Maurice, der Kater
Keith.
»Natürlich!«, sagte Malizia und blickte unter einen Stuhl. »Hör mal,
Katze, es gibt zwei Arten von Leuten auf der Welt: jene, die Handlungen
verstehen, und die anderen, die sie nicht begreifen.«
»Die Welt hat keine Handlung«, entgegnete Maurice. »Die Dinge…
geschehen einfach, nacheinander.«
»Nur, wenn man’s so sieht«, sagte Malizia. Maurice fand, dass es viel zu
selbstgefällig klang. »Es gibt immer eine Handlung. Man muss nur wissen,
wo es danach Ausschau zu halten gilt.« Sie zögerte kurz und fügte dann
hinzu: »Ich weiß! Natürlich! Es gibt hier irgendwo einen Geheimgang! Ist
doch ganz klar! Al e suchen nach dem Eingang des Geheimgangs!«
»Äh… woran erkennt man den Eingang eines Geheimgangs?«, fragte
Keith und wirkte noch verwirrter als sonst. »Wie sieht ein Geheimgang
aus?«
»Natürlich sieht er nicht nach einem Geheimgang aus !«
»Oh, gut, in dem Fall erkenne ich Dutzende von Geheimgängen«, sagte
Maurice. »Türen, Fenster, der Kalender dort von der
Acme-Giftgesel schaft, der Schrank da drüben, das Rattenloch, der Tisch,
der…«
»Du bist nur sarkastisch«, sagte Malizia, hob den Kalender an und
inspizierte die Wand dahinter.
»Eigentlich war ich ein wenig schnodderig«, erwiderte Maurice. »Aber
ich kann auch sarkastisch sein, wenn du möchtest.«
Keith sah auf den langen Arbeitstisch, der vor dem von Spinnenweben
verhangenen Fenster stand. Fal en lagen darauf. Alle Arten von Fal en.
Und neben ihnen standen verbeulte alte Dosen und Gläser mit
Aufschriften wie »Gefahr: Wasserstoffsuperoxid«, »Rattenbann«,
»Feuerbauch«, »Rattenschreck: Äußerste Vorsicht«, »Rattenweg! !«,
»Rattentod«, »Stacheldrahtessenz: Gefahr! !« und – Keith beugte sich
näher – »Zucker«. Er bemerkte auch zwei Becher und eine Teekanne.
Weißes, grünes und graues Pulver lag verstreut auf dem Tisch. Hier und
dort war etwas zu Boden gerieselt.
»Du könntest versuchen, ein wenig zu helfen«, sagte Malizia und
klopfte die Wände ab.
»Ich weiß nicht, wie ich nach etwas suchen sol , das anders aussieht als
das, wonach ich suche«, sagte Keith. »Und sie bewahren den Zucker
direkt neben dem Gift auf! Und es gibt so viel Gift…«
Malizia trat zurück und strich sich das Haar aus den Augen. »Auf diese
Weise kommen wir nicht weiter«, stellte sie fest.
»Und wenn es hier gar keinen Geheimgang gibt?«, fragte Maurice. »Ich
weiß, es ist eine kühne Vorstellung, aber vielleicht ist dies ein ganz
gewöhnlicher Schuppen?«
Selbst Maurice musste vor der Wucht von Malizias Blick
zurückweichen.
»Es muss hier einen Geheimgang geben«, sagte sie. »Sonst hätte dies
alles gar keinen Sinn .« Sie schnippte mit den Fingern. »Natürlich! Wir
machen es falsch! Jeder weiß, dass man den Geheimgang nicht findet,
wenn man nach ihm sucht! Man drückt den verborgenen Schalter, wenn
man aufgibt und sich an die Wand lehnt!«
Maurice richtete einen Hilfe suchenden Blick auf Keith. Immerhin war
er ein Mensch und sol te wissen, wie man mit etwas wie Malizia fertig
wurde. Aber Keith wanderte einfach nur im Schuppen umher und sah
sich alles an.
Mit unglaublicher Gleichgültigkeit lehnte sich Malizia an die Wand. Es
klickte nicht. Es tat sich keine Öffnung im Boden auf. »Wahrscheinlich
die falsche Stelle«, sagte sie. »Ich stütze den Arm ganz unschuldig auf
diesen Kleiderhaken.« Eine geheime Tür in der Wand verblüffte durch
ihr Nichterscheinen. »Ein verzierter Kerzenleuchter wäre jetzt nicht
schlecht«, sagte Malizia. »Sie sind praktisch immer ein Hebel für die Tür
des Geheimgangs. Das weiß jeder Abenteurer.«
»Hier gibt es keine Kerzenleuchter«, meinte Maurice.
»Ich weiß. Manche Leute haben überhaupt keine Ahnung davon, wie
man einen richtigen Geheimgang plant.« Malizia lehnte sich an eine
andere Stelle der Wand, wieder ohne Erfolg.
»Ich glaube nicht, dass du auf diese Weise einen Geheimgang findest«,
sagte Keith, der sich eine Falle aus der Nähe ansah.
»Ach, tatsächlich?«, erwiderte Malizia. »Nun, ich versuche wenigstens,
konstruktiv zu sein! Wo würdest du suchen, wenn du solch ein Experte für Geheimgänge bist?«
»Warum gibt es ein Rattenloch in einem Rattenfängerschuppen?«,
fragte Keith. »Hier riecht es nach toten Ratten, nassen Hunden und Gift.
Als Ratte würde ich mich von einem solchen Ort fern halten.«
Malizia starrte ihn an. Dann zeigte ihr Gesicht große Konzentration, als
drehte sie in Gedanken
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