Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)
Ticket auf ihren Namen und irgendein Ausweispapier haben, aber im Auto können wir sie einmal quer durchs Land fahren, ohne dass es Spuren hinterlässt. Wir geben den Wagen einfach in Berkeley ab.«
Ganz in ihrem Element planten die beiden Experten vom Verbrecherclub mein Verschwinden aus der Stadt der Sünde. Es wurde spät, uns fielen die Augen zu, und wir brauchten Schlaf, ehe der Plan in die Tat umgesetzt werden konnte. Diese Nacht verbrachte ich noch bei Olympia, während Mike und meine Großmutter sich ein Hotelzimmer nahmen. Am nächsten Morgen trafen wir uns bei den Pettifords am Frühstückstisch, von dem wir gar nicht mehr aufstehen wollten, weil uns der Abschied von den beiden schwerfiel. Weil sie ihnen so dankbar war und sich für immer in ihrer Schuld fühlte, bot meine Nini an, sie könnten jederzeit und so lange sie wollten nach Berkeley kommen und bei ihr wohnen, »mein Haus ist Ihr Haus«, aber sie wollten den Namen meiner Familie und die Anschrift vorsichtshalber nicht wissen. Als Schneewittchen ihnen allerdings sagte, er habe schon einige Jungs wie Freddy von der Straße geholt und könne ihm bestimmt helfen, nahm Olympia seine Visitenkarte. »Die Witwen für Jesus suchen den Jungen und bringen ihn nach Kalifornien, und wenn wir ihn fesseln müssen«, versicherte sie. Ich drückte diese beiden wunderbaren Menschen zum Abschied fest ans Herz und versprach ihnen, dass wir uns wiedersehen würden.
Meine Großmutter, Mike und ich brachen in dem roten Pickup nach Beatty auf und redeten unterwegs darüber, wie die beiden Kombinationsschlösser am Lagerraum zu knacken wären. Wir konnten die Tür nicht wegsprengen, wie es meiner Nini vorschwebte, denn ohne Aufsehen würde uns das niemals gelingen, und außerdem ist grobe Gewalt für einen guten Detektiv das letzte aller Mittel. Die beiden ließen sich meine zwei Fahrten mit Brandon Leeman zu dem Lager immer wieder in allen Einzelheiten erzählen.
»Was solltest du seinem Bruder am Telefon genau sagen?«, fragte mich meine Nini nun schon zum x-ten Mal.
»Wo die Taschen sind.«
»Und sonst nichts?«
»Doch! Jetzt fällt es mir wieder ein, Leeman hat wahnsinnigen Wert darauf gelegt, dass ich ihm sage, wo die El-Paso-TX-Taschen sind.«
»Meinte er aus der Stadt El Paso in Texas?«
»Denke schon, aber ich weiß nicht. Die erste hatte so einen Aufdruck, aber die zweite war eine gewöhnliche Reisetasche.«
Die beiden Hobbydetektive überlegten, dass die Zahlenkombination wahrscheinlich in dem Namen steckte und Leeman deshalb so viel Wert auf den genauen Wortlaut gelegt hatte. Sie brauchten drei Minuten, um die Buchstaben in Zahlen zu übersetzen, und waren schwer enttäuscht von dem simplen Code, hatten sie sich doch etwas auf der Höhe ihrer Fähigkeiten erhofft. Für diese Verschlüsselung brauchte man bloß auf ein Telefon zu schauen: Die acht Buchstaben entsprachen acht Zahlen, vier für jedes Schloss, 3572 und 7689.
Wir hielten unterwegs, kauften Gummihandschuhe, einen Lappen, einen Besen, Streichhölzer und Reinigungsalkohol, dann in einer Eisenwarenhandlung noch einen Plastikkanister und einen Spaten und fuhren von dort zu einer Tankstelle, wo wir unseren Tank und den Kanister füllten.Danach ging es weiter zu dem Lager, das ich zum Glück wiederfand, es gibt nämlich etliche in der Gegend. Ich erkannte auch die Tür, meine Nini zog Gummihandschuhe an und hatte beim zweiten Versuch die Schlösser geöffnet; ich habe sie selten zufriedener gesehen. Drinnen fanden wir die beiden Taschen, wie Brandon Leeman sie hingestellt hatte. Ich sagte zwar, ich hätte bei meinen beiden Besuchen hier nichts angefasst, Leeman habe die Schlösser geöffnet, die Taschen aus dem Wagen geholt und das Lager danach wieder verschlossen, aber meine Nini war der Meinung, ich hätte unter Drogen gestanden und da könne man sich auf nichts verlassen. Also tränkte Mike den Lappen in Reinigungsalkohol und wischte, von der Tür nach innen, über alle Flächen, auf denen Fingerabdrücke sein konnten.
Aus Neugier warfen wir dann einen Blick in die Kisten und fanden Gewehre, Pistolen und Munition darin. Da wir sowieso schon so tief in kriminelle Machenschaften verstrickt waren, wäre meine Nini gern bis unter die Zähne bewaffnet weitergezogen, und Schneewittchen war sofort Feuer und Flamme, aber ich ließ es nicht zu. Mein Pop hat nie eine Waffe besitzen wollen, er sagte, die würden vom Teufel geladen und wenn man eine habe, dann benutze man sie früher oder später und das
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