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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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genau deswegen meine ich, dass das
Geschlecht irrelevant ist. Weil es nicht um eine Sexualstraftat geht.«
    Carol wurde klar, dass sie
nicht weiterwusste. Alles, was ihr über Serienmorde bekannt war, lief darauf
hinaus, dass diese Morde einen sexuellen Hintergrund hatten. Das war einer der
Leitsätze, die Tony ihr beigebracht hatte. Selbst wenn sie nicht begriff, worin
der sexuelle Kick lag, war er für den Täter vorhanden. »Wie kannst du das
sagen? Verstümmelung der Geschlechtsorgane - ist das nicht immer in
irgendeiner Hinsicht etwas Sexuelles?«
    Tony kratzte sich am Kopf. »In
neunundneunzig von hundert Fällen hättest du recht. Aber ich glaube, dieses Mal
haben wir es mit einer Ausnahme zu tun. Der Fall verstößt völlig gegen alle
Erkenntnisse des Profiling, er hält sich nicht an die Wahrscheinlichkeit.«
Tony sprang auf und begann, auf und ab zu gehen. »Es gibt drei Gründe dafür,
dass ich das sage, Carol. Er verbringt nicht genug Zeit mit ihnen ...«
    »Das habe ich auch bemerkt«,
sagte sie. »Es leuchtete mir nicht ein. Warum die ganze Mühe, sie vorzubereiten
und zu ködern - und dann fast sofort zu töten?«
    »Genau!« Tony stürzte sich auf
die Idee, machte auf dem Absatz kehrt und schlug mit der flachen Hand auf
ihren Schreibtisch. »Wo bleibt da das Vergnügen? Das zweite ist, dass es keine
Hinweise auf irgendeinen sexuellen Übergriff gibt. Kein Sperma, keine
Verletzungen im Analbereich. Ich nehme an, es ist bei Seth und Daniel genauso?«
    Carol nickte. »Nichts.« Da
ging ihr auf, dass sie sich trotz bester Vorsätze durch seine Argumente hatte
verführen lassen. Denn auf eine schreckliche Art war es logisch. »Du sagtest,
es gäbe drei Gründe.«
    »Er sagt, hier ist es zu Ende.
Du bist nicht nur tot. Du bist ausgelöscht. Wer immer es ist, an den sie ihn
erinnern, diese Person will er vom Angesicht der Erde tilgen.« Seine Worte
ließen sie schaudern. »Das ist hart«, bemerkte sie. »Wirklich kalt.«
    »Ich weiß. Aber es fügt sich
zu einem Sinn zusammen wie sonst nichts anderes.«
    Trotz allem spürte Carol einen
Funken Erregung. Solche Momente in diesem Beruf waren es, für die sie lebte.
Diese überwältigenden Momente, wenn die Stifte im Schloss zurückwichen und
die Tür des Verstehens sich öffnete. Wie konnte man dieses Gefühl nicht lieben,
wenn das Undurchdringliche plötzlich vor einem zurückwich? Sie lächelte Tony
zu, dankbar für seine Erkenntnis und die geduldige Ausdauer, die er ihrer
beider Arbeit entgegenbrachte. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich muss mich bei
dir entschuldigen. Ich habe dich nie als kleinlich gekannt, ich weiß nicht,
warum ich mir vorgestellt habe, dass Tim Parker das in dir wecken sollte.«
Tony erwiderte ihr Lächeln. »Parker ist Geschichte. Was immer Blake sagt, es
ist jetzt mein Fall. Worcester hat Vorrang.« Er nahm Stuart Pattersons Visitenkarte
aus seiner Jackentasche. »Das ist der Kollege, mit dem du sprechen musst.« Carol
nahm die Karte. »Es gibt noch jemanden, mit dem ich vorher reden muss.« Ihr
Lächeln wurde grimmig und messerscharf. »Und glaub mir. Das wird mir Spaß
machen.«
     
    31
     
    In der kleinen Brüderschaft
illegaler Sammler von Vogeleiern hatte Derek Barton den Ruf, immer zu liefern,
was er versprochen hatte. Und er konnte Spitzenpreise verlangen, da seine
Kunden wussten, dass sie sich auf die Qualität seiner Ware verlassen konnten.
An diesem Sonntag freute er sich auf eine gute Beute. Er hatte das Nest schon
eine Weile beobachtet und wusste, an diesem Sonntag musste er zuschlagen.
Wanderfalkeneier waren jederzeit gefragt und brachten einen guten Preis. Es war
immer eine Herausforderung, zu den Nestern vorzudringen, lohnte sich aber
durchaus. Barton packte sorgfältig seinen Rucksack. Steigeisen, die er in den
Stamm der hohen Kiefer schlagen konnte, um so besser hochzusteigen. Helm und
Schutzbrille, um ihn vor den Vögeln selbst zu schützen. Und die mit Watte
gefüllten Plastikschachteln für seine Beute.
    Er ließ sich auf der Fahrt aus
Manchester hinaus Zeit und wählte vor allem kleinere Straßen, damit er sicher
sein konnte, dass ihm niemand folgte. Seit er vor zwei Jahren einmal kassiert
worden war, sah er sich vor, wenn er auf die Jagd ging. Damals war ihm ein
Aufseher der Royal Society for the Protection of Birds gefolgt, und man hatte
ihn auf frischer Tat mit zwei Eiern des Roten Milans ertappt. Die Strafe war
schlimm genug gewesen, aber was ihn maßlos ärgerte, war, dass er jetzt
vorbestraft war. Alles

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