Maurice, der Kater
Bild unter das
Straßenschild mit der Aufschrift »Flussstraße«. Es befand sich dicht über
dem Pflaster, und der Mann musste sich bücken, um zu malen. Immer
wieder blickte er auf einen Zettel in seiner Hand. Das Bild sah so aus:
Keith lachte.
»Was findest du komisch?«, fragte Malizia.
»Das ist ein Wort im Rattenalphabet«, erklärte Keith. »Sieh nur: Wasser
+ Schnel + Steine. Die Straße hat ein Kopfsteinpflaster, und das sind
Steine für Ratten. Das Bild bedeutet ›Flussstraße‹.«
»Straßenschilder in beiden Sprachen, Paragraph 193«, sagte Malizia.
»Das geht schnell. Man hat sich erst vor zwei Stunden darauf geeinigt.
Bedeutet das auch, dass es an den Rattentunneln kleine Schilder in
Menschensprache geben wird?«
»Hoffentlich nicht«, entgegnete Keith.
»Warum nicht?«
»Ratten markieren ihre Tunnel, indem sie in ihnen pinkeln.«
Es beeindruckte ihn, dass Malizias Gesichtsausdruck unverändert blieb.
»Ich schätze, wir müssen uns al e an eine neue Denkweise gewöhnen«,
sagte sie nachdenklich. »Das mit Maurice fand ich seltsam. Ich meine,
nachdem ihn mein Vater darauf hingewiesen hat, in der Stadt gäbe es
viele nette alte Frauen, die bereit wären, ihn bei sich aufzunehmen.«
»Es erschien dir sonderbar, dass er antwortete, es würde überhaupt
keinen Spaß machen, es auf diese Weise zu erreichen?«, fragte Keith.
»Ja. Was bedeutet das?«
»Ich schätze, es bedeutet, dass er Maurice ist«, sagte Keith. »Ich glaube,
er hat sich großartig amüsiert, als er auf dem Tisch auf und ab ging und
al e herumkommandierte. Er meinte sogar, die Ratten könnten das Geld
behalten! Angeblich hat ihm eine kleine Stimme in seinem Kopf
zugeflüstert, dass es in Wirklichkeit ihnen gehörte!«
Malizia schien eine Zeit lang darüber nachzudenken, und dann fragte
sie, als wäre es eigentlich nicht sehr wichtig: »Und du, äh, bleibst hier, ja?«
»Paragraph 9, Rattenpfeifer der Stadt«, sagte Keith. »Ich bekomme
einen offiziel en Anzug, den ich mit niemandem teilen muss, und einen
Hut mit Feder und eine Flötenzulage.«
»Das ist sehr, äh, schön«, sagte Malizia. »Äh…«
»Ja?«
»Als ich dir sagte, ich hätte zwei Schwestern, nun, äh, das stimmt nicht
ganz. Äh… es war natürlich keine Lüge, ich habe die Wirklichkeit nur ein
wenig… ausgeschmückt.«
»Ja…«
»Ich meine, es entspräche mehr der Wahrheit zu sagen, dass ich
eigentlich gar keine Schwestern habe.«
»Ah«, erwiderte Keith.
»Aber ich habe natürlich Millionen von Freunden«, fuhr Malizia fort.
Sie wirkte sehr elend, fand Keith.
»Das ist erstaunlich«, sagte er. »Die meisten Leute haben nur einige
Dutzend.«
»Mil ionen«, wiederholte Malizia. »Aber natürlich gibt es immer Platz
für einen weiteren.«
»Gut«, sagte Keith.
»Und dann, äh, wäre da noch Paragraph 5«, fügte Malizia ein wenig
nervös hinzu.
»Oh, ja«, sagte Keith. »Der hat alle verwirrt. ›Tee mit Cremebrötchen
und allem Drum und Dran und eine Medaille‹, nicht wahr?«
»Ja«, bestätigte Malizia. »Andernfalls wäre es kein richtiges Ende.
Leistest du mir beim Tee Gesellschaft?«
Es gibt eine Stadt in Überwald, in der bei jeder vollen Viertelstunde
Ratten aus dem Uhrturm kommen und die Glocken schlagen.
Und die Leute sehen dabei zu und jubeln und kaufen handgenagte
Becher, Teller, Löffel, Kuckucksuhren und andere Dinge, die nur dazu
da sind, gekauft und nach Hause getragen zu werden. Und sie besuchen
das Rattenmuseum, essen Rattenburger (garantiert ohne Ratten), kaufen
Rattenohren, die man aufsetzen kann, und Bücher mit Rattengedichten
in der Rattensprache, und sie sagen »Wie seltsam«, wenn sie die
Straßenschilder auf Rattisch sehen, und sie wundern sich darüber, dass
alles so sauber ist…
Und einmal am Tag spielt der recht junge Rattenpfeifer der Stadt auf
seiner Flöte, und die Ratten tanzen zur Musik, für gewöhnlich in einer
Cancan-Reihe. Ihr Auftritt ist sehr beliebt. An besonderen Tagen
veranstaltet eine kleine stepptanzende Ratte große Tanzshows mit
Hunderten von Ratten, die Pailletten tragen, und Wasserballette im
Brunnen.
Und es gibt Vorträge über die Rattensteuer und die Funktionsweise des
ganzen Systems und über die Stadt der Ratten unter der Stadt der
Menschen. Man weist darauf hin, dass die Ratten freien Zugang zur
Bibliothek haben und manchmal ihre jungen Ratten zur Schule schicken.
Und al e sagen: »Wie perfekt, wie gut organisiert, wie erstaunlich .«
Und
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