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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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er selbst nicht mit dieser Art von Analyse arbeitete. Er baute auf seine
eigenen Beobachtungen, sein Einfühlungsvermögen, seine Erfahrung und seine
Intuition. Der Gedanke, dass man das menschliche Verhalten auf eine Gruppe von
Algorithmen reduzieren könnte, war ihm unangenehm, obwohl er wusste, dass die
Methode bereits erstaunliche Resultate erbracht hatte. Er fühlte sich einfach
nicht wohl dabei.
    Aber er kannte eine Frau, die
sich bei diesem Verfahren durchaus wohl fühlte.
    Fiona Camerons Nummer war in
seinem Handy gespeichert. Sie hatten sich im Lauf der Jahre bei verschiedenen
Konferenzen getroffen, und sie hatte ihn bei einem Fall, an dem sie in Irland
arbeitete, wegen einer zweiten Meinung hinzugezogen. Es hatte nichts
auszusetzen gegeben an ihrer Arbeit, aber er hatte ein paar hilfreiche
Vorschläge machen können. Ihre Zusammenarbeit war gut gelaufen. Genau wie Carol
war sie intelligent und fleißig. Aber anders als Carol war es ihr gelungen,
ein anspruchsvolles Berufsleben mit einer dauerhaften Beziehung zu vereinbaren.
Tony schaute auf seine Uhr. Kurz nach neun. Sie war wahrscheinlich mit etwas
beschäftigt, was normale Leute zu dieser Zeit am Abend eben taten. Er fragte sich, was das genau sein
könnte. Vielleicht war sie gerade fertig mit dem Abendessen? Oder sah fern?
Sortierte die Wäsche oder saß bei einem Glas Wein und unterhielt sich mit ihrem
Mann? Was immer es war, sie würde sich wahrscheinlich nicht gerade freuen, wenn
er anrief.
    Aber er wusste ja, dass ihn
das noch nie gehindert hatte, und das würde es auch jetzt nicht tun. Er wählte,
der Freiton erklang, und er wartete. Gerade als er schon aufgeben wollte, nahm
sie ab und klang leicht verwirrt. »Tony, bist du das wirklich?«
    »Hi, Fiona. Ist es jetzt
gerade schlecht?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich
sitze in einem Hotelzimmer in Aberdeen fest.« Nicht wie normale Menschen also.
Genau wie er. Ganz allein und weit weg von zu Hause. »Ich war gerade dabei,
mein Tablett vom Zimmerservice in den Flur rauszustellen, und habe mich fast
ausgeschlossen. Wie geht's dir denn?«
    »Ich bin in Worcester«,
erwiderte er, als sei das eine Antwort auf ihre Frage. »Etwas hat sich ergeben
in einem Fall, an dem ich arbeite, und ich wollte deine Meinung hören, ob es
etwas für das geographische Profiling-Programm sein könnte, das du einsetzt.«
    Sie lachte leise, und die
große Entfernung vermochte nicht, die Wärme in ihrer Stimme zu mindern.
»Derselbe alte Tony. Absolut kein Smalltalk.«
    Sie hatte vollkommen recht,
dachte er. Aber er hatte sich bei einer so scharfsinnigen Frau wie Fiona nie
Mühe gegeben, etwas anderes vorzutäuschen. »Na ja, niemand kann aus seiner
Haut, was soll ich dazu sagen?«
    »Ist schon gut, es stört mich
nicht. Alles ist recht, was mir die gähnende Langeweile des Abends vertreibt,
der vor mir liegt. Ich traue mich nicht, mein Zimmer zu verlassen. Morgen gebe
ich einen Workshop, und unten in der Bar sitzen ein paar Kollegen, die ich auf
keinen Fall treffen will, lieber würde ich mir die Pulsadern aufschneiden. Also
bin ich sehr froh, etwas zu haben, das mir die Zeit vertreibt. Worum geht's?«
    »Die Ermordung und
Verstümmelung eines vierzehnjährigen Mädchens. Und ein Killer, der so
weitermachen wird, wenn wir ihn nicht aufhalten können. Wir haben einen
unidentifizierten Verdächtigen, der sich online unserem Opfer genähert hat. Er
nutzt öffentlich zugängliche Rechner in einem Radius von etwa hundert Meilen.
Meistens nutzt er sie nur einmal, manchmal auch öfter. Es geht also nicht um
strafbare Handlungen als solche, sondern nur um Orte, von denen wir wissen,
dass er dort war. Kannst du damit etwas anfangen?«
    »Ich weiß es nicht genau, bis
ich es sehe. Kannst du's mir rüberschicken?«
    »Ich muss es .eingeben. Ich
hab's nur auf Papier.« Und Patterson würde einen Nervenzusammenbruch
bekommen, wenn ich ihn um eine digitale Kopie bäte, um sie an jemanden zu
schicken, der nicht autorisiert ist. »Du Armer. Ich hoffe, die Liste ist nicht allzu lang.«
    »Ich schick sie dir innerhalb
der nächsten Stunde rüber.«
    »Gut, ich achte darauf. Pass auf
dich auf. War schön, mit dir zu sprechen.«
    Er zog seinen Laptop heraus,
fuhr ihn hoch und war erfreut zu sehen, dass Blythes W-LAN-Internetanschluss
noch zu funktionieren schien. Es war nicht so wichtig, ob Fiona Cameron helfen
konnte. Aber er tat etwas Positives, und die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass
es ihm auf diesem Weg immer gelang, den Teil seines Gehirns

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