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McJesus

McJesus

Titel: McJesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Fitzhugh
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um sie unter Vertrag zu nehmen, aber doch attraktiv genug, dass sie schon nach knapp einem Monat eine Filmrolle bekam. Es war keine Sprechrolle; trotzdem hatte sie dabei den Mund aufzumachen.
    Josie sah zu, wie die Krankenschwester ein Röhrchen mit ihrem dunkelroten Blut füllte. Während Josie den Wattebausch auf die Einstichstelle drückte, überlegte sie, wie oft sie ungeschützt Sex gehabt hatte. Meistens hatte sie Kondome benützt, aber »meistens« war nicht genug. Einmal »ohne« genügte.
    Während der ersten drei Jahre in La-La-Land hatte Josie in einigen Dutzend Sexfilmen mitgespielt; daneben arbeitete sie als Callgirl für eine Madame, die die Studios und andere Filmleute bediente. Aber das anstrengende Leben machte sich auf Josies Gesicht bemerkbar, und bald hieß es, sie sei zu alt und zu mager. Und dies im reifen Alter von 26! Sie landete auf der Straße, wo sie verglichen mit den anderen Stricherinnen noch gut aussah.
    Nach all dem Sex und einem gelegentlichen Schuss aus einer gemeinschaftlich benutzten Nadel rechnete sich Josie keine großen Chancen aus. Sie war mit wer weiß wie vielen Männern zusammen gewesen. Sie sah im Fernsehen die religiösen Menschen und die konservativen Politiker, die sagten, dass Menschen wie sie Aids und den Tod verdienten. »Ohne sie sind wir besser dran«, sagten sie. Jedes Jahr war Josies Selbstachtung weniger geworden, und Safersex wurde immer weniger wichtig. Hätte sie doch nur auf Schwester Peg gehört und in jener ersten Nacht den Strich an den Nagel gehängt.
    Die Krankenschwester verschloss und etikettierte das Reagenzglas und sagte zu Josie, man werde sie in einigen Tagen benachrichtigen. Josie fragte sich, ob das die beste Art war, für ihre Sünden zu büßen. Oder würde es leichter werden, sich zu verkaufen, wenn sie Bescheid wusste? Aber im Grunde war es egal, wie der Test ausfallen würde. War er negativ, würde er sie ermutigen weiterzumachen; war er positiv, hatte sie sowieso nichts zu verlieren.
     
    » Wie lange sind Sie schon hier? « Pater Michael hat darüber schon lange nicht mehr nachgedacht. Er ist verwirrt. Dann zuckt er die Achseln. » Das kann ich gar nicht mehr genau sagen. « Er lacht nervös. Er wirkt, als wäre er mit Lachgas narkotisiert. Es geschieht etwas, aber was geschieht, verhindert, dass er etwas empfindet. Sein Gedächtnis lässt ihn im Stich. » Ein paar Jahre vermutlich. « Aber Pater Michael will es auch gar nicht genau wissen. Es wäre Gift für seinen geschwächten Zustand, würde er sich klar machen, wie wenig er nach all der Mühe erreicht hat. » Waren Sie in Bahr al-Ghazal? «
    Die Frau vom Roten Kreuz legt die Hand auf Pater Michaels Schulter. » Vielleicht sollten Sie für einige Zeit nach Hause fahren. Ich denke, Sie brauchen etwas Erholung. «
    » Nein, hier ist noch zu viel zu tun. Wir machen Fortschritte, langsam, aber dennoch … « Pater Michael reckt den Hals, um zu sehen, ob Lastwagen mit Versorgungsgütern am Horizont zu sehen sind. » Unsere Arbeit hier ist zu wichtig. « Er hebt die Stimme, um den Lärm von zehntausend Flüchtlingen zu übertönen. » Ich habe an die katholischen Hilfsorganisationen geschrieben. Ich bin sicher, dass Hilfe unterwegs ist. « Pater Michael bückt sich zu einem kleinen Jungen, der auf dem Boden liegt. Sein Bauch ist aufgebläht, sein Körper über und über mit Geschwüren bedeckt. Der Junge liegt im Sterben. » Kola Azar « , sagt Pater Michael. Er verwendet den hier üblichen Ausdruck für eine Infektionskrankheit, die die Milz und die Leber des Jungen gefährlich vergrößert hat. » Es sind die verdammten Sandfliegen « , sagt er, » die leider auch Gottes Schöpfung sind. « Pater Michael nimmt einen Lappen und wischt dem Jungen das Blut ab, das ihm aus Nase und Mund läuft. » Er wird immer schwächer, wie all die anderen. «
    Die Frau vom Roten Kreuz nickt, während sie über das Meer von Toten und Sterbenden bückt. » Ich hoffe, diese Vorräte kommen bald. «
    Pater Michael bekreuzigt sich. » Sie hoffen. Ich werde beten. «
     
    Es dauerte ein paar Stunden, bis der Besitzer von Fernando’s Dance and Social Club Ruth so weit hatte, dass sie ihm sagte, wie sie hieß und wo sie wohnte. Er rief im Care Center an, und Schwester Peg kam und holte Ruth ab. Seitdem machte sich Schwester Peg Sorgen um Ruth, und deshalb ging sie nun jeden Nachmittag hinauf in Ruths Zimmer, um ein bisschen mit ihr zu plaudern.
    »Haben Sie etwas von Michael gehört?« Ruths Augen verrieten wenig

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