dieser Art.«
»Du wirst es wahrscheinlich gleich als sinnvolle Arbeit ausgeben, oder?« sagte Jorinde.
»Sehr sinnvoll sogar. Ich habe einiges rausgekriegt, was nicht geheim oder unzugänglich ist, also auch nicht versteckt; es kommt bloß darauf an, alles zu addieren.«
»Red nicht so lang drum rum, Junge.«
»Wie Sie wünschen, Verehrteste. Also Konrad Asbeck, gestorben und begraben 1989. Verwaltungsbeamter; vor seiner Pensionierung zuletzt tätig in Koblenz, zuständig unter anderem für die verkehrstechnische Anbindung des Bundeswehrkrankenhauses Koblenz an Stadt, Land und Region.«
Jorinde seufzte. »Erspar uns doch die Einzelheiten, Junge. Wir glauben dir fast alles; deswegen …«
»Ist ja gut, ist ja gut; also die Resultate, bäh. Koslowski war ein alter Protégé von Gehlen, hat zuletzt eine nicht näher zu ermittelnde Abteilung des MAD geleitet und wurde dreiundsiebzig Jahre alt. Bodde war im Verteidigungsministerium, Bonn, als Zivilist. Odemer hat sich in der Regierung zu Stuttgart mit Bundesangelegenheiten befaßt. Langhans dito in Mainz. Neuenburg war vom Innenministerium Düsseldorf. Theimer ist wiederum aus Bonn, Bundesamt für Zivilschutz. Schurek war Verfassungsschutz.« Er legte das Blatt mit den Namen und Notizen weg und sah die anderen eindringlich an. »Dazu kommen noch zwei Namen. Wildenroth, der ehemalige hessische Staatssekretär, der in dem abgesperrten Haus und der ollen Kapolle gewohnt hat; er ist auch an einem Mittwochabend gestorben. Und schließlich Osiris K,alias Friedrich Schumann; ehe er sich pensionieren ließ und mit dem Dichten anfing, war er im Bonner Innenministerium. Hättest du mir auch sagen können, Henri; wär einfacher gewesen.«
»Hättste mich gefragt«, sagte Genenger.
»Worauf läuft das denn alles hinaus?« Yü beugte sich vor und tippte auf Matzbachs erbärmliche Kartenskizze. »Und wozu
das
da?«
»Dazu alsbald ein Mehreres, und zwar sofort. Zehn Leute …«
»Männer.« Jorindes Stimme klang nach abgründiger Verachtung.
»Ja. Komisch, was? Waren alle zu einem Zeitpunkt in der Verwaltigung der Republik tätlich, als Frauen noch die drei Kas Kinder, Küche, Kirche hegten, oder die drei Has, von mir aus.«
»Drei Has?«
»Heim, Hochaltar und Hexerei. – Also, zehn Leute, alle in den letzten paar Jahren an einem Mittwochabend gestorben, alle vorher in Bereichen tätig, in denen sie durchaus direkt mit dem Regierungsbunker zu tun gehabt haben können.
Und
– « Er griff zu seinem Tintenroller und blickte wieder auf das Notizblatt.
»Und was? Anschnallen, die Enthüllung droht?« sagte Yü.
»Alle hatten etwas gemein; nur bei Osiris und dem Staatssekretär sind die Umstände anders als bei den übrigen. Die Adressen. Asbeck wohnte hier; Koslowski hier; Bodde hier; Odemer hier; Langhans hier; Neuenburg hier; Theimer hier; Schurek hier.« Bei jedem »hier« malte er ein kleines X auf die entsetzliche Kartenskizze. »Und schließlich Wildenroth hier und Osiris Schumann – hier. Na?«
Er schob die Skizze mitten auf den Tisch; Genenger nahm den Brotkorb weg, um besser zu sehen, und Jorinde rettete ihren Becher mit erkältetem Kaffee.
»Oho«, sagte der Bestatter. »Nett.«
»Ja, nicht?«
»Wie bist du darauf gekommen?« sagte Yü. »Wenn das mit den von Osiris eingezeichneten unterirdischen Gängen stimmt …«
»Ah, es geht aber noch weiter.« Matzbach kniff ein Auge zu. »Wappnet euch.« Er beugte sich wieder über die Skizze.
Von dem Kreis, der den Regierungsbunker markieren sollte, liefen – so war es bei den Karten von Osiris gewesen – insgesamt elf Striche/Gänge/Röhren weg; vier dieser Striche zeigten jetzt jeweils zwei kleine x, zwei Striche je eines.
»Hier« – Matzbach machte ein kräftiges O auf einen bisher unbesetzten Strich – »liegt diese famose Klinik. So. Alle Gebäude, die wir in dieser Form gekennzeichnet haben, gehören dem Staat oder dem Land Rheinland-Pfalz. Alle Gebäude bis auf die Klinik und dieses Haus hier, in dem wir sitzen. Alle Gebäude wurden zwischen 1905 und 1915 errichtet. Zu der Zeit, als unsere werten Vorfahren an ihrer Strategischen Bahn gebastelt und die Gegend hier untertunnelt haben. Ein Teil der alten Tunnelanlagen wurde, wie bekannt, in den Komplex Regierungsbunker integriert. Einzige Ausnahme hierbei ist die olle Kapolle; die ist älter, war aber zu Beginn des Jahrhunderts kaum mehr als eine Ruine und ist damals restauriert
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