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Maximum Trouble

Maximum Trouble

Titel: Maximum Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hen Hermanns
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haben.«
    »So was kann über Nacht kommen. Plötzlich hast du eine Rolle in einer Seifenoper, bist in der >Hör zu< auf der Titelseite und sitzt bei Elke Heidenreich in der Talkshow. Und ich laufe durch die Stadt und muß zusehen, wie ich dein Geld unter die Leute bringe. Nee-nee.« Ich verteilte Bratkartoffeln und Spiegeleier und setzte mich Alwine gegenüber.
    »Du bist schon 42, Max. So ein Angebot kriegst du nie wieder. Wenn ich mal 42 bin, dann bist du schon 55, also praktisch ein alter Mann.«
    »Robert Mitchum hat auch erst mit 70 so richtig gut ausgesehen. Und außerdem, kannst du dir überhaupt vorstellen, mit so einem alten Knacker zusammenzuleben? >The-world-according-to-Max< und all das? Wahrscheinlich werde ich mit zunehmendem Alter immer schlimmer. Ich stehe außerdem morgens oft sehr früh auf und laufe 20 Kilometer, und wenn ich dann zurückkomme und unter die Dusche will, und da steht jemand mit einer Kurpackung im Haar, dann ergreife ich drastische Maßnahmen. Und vielleicht bist du sogar der Typ, der Zahnpastatuben und Shampooflaschen nicht ordnungsgemäß zuschraubt. Was dann?«
    »Das kriegen wir schon alles auf die Reihe, Opa.«
    »Du weißt nicht, auf wen du dich einläßt.«
    »Das weiß ich nun schon seit gut drei Jahren.«
    Was sollte ich darauf antworten? Sie hatte Humor. Sie hatte die Kraft, es mit einem Kerl wie mir auszuhalten. Wir hatten viel Spaß zusammen. Und, nun ja, ich liebte sie halt.
    »Also gut«, sagte ich, »ich überlege es mir.«
    »Heißt das >Don’t call us, we call you    »Schau ruhig mal in der Zeitung nach.«
    Darauf stießen wir mit einem Glas Kölsch an. Meine Strategie war souverän. »Siegen ohne zu kämpfen ist die beste Lösung«, hatte der taoistische General Sun Tsu in seinem Buch Die Kunst des Krieges geschrieben. Meine Chance war die, daß man auf dem Kölner Wohnungsmarkt keine Chance hatte.
    Alwine lächelte. Ein Gewinnerlächeln.
    »Ich weiß schon was«, sagte sie, »130 Quadratmeter in einem Jugendstilhaus im Agnesviertel. 1300 Mark kalt plus Nebenkosten.«
    »So was ist natürlich ein Traum«, sagte ich, »so eine Wohnung würde ich unbesehen nehmen. Aber wir sollten lieber realistisch bleiben.«
    »Bin ich ja«, sagte Alwine, »diese Wohnung wird in zwei Monaten frei, und ich kenne den Vermieter, und wir können sie haben.«
    Man mußte keinen Sun Tsu gelesen haben, um zu begreifen, daß ich mich in einer ausweglosen Situation befand.

13.

    Am Sonntag vormittag lief ich 25 Kilometer in 125 Minuten. Das war zwar nicht sehr schnell, aber es gab mir genügend Zeit, um mir ein paar Gedanken über Hühnerfedern im Mund und Altbauwohnungen im Agnesviertel zu machen. Ich wechselte mehrfach die Rheinuferseite, indem ich über sechs Kölner Brücken lief. Die siebte ließ ich aus, damit ich nichts mit dem bescheuerten Lied von Peter Maffey zu tun hatte. Ich lief aus einer unbewußten Laune heraus über die Brücken. Ein Analytiker hätte sicher gesagt, daß ich damit nur meine Unsicherheit und meine Unfähigkeit zu sagen, wo es denn nun eigentlich langging, zum Ausdruck brachte. Da ich auf solche Interpretationen in der Regel von selbst kam, sparte ich pro Woche zwischen ein und zwei Stunden auf der Couch und zwischen 180 und 400 Mark Analytikerhonorar. Da ich meistens beim Laufen auf solche Interpretationen kam, mußte ich dafür pro Woche ungefähr 7 bis 8 Stunden auf der Straße verbringen, gab im Jahr aber auch nur rund 400 Mark für zwei Paar Laufschuhe aus. Blieb unter dem Strich eine Ersparnis von immerhin rund 17 000 Mark und ein Gewinn von gut 360 Stunden ungetrübter Einsamkeit pro Jahr. Auch nicht schlecht.

    Steffens war die vierte Leiche in meiner zweijährigen Detektivkarriere. Die ersten drei hatten jeweils ein kleines sauberes Loch in der Stirn gehabt. Umgelegt hatte sie ein Mann, der aussah wie Stephen Stills und im Auftrag meines ehemaligen jüdischen Mafioso-Freundes Sal Goldblum unterwegs war. Er war ein Profikiller, und er machte seinen Job emotionslos. Das mit den Hühnerfedern hätte ihm sicher genauso wenig gefallen wir mir. Das konnte nur jemand getan haben, dessen Herz noch kälter als das meines Freundes aus Manhattan war. Einer, dessen Herz aus reinem Trockeneis bestand. Ich mußte also nur nach jemandem suchen, dem kalter Rauch aus dem Hemd quoll. Oder eben nach einem, dessen Hirn in einer Weise arbeitete, die das Blut normaler Menschen zu Eis erstarren ließ.
    Erwin Wachsmuth. Laptopweitwerfer, Hühnerkiller, Karatekämpfer,

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