Max, mein Großvater und ich
Flur. Als er im Begriff war, die Tür zu schließen, schoss der Hund raus.
Opa machte die Tür wieder auf, ging rein, und der Hund folgte. » Sitz!«
Diesmal schlüpfte Opa schneller in den Hausflur und zog die Tür zu.
Der Hund warf sich bellend gegen die Tür. Monster. Aber diesmal war es anders. Es war ein winselndes Bellen. Wahrscheinlich tropfte diesmal kein Geifer auf den Boden.
» Nein!«, knurrte Opa, ohne die Tür zu öffnen.
Der Hund hörte auf, sich gegen die Tür zu werfen. Er hörte auf zu bellen. Aber ich hörte ihn winseln. Es klang wirklich mitleiderregend. Ich hätte nie gedacht, dass ein Hund die gleichen Gefühle haben könnte wie ich. Dieser Hund war traurig.
Mrs Buttermark sah aus, als würde sie gleich anbieten, dazubleiben. Aber erst sah sie mich an, und ich signalisierte ihr, dass sie unbedingt mitkommen musste. Obwohl ich das eigentlich gar nicht wollte. Denn der Hund tat mir leid.
Opa sollte dableiben, das wäre mir am liebsten gewesen. Aber er kam natürlich mit ins Krankenhaus. Der Hund musste sich einfach damit abfinden, basta.
» Ich bin ja nicht lange weg«, sagte Opa, mit Blick auf die Tür. Etwas in seiner Stimme hatte sich verändert. Ich spürte, dass es schlimm für ihn war, den Hund hier allein zurückzulassen. Es schien ihm auch peinlich zu sein, dass er so mit seinem Hund redete. Ich konnte den Hund nicht so lieb haben, wie Opa das tat. Auch wenn er traurig war und irgendwie süß. Aber mit unserer Katze hatte ich ja schließlich auch geredet. Und anscheinend hatte ich diesen Hund früher mal am Schwanz gezogen.
» Hier frierst du wenigstens nicht«, sagte ich Richtung Tür. » Die Fische leisten dir Gesellschaft. Wenn du aus dem Bassin trinkst, pass auf, dass du nicht aus Versehen einen aufschlabberst. Vor allem den kleinen braunen, der sich aufblähen kann. Ich glaube, der ist giftig.«
Hinter der Tür herrschte Stille.
Der Hund blieb auch ruhig, als wir uns quasi auf Zehenspitzen zum Aufzug schlichen. Mrs Buttermark zerwuschelte mir das Haar.
Ich kam mir vor wie ein kompletter Idiot.
***
Kapitel sieben
Der halbe Nachmittag war vergangen, während wir die Spaghetti gegessen hatten. Die Stunden zogen sich nicht mehr so in die Länge wie zuvor.
Mrs Buttermark sagte, wir müssten irgendwo anhalten, um Blumen zu kaufen. Und diesen kleinen Weihnachtsbaum, den sie Rosmarin nannte. Opa nickte nur die ganze Zeit, als sei er froh, dass Mrs Buttermark das Kommando übernahm.
So langsam bekam ich ein bisschen Angst vor dem Besuch bei Ma. Hoffentlich war sie genau wie immer, trotz des Gipsbeins. Ich wusste ja, dass sie im Bett lag und frisch operiert war. Falls sie wach war, konnte ich es wahrscheinlich aushalten. Wenn sie nicht stöhnte. Ich wollte sie natürlich auf jeden Fall sehen, wünschte mir aber, dass es ihr gut ging.
Teils weil es ihr keinen Moment mehr gut gegangen war, seit wir tags zuvor den Parkplatz überquert hatten. Und teils weil ich wusste, dass eine Operation einen Menschen verändern kann. Tante Ginny war letztes Jahr operiert worden, und als sie heimkam, fehlte ihr etwas. Mir fehlte es nicht, ich bemerkte es kaum. Aber ihr schien es zu fehlen.
Auf dem Rücksitz des Wagens war kaum Platz für mich. Mrs Buttermark hatte ihr Strickzeug mitgenommen, das eine Tonne wog. Ich weiß es, weil ich ihr anbot, die Tüte zu tragen. Mrs Buttermark hatte sogar ein paar von Moms Sachen in einen kleinen Koffer gepackt.
Ma war noch im OP , als wir ankamen, so wie Opa es vorausgesagt hatte. Opa hatte ein Buch dabei. Ich war der Einzige, der sich nicht aufs Warten vorbereitet hatte.
Jetzt sah ich, warum Mrs Buttermark so viele Blumen gekauft hatte. Sie trug das hässliche Weihnachtsbäumchen des Krankenhauses zur Toilette, wo sie es vermutlich entsorgte. Oder vielleicht machte es sich in der Toilette besser.
Sie stellte drei Weihnachtsstern-Töpfe in den Warteraum und bestückte sie mit diesem Bewässerungsdings. Ich las in der Gebrauchsanleitung, dass es die Töpfe drei Wochen feucht hält. Also blieben für Ma noch Rosmarin und eine buschige Pflanze mit winzigen roten Blüten übrig.
Jetzt entdeckte ich, warum Mrs Buttermarks Strickzeug so schwer gewesen war. Sie hatte Zeitschriften für den Warteraum mitgebracht. Gute Zeitschriften, für Leute wie Ma oder Tante Ginny oder Suzie.
Es waren ein paar Geo-Hefte dabei. Die schaute ich mir eine Weile an.
Opa klappte mit einem lauten Plopp sein Buch zu.
» Gefällt es Ihnen nicht?«
» Da geht es zu viel um
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