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Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen

Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen

Titel: Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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einzugewöhnen. Sie willkommen zu heißen. Es ist immer ein ziemlicher Schock.«
    »Oh.«
    »Und… als wir sahen, daß du hier bist… dachten wir, wir versuchen mal, ob wir es schaffen. Mr. Vicenti sagte, es wäre einen Versuch wert. Wir werden immer besser!«
    Die Schwester gab dem Mann vom Veteranenverband Tommy Atkins’ Schachtel und ging hinaus, wobei sie Johnny zuwinkte, als sie an ihm vorbeikam. Dann führte der Pfarrer den Mann durch eine andere Tür hinaus und warf Johnny noch einen seltsamen Blick zu.
    Draußen schien die Oktobersonne schwach, aber immerhin schien sie. Johnny ging hinaus und wartete.
    Nach einer Weile kam der Mann heraus, diesmal mit zwei Schachteln.
    »Äh«, sagte Johnny und stand auf. »Äh.«
    »Ja, mein Junge? Die Frau aus dem Heim sagte, du arbeitest an einem Projekt für deine Schule.«
    An einem Projekt arbeiten. Es war faszinierend. Wenn Saddam Hussein gesagt hätte, daß er in der Schule an einem Projekt über Kuwait arbeitete, wäre alles für ihn viel einfacher gewesen.
    »Äh, ja. Kann ich Sie was fragen?«
    »Natürlich, ja.« Der Mann setzte sich schwerfällig auf eine der Bänke. Er hatte beim Laufen einen Fuß nachgezogen und streckte das Bein nun steif nach vorne. Johnny war überrascht, als er entdeckte, daß er vermutlich so alt war wie sein Opa, aber er hatte das ausgetrocknete, sonnengegerbte Aussehen eines Mannes, der sich fit hielt und wahrscheinlich mit achtzig immer noch Vorsitzender des Kegelvereins war.
    »Also… wenn Mr. Atkins gesagt hat…« fing Johnny an. »Ich meine, er hat immer gesagt, er wäre ›der einzige‹. Ich weiß über die Kameraden von Blackbury Bescheid. Ich weiß, daß alle außer ihm umgekommen sind. Aber ich glaube nicht, daß er das damit gemeint hat…«
    »Du weißt von den Kameraden von Blackbury? Wie kommt das?«
    »Ich habe es in einer alten Zeitung gelesen.«
    »Oh. Aber du weißt nichts über Tommy Atkins?«
    »Na ja, doch, er –«
    »Nein, ich meine
Tommy Atkins.
Ich meinte, warum er so stolz auf diesen Namen war. Was der Name bedeutete?«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Johnny.
    »Was bringen sie euch heutzutage in der Schule eigentlich bei?«
    Darauf gab Johnny keine Antwort. Er wußte, daß es nicht als Frage gemeint war.
    »Sieh mal – im großen Krieg, dem Ersten Weltkrieg… wenn ein neuer Rekrut in die Armee kam, mußte er zuerst sein Soldbuch ausfüllen. Verstehst du? Name und Adresse und all das. Und um ihm dabei zu helfen, gab es bei der Armee eine Art Broschüre, in der stand, wie man es ausfüllen sollte. In dieser Broschüre stand bei Name: Thomas Atkins. Es war einfach irgendein Name. Nur, um einem zu zeigen, wo der Name stehen mußte. Wie: John Smith. Aber es… nun, es wurde so etwas wie ein Witz. Tommy Atkins war sozusagen der typische Durchschnittssoldat.«
    »Sie meinen, so was wie der ›Mann auf der Straße‹?«
    »Ja… ziemlich genau. Es wurde zum Spitznamen für Soldaten. Tommy Atkins – der britische Tommy.«
    »Also waren… irgendwie…
alle
Soldaten Tommy Atkins?«
    »Ja. Ich denke, so könnte man es ausdrücken. Natürlich ist das eine merkwürdige Art –«
    »Aber er war ein wirklicher Mensch! Er hat Pfeife geraucht und all so was.«
    »Nun, ich nehme an, die Armee hat den Namen genau deshalb benutzt, weil es ein ganz normaler Name war. Und es mußte schließlich irgendwo auch einen echten Tommy Atkins geben. Ich weiß, daß er sehr stolz auf seinen Namen war. Das weiß ich mit Bestimmtheit.«
    »War er der letzte Soldat aus dem Ersten Weltkrieg, der noch gelebt hat?«
    »O nein. Guter Gott, nein. Aber er war der letzte aus dieser Gegend, das ist sicher. Der letzte aus seiner Einheit.«
    Johnny spürte eine Veränderung in der Luft.
    »Er war ein seltsamer alter Knabe. Ich habe ihn jedes Jahr besucht –«
    Da war ein Geräusch, das klang, als ob man eine Handvoll Stille dehnte und dann wie eine Gitarrensaite zupfte.
    Johnny sah sich um. Jetzt saßen drei Menschen auf der Bank.
    Tommy Atkins hatte seine Mütze auf den Knien. Die Uniform paßte nicht richtig. Er war immer noch ein alter Mann, so daß sein schmächtiger Hals aus dem Kragen herausragte wie bei einer Schildkröte. Er hatte ein altmodisches Gesicht – ein Mann, der dazu geschaffen war, eine Mütze zu tragen und in der alten Stiefelfabrik zu arbeiten. Er sah, daß Johnny ihn anstarrte, und zwinkerte ihm zu und streckte den Daumen hoch. Dann wandte er sich wieder der Straße zu, die zum Parkplatz führte.
    Hinter Johnny verließen

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