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Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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auf einer Sandpiste weiter, die Mike auf der Karte ausgesucht hatte, weil sie nirgends hinführte, und wenig später umgab uns mondleere Einsamkeit.
    Es war kalt, aber mir wurde schnell warm, als ich das Loch grub, was ich in meinem Zustand zwischen Wachen und Träumen nur schwer hinbekam, aber immer noch besser als Mike im Rollstuhl oder meine Nini mit ihren sechsundsechzig Jahren. Der Boden war steinig, bewachsen mit trockenem und hartem, flachem Gestrüpp, ich war ausgelaugt, hatte nie zuvor einen Spaten benutzt, und die Anweisungen von Mike und meiner Großmutter trugen nicht zu meiner Erbauung bei. Nach einer halben Stunde hatte ich nicht mehr als eine Kuhle geschafft, dafür aber unter den Gummihandschuhen Blasen, und ich konnte den Spaten kaum noch halten, also mussten die beiden Mitglieder des Verbrecherclubs mit der Mulde zufrieden sein.
    Eine halbe Million Dollar zu verbrennen war gar nicht so einfach, wir hatten weder den Wind auf der Rechnung noch daran gedacht, dass die Scheine steif waren wie feste Stofflappen und als Bündel dicht zusammengepackt. Nach mehreren Versuchen entschieden wir uns für die brachialste Methode, häuften händeweise Scheine in die Kuhle, schütteten Benzin darüber, warfen ein Streichholz hinterher und fächelten den Rauch in alle Richtungen, damit man ihn nicht von weitem sah, was wegen der Dunkelheit aber sowieso nicht wahrscheinlich war.
    »Bist du dir sicher, dass das alles Blüten sind, Maya?«, fragte meine Großmutter nach.
    »Woher denn? Officer Arana meinte, normalerweise werden die falschen Scheine mit echten gemischt.«
    »Es wäre doch Verschwendung, gutes Geld zu verbrennen, bei all den Ausgaben, die wir haben. Wir könnten ein bisschen aufheben, für Notzeiten …«
    »Bist du noch zu retten, Nidia? Das Zeug ist gefährlicher als Nitroglyzerin«, widersprach ihr Mike.
    Die beiden stritten hitzig weiter, während ich die restlichen Scheine aus der ersten Tasche verbrannte und dann die zweite öffnete. Dort fand ich nur vier Bündel mit Scheinenund außerdem zwei Pakete, ungefähr so groß wie Bücher, in Plastikfolie eingeschlagen und mit Paketklebeband umwickelt. Wir bissen das Klebeband mit den Zähnen durch und rissen daran herum, weil wir nichts zum Schneiden hatten und uns beeilen mussten, der Morgen graute, und bleierne Wolken fegten über den zinnoberroten Himmel. Unter der Verpackung kamen vier Platten zum Vorschein für den Druck von Hundert- und von Fünfzigdollarscheinen.
    »Die sind ein Vermögen wert!«, rief Mike. »Dagegen waren die verbrannten Scheine Kinkerlitzchen.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte ich.
    »Wenn es stimmt, was dir dieser Officer gesagt hat, dann sind die Blüten von Adam Trevor so gut, dass man sie kaum von echten Scheinen unterscheiden kann. Das organisierte Verbrechen würde Millionen für die Platten zahlen.«
    »Dann verkaufen wir sie?« Meine Nini freute sich schon.
    »Vergiss es, Don Corleone«, sagte Mike und sah sie scharf an.
    »Verbrennen kann man sie jedenfalls nicht«, meldete ich mich.
    »Wir müssen sie vergraben oder ins Meer werfen«, entschied Mike.
    »So ein Jammer, es sind Kunstwerke«, seufzte meine Nini und wickelte sie behutsam, damit sie keine Kratzer bekamen, erneut in die Folie.
    Wir verbrannten den Rest der Beute, schippten die Kuhle zu, und ehe wir aufbrachen, bestand Schneewittchen darauf, dass wir die Stelle markierten. Auf meine Nachfrage, wozu, erklärte er: »Für alle Fälle. In Krimis macht man das so.« Also musste ich Steine suchen und über der Kuhle eine Pyramide aufschichten, während meine Nini die Schritte zu den nächsten markanten Punkten zählte und Mike auf einer unsrer Papiertüten aus dem Supermarkt einen Plan zeichnete. Mir kam es vor, als würden wir Pirat spielen, aber ich konnte mich nicht aufraffen, mit den beiden zu streiten.Wir schafften den Weg nach Berkeley mit drei Pausen, in denen wir aufs Klo gingen, Kaffee tranken, tankten und die Taschen, den Spaten, den Kanister und die Gummihandschuhe in verschiedenen Müllcontainern loswurden. Aus dem flammenden Morgenlicht war ein gleißender Tag geworden, und wir schwitzten im fiebrigen Flirren der Wüste, weil die Klimaanlage im Wagen nur so lala funktionierte. Meine Großmutter wollte mich nicht ans Steuer lassen, sagte, mein Hirn sei noch blockiert und meine Reflexe taub, und sie fuhr auf diesem endlosen Band den ganzen Tag bis in die Nacht hinein, ohne sich ein einziges Mal zu beklagen. »Für etwas muss es ja gut sein,

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