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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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geschätzten 45 Minuten Flugzeit eingestellt hatte. Sie zeigte 14 Minuten an. Das bedeutete, daß er noch fast eine Viertelstunde lang mit den ausgeschalteten farbigen Bordtelefonen, mit Hennings, mit dem eingeschalteten goldfarbenen Telefon zur Brükke und vor allem mit Leutnant Peter Matos jonglieren mußte. Ein schwächerer Mann als er hätte längst die Nerven verloren, aber James Sloan war willensstark und wußte, daß ein Mann mit ausgeprägtem Sendungsbewußtsein und starkem Selbsterhaltungstrieb jeder Situation gewachsen war. Die Menschen wollten das für sie Günstige glauben, und solange man sie nicht mißtrauisch machte, solange man selbstbewußt und zuversichtlich wirkte, glaubten sie es tatsächlich.
    Aus dem Lautsprecher drang plötzlich eine Stimme, die vertraut und doch wieder fremdartig klang. »Mayday! Mayday! Navy drei-vier-sieben hat Triebwerksausfall!« Hennings sprang auf.
    Sloan griff nach dem Mikrophon und warf einen Blick auf die Countdown-Uhr. Noch elf Minuten. Matos hatte viel zu optimistisch geschätzt. Der Luftwiderstand der Rakete mußte unerwartet hoch gewesen sein. »Verstanden, Peter. Die Luft-See-Rettung kennt Ihre genaue Position.«
    Matos’ Stimme zitterte, als er mühsam beherrscht antwortete: »Verstanden. Bin in 40 000 und sinke weiter. Unter mir Gewitter.« Er las seine Koordinaten vor. »Starke Aufwinde«, fuhr er dann fort. »Turbulenzen. Sehr labil.«
    Der Commander gab Matos den unter diesen Umständen besten Rat – teils aus Instinkt und teils wegen Hennings’ Anwesenheit in Raum E-334. »Peter, steigen Sie so spät wie möglich aus. Und gehen Sie nach dem Aussteigen so spät wie möglich an den Fallschirm.«
    »Verstanden.« Sloan stellte sich vor, wie Matos in seinem Pilotensitz aus der F-18 geschossen wurde, wie er bis zum letzten Augenblick wartete, bevor er seinen Fallschirm öffnete, und wie er zum Spielball von Auf- und Abwinden wurde, die ihn Tausende von Metern in die Höhe rissen, um ihn dann in die Tiefe zu schleudern, bevor der nächste Aufwind ihn erfaßte. Dieses grausame Spiel konnte lange weitergehen. Falls Matos es wider Erwarten überlebte, würde das Meer den Rest erledigen.
    Hennings war aufgestanden. Er starrte den Lautsprecher an und sah dann zu den Bordtelefonen hinüber. »Wie weit ist das nächste Rettungsflugzeug von ihm entfernt?«
    Sloan griff nach dem blauen Telefonhörer und hielt seinen Bleistift über dem Schreibbrett bereit, das die Schalter verdeckte. »Vermittlung? Verbinden Sie mich mit der Führungsmaschine der Rettungsstaffel. Schnell! … Luft-See-Rettung? Hier ist die Nimitz. Wie weit ist Ihre nächste Maschine von Matos entfernt? … Okay. Er hat Triebwerksausfall gemeldet. Notieren Sie sich folgende Koordinaten.« Sloan las sie vor. »Er muß demnächst aussteigen. Peilen Sie seinen Sender noch an? … Gut danke.« Der Commander nickte. Dieser absurde Monolog in ein ausgeschaltetes Telefon wurde anstrengend. Er konnte nur hoffen, daß er seine Rolle weiterhin gut spielte. »Okay, wir haben …«
    Matos’ Stimme unterbrach ihn. »Homeplate, ich bin bei 20 000. Starke Turbulenz. Regen und Hagel. Sicht null.«
    Diesmal griff Hennings nach dem Mikrophon. »Navy dreivier-sieben, wir haben Verbindung mit der Luft-See-Rettung. Sie werden bald aufgefischt. Warten Sie.« Er sah zu Sloan hinüber.
    Der Commander sprach ins Telefon. »Augenblick, Rettung.« Er wandte sich an Hennings. »Sagen Sie Matos, daß er innerhalb von zehn Minuten aufgefischt wird. Er soll den Flugzeugsender eingeschaltet lassen. Nach dem Aussteigen peilt die Rettungsstaffel den Notsender seines Schlauchboots an.«
    Hennings gab die Anweisungen weiter. »Machen Sie sich keine Sorgen, Leutnant«, fügte er hinzu. »Wir sind in Gedanken bei Ihnen und beten für Sie. Ende.« Der Alte ließ den Mikrophonknopf los, damit sie Matos wieder empfangen konnten. Er wandte sich ab und starrte aus dem Bullauge, weil Sloan nicht merken sollte, daß er Tränen in den Augen hatte.
    Matos’ Stimme brach das Schweigen im Raum E-334. »Bin bei 10 000 Fuß. Fertig zum Aussteigen.« Sein Tonfall war so nüchtern, als berichte er über die Schwierigkeiten eines ganz anderen Piloten. »8000 Fuß.«
    Hennings fiel auf, wie ruhig diese Stimme klang. Er wußte, daß es für einen Piloten wie für einen Seemann wichtig war, sich in dieser Situation gut zu halten und mit Würde unterzugehen.
    »Noch immer sehr turbulent …« Matos’ Atemgeräusche drangen aus dem Lautsprecher und füllten

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