mayday mayday ... eastern wings 610
besten Empfehlungen der Geschäftsleitung – Sergio Manzotti‹ und griff zum Telefonhörer.
Ehe er wählte, zog er noch mal sein Notizbuch zu Rate. Wilkens zuerst. Wenn er das Telefonat hinter sich hatte, würde er durch Breda schlendern und anschließend gleich drüben, auf der anderen Seite der Via Manzoni, im ›Bice‹ essen und sich zum Anlaß seines Geburtstages das Teuerste auf der Karte leisten.
Denn ein Geburtstag war das heute wohl. Die Verrückten im Lancia hätten auch besser schießen können.
Also Wilkens …
Diesmal hatten sie im Büro der ›VC‹ in Frankfurt einige Mühe, ihn aufzutreiben. Er schien außerdem mieser Laune. »Wilkens. Vereinigung Cockpit«, knurrte er. Und dann: »Du?«
»Ja, ich.«
»Verdammt noch mal, Paul, was ist mit dir eigentlich los?«
»Wieso?«
»Wieso, wieso …« tobte er. »Das ist eine der unglaublichsten Fragen, die mir in der letzten Zeit gestellt worden sind.«
»Schön, aber …«
»Nichts schön, aber … Hier kocht die Suppe über, und du fragst, warum? Menschenskind! Wie kamst du bloß auf die Schnapsidee, dich einfach aus Palma zu verdrücken, ohne mit irgend jemandem zu sprechen, ohne an irgendeine Adresse einen Grund abzuliefern.«
»Hatte ich, aber …«
»Was hattest du?«
»Einen Grund. Nicht nur einen – Gründe!«
»Das kann ich dir nur wünschen, Paul. Von wo rufst du überhaupt an?«
»Milano.«
»Von wo?«
Irgend etwas knackte. Vielleicht hatte Wilkens dort im VC-Büro in Frankfurt den Bleistift abgebrochen. Oder eine seiner ewigen Sonnenbrillen ruiniert.
»Ja, was zum Teufel, suchst du denn jetzt in Mailand? Menschenskind, Paul, wir sind doch wirklich alte Kampfgenossen. Ich hab' auch schon eine Menge auf deine Schultern gepackt. Will ich gerne zugeben. Und das heißt natürlich auch, daß du mir einiges zumuten kannst. Aber hast du nicht selbst den Eindruck, daß du im Begriff bist, den Bogen zu überspannen? Gründe? Deine Gründe? Schieß los, verdammt!«
»Tut mir leid, Dieter, wenn ich dir jetzt die ganze Story runterbeten würde, würde das zu lange dauern. Und du würdest sowieso nicht alles begreifen. Es muß dir genügen, daß ich sie habe.«
»Ach ja? Muß mir genügen? Na herrlich!«
»Nicht nur, daß ich sie habe, Dieter! Daß sie außerdem zwingend sind.«
»So?«
»Ja, und weil das so ist, brauche ich deine Hilfe.«
»Wegen dieser unbekannten, zwingenden Gründe hieltest du's für richtig, eine ganze Kommission sitzenzulassen, dich noch nicht einmal bei der Einsatzplanung zu melden, Rebner vor den Kopf zu stoßen und einfach zu verschwinden. Nenn mir einen einzigen, den ich kapier', dann können wir weiterreden.«
»Gut, die Kommission. Du weißt selber, wie ein solcher Verein vorgeht. Wie da die Kompetenzen hin und her geschoben werden. Wie da untersucht und palavert wird. Das dauert Monate, Dieter. Das kann Jahre dauern, bis Ergebnisse vorliegen. Bei der Norwegen-Convair, die auch wegen eines Bogus-Part abstürzte, waren es dreieinhalb Jahre bis zum Abschlußbericht.«
»Und du hast nicht die Absicht …«
»Ich hab' sie nicht.« Paul Brückners Stimme war scharf geworden. Metallscharf. Er war kurz davor zu brüllen und heilfroh darüber, daß er sich zuvor ein Glas mit ›Old Kentucky‹ eingegossen hatte und die Hälfte des Bourbon noch drin war. Er griff nach dem Glas und kippte es.
»Du wolltest mir doch was erklären und nicht saufen«, hörte er die trockene Stimme des Cockpit-Präsidenten.
»Ich hab' Ergebnisse, Dieter. Ich hab' sie fast greifbar. Und ich werde den Teufel tun, darauf zu warten, bis dieser Haufen von Lahmärschen sich dazu durchringt, sie zu akzeptieren und zu handeln. Das ist es.«
In der Leitung herrschte Schweigen. Als Wilkens nun sprach, war seine Stimme versöhnlicher.
»Ergebnisse? Wirklich?«
»Du kennst mich, Dieter«, sagte Brückner und ließ eine Pause verstreichen. »Worum es mir geht, ist lediglich, daß du mir den Rücken freihältst.«
»Bei Rebner?«
»Der kann mich mal. Du hast bessere Beziehungen zu den Erbsenzählern, als ich sie habe. Red auch mit Rebner. Aber vor allem mit der Einsatzplanung.«
»Worüber?«
»Daß sie mich für ein paar Wochen nicht mehr sehen werden. Bezahlter oder unbezahlter Urlaub, ist mir scheißegal.«
Wieder entstand eine Pause. Und als Dieter Wilkens nun sprach, klang seine Stimme besorgt.
»Paul?«
»Ja?«
»Du verrennst dich da nicht in irgendeine Sache?«
»Nein.«
»Du riskierst eine Menge. Natürlich kann ich an jeder
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