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mayday mayday ... eastern wings 610

mayday mayday ... eastern wings 610

Titel: mayday mayday ... eastern wings 610 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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übrigens nach Houston gebracht habe?
    »Könnte man das nicht bei einem Abendessen klären?« Paul schlug es etwas halbherzig vor. Sie willigte ohne Zögern ein.
    Und so waren sie auf äußerst angenehme Weise bei einem Glas kalifornischen Rotwein zum interessantesten Thema gekommen: Was er mit den beiden Tagen anfangen könne, die ihm in Houston, Texas, drohten? Er hatte eine Boeing 737 überführt, um ein Problem mit ›Texas-Instruments‹ zu klären, und nun Anspruch auf zwei Tage Pause. Außerdem: Wenn ihn etwas schreckte, dann die Aussicht, sein Haus in Heidelberg-Handschuhsheim ohne Anja vorzufinden.
    »Wenn Ihnen Houston nicht gefällt, wieso schauen Sie sich nicht die Gegend an, die dahinter liegt?«
    »Die Prärie?«
    »Oh, man redet auch von der ›großen amerikanischen Wüste‹.«
    »Und wie?«
    »Das überlaß mal mir«, erklärte Elena und fiel resolut ins Du.
    Er hatte ihr Angebot nicht richtig ernst genommen.
    Am nächsten Morgen aber klingelte das Telefon. Paul Brückner sah auf die Uhr: Zehn nach neun …
    Er hob ab.
    »Verzeihung, Sir«, meldete sich der Empfang. »In der Halle wartet eine Dame.«
    Tatsächlich.
    Paul warf Rasierzeug und Zahnpasta in sein Necessaire, steckte Paß und Dollars dazu und rannte los.
    Sie wartete nicht in der Halle, sie stand im Hoteleingang und winkte. Er ging langsamer. Sieh mal an: Lederstiefel, Jeans, T-Shirt, Wildlederjacke – Elena, die Komantschin. Toll!
    »Und was ist mit meinem Frühstückskaffee?«
    »Den haben wir an Bord. Und ein ganzes Frühstück dazu. Sogar eine Espressomaschine gibt's. Falls du fahren willst, kriegst du als erstes 'nen heißen Espresso. In Ordnung?«
    Das ›in Ordnung‹ war das Understatement des Jahres.
    Zum zweiten Mal verschlug es Paul Brückner den Atem. Es war die Sekunde, als er den Wagen sah, der da auf dem Parkplatz auf sie wartete. – Wagen? Ein aluminiumblitzender, mit allen Komfortschikanen ausgestatteter Luxuscontainer von Wohnmobil. Eisschrank. Küche. Stereoanlage. Als Top-Extra die schönste Indianerin – was heißt Indianerin? –, Indianerprinzessin der Gegend.
    Er kletterte hinters Steuer und ließ den Diesel schnurren. Das auf einem Fordchassis rollende Gesamtkunstwerk trug auch noch die Typenbezeichnung ›Colorado‹. Und der Colorado wiederum war der Fluß, der hinter der texanischen Wüste in den Rocky Mountains auf sie wartete. Falls man ihn erreichen wollte. Man brauchte ja nur den Highway 290 zu nehmen. Der führte schnurgerade auf ihn zu.
    »Wow!« stieß der Flugkapitän Paul Brückner aus. Ja, er fühlte sich wohl, rundum wohl, wie seit langem nicht!
    »Na dann«, lächelte Elena, »nimm dort vorne die Auffahrt links …«
    Das hatte er getan. Sie hatten San Antonio umfahren, dann Fredericksburg und waren in die hitzeglühende Ebene eingetaucht. Die Bergschwünge am Horizont wirkten wie rostige Säbel, die späte Sonne ließ die bizarren Felsen und Kegel davor rot und unirdisch aufleuchten. Und seit neunzig Meilen nicht eine einzige Stadt! Die Wüste hatte sich nicht angekündigt, sie war plötzlich gekommen. So plötzlich wie jemand, der eine Tür eintritt und sagt: »Ich bin da!« Kein Übergang. Gerade gab's noch Felder und Blumen, hohe Pappeln und Eukalyptus – nun nichts als die Endlosigkeit körniger, rotfarbener Erde, rotleuchtenden Steins. Agaven, Kakteen mit orangefarbenen Blüten, Mesquitesträucher, gelb verbranntes Gras. Ein paar Bäume – ja, die auch –, aber keiner wuchs höher als ein Mann. Wie auch? Sie hatten Mühe, mußten über Jahre ihre ganze Lebenskraft dafür verschwenden, metertiefe Wurzeln in den Boden zu treiben und nach Wasser zu suchen.
    Nach Westen, dachte Paul, immer nach Westen! Wie die alten Siedler …
    Der Highway 290 führte den Rocky Mountains entgegen. Draußen über dem Land brütete dieses milchig gleißende, unglaubliche Gebilde, das sich Sonne nannte, hier drinnen im Wohnmobil, nahm die Schutzbeschichtung dem Licht die Kraft, schmetterte die Klimaanlage die kochende Hitze ab.
    Elena fuhr.
    Paul lag in seinem zurückgeklappten Sitz, die Beine hoch, bequem wie in einem Fernsehsessel. Die Lokalstation irgendeines Nestes, das sich allen Ernstes ›Luckenbach‹ nannte, brachte die letzten Berichte der US-Baseball-Liga. Paul verstand kein Wort. Das Geschrei genoß er trotzdem. Es war einfach zu unglaublich …
    Elena fuhr den ganzen Vormittag. Und noch ein gutes Stück in den Nachmittag hinein! »Hab dich doch nicht so! Ich weiß doch, daß du Kapitän bist.

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