Mayday
ausgeführt. Wäre seine Position besser gewesen, hätte er wahrscheinlich Erläuterungen verlangt. Aber im Augenblick war er die Nummer eins auf Sloans berüchtigter Schwarzer Liste, und dieses Bewußtsein bewirkte eine vollständige psychologische Abhängigkeit und die Bereitschaft zu absolutem Gehorsam. Was Sloan verlangte, würde er bekommen. Sein Wahnsinn hatte sicher Methode.
Der Leutnant erfaßte intuitiv die feineren Nuancen in Sloans Tonfall, obwohl die Stimme des Commanders im Scrambler verzerrt und in Matos’ Funkgerät wieder entzerrt wurde. Sein Tonfall war weder barsch noch feindselig; er war eher freundschaftlich aufmunternd. Die Stimme schien zu sagen: Okay, Peter, du hast Mist gemacht, aber wenn du jetzt tust, was dir befohlen wird, läßt sich alles in Ordnung bringen.
Aber wie, zum Teufel, sollte irgend jemand – sogar Commander Sloan – dies in Ordnung bringen können?
Weil Matos jetzt Zeit zum Nachdenken hatte, wurde ihm klar, daß er nicht der einzige Beteiligte war, dessen Karriere ein abruptes Ende nehmen würde. Er hatte bisher nur an sich selbst gedacht, was unter den gegenwärtigen Umständen durchaus verständlich war. Jetzt sah er die Situation in ihrer ganzen Bedrohlichkeit. Er war der unmittelbar Betroffene, aber die Kettenreaktion würde Sloan und alle anderen erfassen, die das Pech gehabt hatten, im Raum E-334 anwesend gewesen zu sein. Ebenfalls betroffen war Kapitän Diehl, der Kommandant der Nimitz – vermutlich mit seinem ganzen Stab. Matos’ Phoenix-Treffer würde auch das Pentagon, das Marineministerium, das Verteidigungsministerium und vielleicht sogar das Weiße Haus erschüttern. Auf welcher Ebene die Entscheidung getroffen worden war, die weiterentwickelte Rakete heimlich zu erproben, mußte sich erst herausstellen. Aber alle, die dieser vertragswidrigen Erprobung zugestimmt hatten, waren mitschuldig. No es tu culpa, Pedro.
Aber obwohl Matos nicht genau wußte, wer diesen Versuch befohlen hatte und wie illegal er gewesen war, befürwortete er ihn aus Überzeugung. Er stellte sich vor, wie er vor einem Untersuchungsausschuß des Senats, des Repräsentantenhauses oder des Verteidigungsministeriums aussagen würde. Er würde seine Beteiligung als moralische Entscheidung im Dienste der nationalen Sicherheit rechtfertigen. Eine persönliche Entscheidung, die keine vertragliche Bindungen kannte. Er würde nicht sagen, er habe nur auf Befehl gehandelt. Das war ein Ausweg für Feiglinge. Matos fühlte sich allmählich als Patriot und Märtyrer. Er würde beweisen, was in ihm steckte, sobald die Senatoren ihn ins Kreuzverhör nahmen! Die Marine würde über seine Loyalität staunen. Sloan würde von seiner Verteidigung seiner Vorgesetzten beeindruckt sein. Peter Matos hatte das Gefühl, es endlich geschafft zu haben.
»Navy drei-vier-sieben.«
Sloans Stimme riß Matos aus seinem Wachtraum. »Verstanden.«
»Lagebericht.«
»Verstanden. Halte weiter Abstand. An der Straton keine Veränderung.«
»Verstanden, Ende.«
Matos starrte die Verkehrsmaschine an. Das war nur zum Teil seine Schuld. Irgend jemand an Bord des Flugzeugträgers hatte vergessen, auf den Flugplan der Straton 797 zu achten. Der Himmel war ein riesiger Schießplatz. Aber andere mußten dafür sorgen, daß der Übungsraum wirklich frei war.
Trotzdem wurde Matos den Verdacht nicht los, daß Commander Sloan etwas vorhatte, das nichts mit Untersuchungsausschüssen und Märtyrertum zu tun hatte. Er kannte Sloan gut genug, um sich in seine Gedanken versetzen und erraten zu können, wie sein nächster Befehl lauten würde. Aber Matos konnte sich nicht zu der logischen und endgültigen Schlußfolgerung in bezug auf die Straton 797 durchringen.
Er beobachtete das beschädigte Verkehrsflugzeug. Wenn es einfach weiterflog, mußte es irgendwann aus Treibstoffmangel abstürzen, und falls es keinen Notruf gesendet hatte … falls auf der Nimitz nichts weitergemeldet worden war … Warum hatte er den Unfall gemeldet? Verdammt ungeschickt.
Matos warf einen Blick auf seine Treibstoffanzeige. Er konnte die Straton nicht mehr allzu lange verfolgen. Aber er ahnte, daß Sloan genau das von ihm verlangen würde. Er würde bei der Verkehrsmaschine bleiben müssen, bis ihr Schicksal geklärt war.
In seinen Kopfhörern knackte es. Er spürte, daß er unwillkürlich zusammenzuckte. Er räusperte sich und wartete auf den Befehl.
»Navy drei-vier-sieben, hier Homeplate.« Sloans Stimme klang ruhig und gleichmäßig. Der
Weitere Kostenlose Bücher