Maximum Trouble
Espresso, und dann holte ich die Grappaflasche raus und goß mir einen doppelten Tresterschnaps ein. Schon besser. Dann rief ich Knodt an und verabredete mich mit ihm für 14 Uhr im »Päffgen«. Bevor ich abflog, gab es noch einiges zu besprechen. Die Zeit bis 14 Uhr nutzte ich, um mich mit einem ausreichenden Bargeldvorrat aus meinem Schließfach zu versorgen. Ich versuchte, wieder Kontakt mit dem kleinen Mann im dunklen Hinterzimmer meines Hirns aufzunehmen, aber er wollte noch nichts über seine Impressionen bei Hoff rausrücken. Ich ließ ihm Zeit. Wir arbeiteten schon recht lange zusammen. Schon in meiner Werbefuzziezeit waren wir ein ganz gutes Team gewesen. Wenn es Konzeptionen und Kreationen zu entwickeln galt und mir auf Anhieb nichts einfiel, wartete ich voller Vertrauen auf den kleinen Mann. Irgendwann spuckte er immer etwas Brauchbares aus. Meistens machte er das, wenn ich morgens meine Langstrecken runterspulte, und am allerliebsten dann, wenn mindestens noch zehn Kilometer bis nach Hause vor mir lagen. Ich weiß nicht, wie viele Sprüche und Slogans ich mir immer wieder laut aufsagen mußte, damit ich sie bis zu Hause nicht vergessen hatte. Irgendwann kaufte ich mir ein Diktiergerät und nahm es zum Laufen mit. Aber der kleine Mann reagierte sofort mit einem Streik und schwieg so lange, bis ich wieder ohne das Gerät losrannte. Er duldete noch nicht mal einen Notizblock. Ansonsten kamen wir prima miteinander aus. Ich bin eigentlich ein ziemlich fauler Mensch, und ich genieße den Gedanken, daß ein anderer für mich arbeitet. Andere Leute wie Bohling und Konsorten mußten sich den Kopf zerbrechen und erreichten dabei meistens weniger als ich. Sie hatten eben keine Ahnung von Wu-Wei, der taoistischen Lehre vom Nicht-Tun. Man löst Probleme, indem man sie losläßt. So einfach ist das. Der kleine Mann wird sich schon was einfallen lassen.
Als ich im »Päffgen« eintraf, war Knodt schon da. Außerhalb seiner gewohnten Umgebung war er kaum wiederzuerkennen. Keine Spur mehr von dem erfolgreichen Entrepreneur in teuren Anzugstoffen, den man im »Basilikum« antraf. Hier trug er genauso wie ich Jeans und Lederjacke. Nur auf die Havanna verzichtete er nicht. Aber wenn man nicht so genau hinsah, konnte das ja auch eine Sumatra-Fehlfarbe für 60 Pfennig sein. Früher hatte ich mich mit Knodt immer bei einem Stehitaliener getroffen, aber zur Zeit waren uns »gutbürgerliche« Lokale lieber. Ich konnte diese Visagen nicht mehr ausstehen, die sich in den In-Lokalen herumtrieben und über Zinssätze, Renditen und Immobilien in einer Begeisterung herumseiberten, als würde es um multiple Orgasmen gehen. Inzwischen wurde schon oft von der neuen Bescheidenheit gefaselt, und ich war jetzt wahrscheinlich bereits ein Trendsetter. Irgendwann würden die verhaßten kantigen Visagen hier einfallen und einen Linseneintopf für sieben Mark fünfzig für mega-in erklären. Dann würde ich, endlich wieder ungestört von dem Gesindel, bei einem völlig mega-outen Luigi italienisch speisen können. Die Zeitgeistmaschine arbeitete ziemlich primitiv. Wenn man erst mal raushatte, wie vorhersehbar sie in ihren sich ewig wiederholenden Umkehrungen war, dann konnte man manchmal durchaus von den modernen Zeiten verschont bleiben.
Auch im »Päffgen« blieb Knodt seiner Gewohnheit treu, an einem Ecktisch zu sitzen, von dem aus er alles unter Kontrolle hatte.
»Was Neues von Renate?« fragte ich und klemmte mich neben ihn hinter den Tisch.
»Nichts. Schmollt immer noch. Aber Robbie funktioniert soweit sehr gut. Und was macht Wachsmuth?«
Ich gab ihm einen ausführlichen Bericht über den Stand der Dinge.
»Und du willst tatsächlich nach Amerika?« fragte Knodt.
»Ja. Ich würde zu gerne wissen, auf wen und was der Wachsmuth da wartet. Wahrscheinlich liegt darin die Lösung des ganzen Falls.«
»Du meinst, daß Wachsmuth es vielleicht doch nicht gewesen ist?«
»Ich weiß nicht. Ich hab nur das Gefühl, daß ich unbedingt nach Big Sur rüber und mit ihm reden muß. «
»Ich hatte auch schon mal das Gefühl, daß ich unbedingt über was rüber mußte«, sagte Knodt, »hat mich letztlich eine Scheidung und ne Menge Geld gekostet.«
»Ich weiß, daß die Sache nicht ganz ungefährlich ist. Der Typ kann schließlich Karate.«
»Eben. Und wahrscheinlich ist er verrückt. Wenn du nicht weiterkommst, kannst du mich ja anrufen. In der allergrößten Not hilft dir dein Consultant Knodt.«
»Dann fang gleich mal an. Wie kriege ich
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