Max, mein Großvater und ich
Schwanz empor und um seinen Hals plusterte sich ein kleiner Fellkragen auf. Mr Gs Hund– er hieß Macho– ignorierte ihn.
Mr G erzählte mir mindestens hundert Geschichten von Unfällen auf dem Eis. Ihm schien die Kälte an den Zähnen überhaupt nichts auszumachen: er redete ununterbrochen. Es reichte, wenn ich zwischendurch mal Aha sagte oder den Kopf schüttelte; damit war Mr G völlig zufrieden.
Als wir wieder zu Hause eintrafen, benahmen sich Max und Macho wie alte Kumpel und grinsten sich an. Nicht zu fassen. Hunde sind echt komisch.
Auch Suzie hatte Sachen für Opa eingekauft, unter anderem ein Schachbrett, das Mrs Buttermark ihm schenken wollte. Deshalb das Geflüstere am Telefon.
Mrs Buttermark verbrachte den Abend bei Opa und Max. Sie hörten Weihnachtslieder und arbeiteten an einem Puzzle, das später mal das sonnige Italien ergeben sollte. Sie waren beide dort gewesen und erzählten sich dabei von ihren Erlebnissen.
Tante Ginny, Suzie und ich saßen bei Ma. Es gab lauter kleinere Geschenke, die leicht zu transportieren waren. Ma und ich schenkten Suzi eine ferngesteuerte Spinne, die wir schon vor Monaten gekauft hatten. Wir konnten es kaum erwarten. Sie war sogar richtig haarig.
Suzie enttäuschte uns nicht. Sie kreischte. » Wir könnten ihr einen Namen geben«, schlug ich vor, und alle lachten.
Wir schenkten Tante Ginny ein T-Shirt mit einem Foto des Kilimandscharo drauf. Den will sie nämlich eines Tages besteigen. Und Tante Ginny schenkte Ma ein Set mit Markern, sechsunddreißig Farben, um den Gips zu verschönern. Von mir bekam Ma die dicke Strickjacke, die ich zusammen mit Tante Ginny ausgesucht hatte, denn im Krankenhaus konnte es leicht kühl werden.
Suzie schenkte mir auch eine ferngesteuerte Spinne. Ich kreischte genauso laut wie Suzie, mit Absicht.
Wir führten die Spinnen im Krankenhausflur spazieren und kriegten uns kaum noch ein vor Lachen. Ich taufte meine Spinne Boris. Suzie ihre Lucie.
***
Als ich am Abend ins Bett ging, blieb Mrs Buttermark bei uns und schaute sich mit Opa einen Film an, einen alten Weihnachtsfilm, den beide mochten. Aber die meiste Zeit redeten sie miteinander. Es ist schwer, am Heiligen Abend einzuschlafen, deshalb war es ganz nett, noch ihren Geschichten zuzuhören.
Ich erfuhr, dass Mrs Buttermark Brezeln gemacht hatte, was mich aufhorchen ließ. Bisher hatte sie doch immer nur Apfelkuchen gebacken. Sie sprach eine Weile mit Opa darüber, bis mir irgendwann klar wurde, dass die Brezel eine Tanzfigur war.
Und dann fragte ihn Mrs Buttermark nach seinem Leben in North Carolina. » Ich lebe dort ein bisschen zu eingeengt«, meinte Opa.«Wie die Fische da im Aquarium. Alles sehr simpel. Es könnte viel interessanter sein, dann wäre ich glücklicher. Hier zum Beispiel finde ich das Leben interessant.«
So viel hatte Opa noch nie am Stück gesprochen. Das klang ganz anders– nicht so, wie er manchmal mit mir redete, als müsse jedes einzelne Wort erst mal aus einem tiefen Brunnen heraufgeholt werden. Wahrscheinlich hatte Mrs Buttermark ein paar nette Sachen auf ihn zurückgespiegelt. Sie hatte das Beste aus ihm hervorgelockt.
***
Mrs Buttermark und Suzie läuteten früh am Weihnachtsmorgen. Ich lag noch halb wach im Bett und konnte mich einfach noch nicht aufraffen– es duftete nach Vanillesoße, die hatte Tante Ginny wahrscheinlich schon ganz früh zubereitet, weil es die bei ihr immer am Weihnachtsmorgen gab. Irgendwie komisch, dass dieses Jahr alles so anders war. Aber nicht schlimm. In ein oder zwei Tagen würde Ma ja nach Hause kommen.
Ich hörte, dass jemand die Wohnungstür öffnete, und dann bat Suzie Mrs Buttermark um ihr Rezept für Arme Ritter. Max kam durch den Flur gejagt und blieb vor meiner Tür stehen, als habe er eine Botschaft für mich.
Ich setzte mich im Bett auf und starrte ihn an. Wir verstanden uns jetzt immer besser, aber ich ließ ihn nicht auf mein Bett springen oder so.
Ich zog mich im Bad an. Alles war so, wie es sein sollte. Am Weihnachtsmorgen gibt’s erst Frühstück und danach Geschenke.
Als ich rauskam, hörte ich im Wohnzimmer schon die Gabeln klappern. Jetzt bekam ich selber ziemlichen Hunger. Das Erste, was ich sah, direkt vor dem Weihnachtsbaum, war ein rotes Mountainbike.
» Wow!!!«
Ich fühlte mich wie Tante Ginny auf dem Gipfel des Kilimandscharo. Wie Suzie, wenn sie zum ersten Mal etwas sehr Interessantes sieht. Wie Ma, wenn sie genau das richtige Wort für eine Übersetzung gefunden hat und ihren kleinen
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