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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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aufzuwachsen, dass sein Vater
wegging, weil er mit seinem Kind nichts zu tun haben wollte. Hat Eddie jemals
Interesse daran gezeigt, dass er einen Sohn hatte?« Vanessa atmete schwer
durch die Nase. »Mir war nicht klar, dass er es wusste. Ich habe es ihm
jedenfalls nie gesagt. Wie er es herausgefunden hat, weiß ich nicht.«
    Carol konnte ihren erstaunten
Gesichtsausdruck nicht unterdrücken. »Sie haben es ihm nie gesagt? Er wusste
nicht, dass Sie schwanger waren?«
    »Ich war erst im dritten
Monat, als der Überfall passierte. Man sah es nicht. Damals machte man es nicht
überall bekannt, wenn man ein Kind erwartete. Und es war auch gut so, wie sich
zeigte. Er hätte mich vor den Altar geschleppt, und ich hätte den jämmerlichen
Feigling am Hals gehabt. Ich hätte all dies hier nie erreicht«, fügte sie
absolut überzeugt hinzu und wies mit einer stolzen, allumfassenden Handbewegung
auf ihre Büros. »Eddie hat uns einen Gefallen getan, als er sich davonmachte.«
    Hier kippte der Glaube an sich
selbst und wurde zur Selbsttäuschung, dachte Carol. »Sie meinen nicht, dass er
ein Recht darauf hatte, seinen Sohn kennenzulernen?«
    »Man bekommt, was man sich
nimmt in dieser Welt. Ein Recht darauf zu haben hat herzlich wenig damit zu
tun.« Mit diesem brutalen Spruch erhob sich Vanessa. »Diesmal sind wir wirklich
fertig miteinander. Ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen. Sie können es Tony
erzählen oder auch nicht. Das ist mir völlig egal.« Sie öffnete schwungvoll die
Tür. »Sie könnten wirklich eine bessere Wahl treffen, wissen Sie.« Carol lächelte
ihr ins Gesicht, als sie hinausging. »Sie tun mir fast leid. Sie haben keine
Ahnung, was Ihnen entgeht.«
    Freitag war der beste Tag in
Pippa Thomas' Woche. Seit sie ihre Arbeitswoche in der
Praxis auf vier Tage reduziert hatte, blieb in ihrem Leben Raum für sie selbst.
Ein ganzer Tag, an dem sie nicht herumstochern und kratzen, bohren und füllen musste,
um das Lächeln anderer Leute zu verschönern. Ein ganzer Tag, an dem Huw bei
der Arbeit war, die Kinder in der Schule und sie frei war. Und das genoss sie. Vor
allem aber mochte sie den Freitagmorgen-Club. Sie waren zu fünft. Monica, die
nachmittags und abends im Bürgerberatungsbüro arbeitete; Pam, die sich um ihre
demente Mutter kümmerte und beschlossen hatte, ihre begrenzte freie Zeit so
einzuteilen, dass sie am Freitagmorgen frei hatte; Denise, die immer zum Lunch
ausging, nur freitags nicht, und Aoife, die den Publikumsservice des Bradfield
Royal Theatre leitete. Bei jedem Wetter trafen sie sich auf dem Parkplatz des Shining
Hour Inn, hoch oben auf dem Moor zwischen Bradfield und Rochdale. Und bei jedem
Wetter liefen sie ein Dutzend Meilen über das Gelände, das zu den unebensten
Gegenden Nordenglands gehörte. Eines Sonntags hatten sie sich bei einem
Brustkrebs-Fun-Run kennengelernt. »Apropos unvereinbare Gegensätze«, hatte
Denise gemurmelt, als die fünf vergebens nach einer nicht verschlossenen
Toilette suchten.
    »Fun und Brustkrebs. Ja,
toll.« Schließlich hatten sie abwechselnd Schmiere gestanden, um in den
Rhododendronbüschen ihre nicht mehr ganz jungen Blasen zu entleeren, bevor sie
laufen konnten. Am Ende des Nachmittags war der Freitagmorgen-Club geboren.
    Der heutige Freitag war heiter
mit blauem Himmel, aber der Nordostwind blies messerscharf und kalt über das
Moorland der Pennines und entlaubte die Bäume auf seinem Weg. Pippa hielt in
ihrem Mikrofasertop die Arme verschränkt und umklammerte mit den Händen die
Oberarme. Bald würde sie dieses euphorische Gefühl erfüllen, dass ihr Körper
sich frei durch diese wunderbare Landschaft bewegte. Sobald es losging,
übernahm Pippa die Führung. Denise lief neben ihr, und sie tauschten ein paar
Sätze, um sich auf den neuesten Stand zu bringen. Aber bald brauchten sie ihren
Atem, um den Muskeln für die lange, allmähliche Steigung zum Gipfel des
Bickerslow hinauf den Sauerstoff zu verschaffen. Mit gesenktem Kopf spürte
Pippa, wie sich ihre Oberschenkelmuskeln dehnten und zusammenzogen, während
sie sie weitertrugen. Keine Zeit für die schöne Aussicht jetzt. All ihre
Konzentration war darauf gerichtet, den Steinhaufen zu erreichen, die
Markierung, von der aus sie sich nach Westen wenden und die schützende Flanke
des Berghangs und den Schotterweg finden würden, eine kurze Ruhepause von der
Schinderei. Sie waren kaum auf dem schmalen Pfad, der sich über das Hochmoor
zog, als Pippa plötzlich stehen blieb. Denise prallte gegen

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