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McJesus

McJesus

Titel: McJesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Fitzhugh
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wurden gebeten zu warten. Der Konferenzraum war noch düsterer als das Foyer.
    Die unheimliche Umgebung und die rätselhafte Konferenz ließ die Herren ein wenig zusammenrücken. Sie begannen zu sprechen. »Schöne Ausstattung«, äußerte einer von ihnen. Es war Monsignore Spadini, ein rundlicher Mann mit einem Mönchsgesicht. Er betrachtete ein Fresko und erklärte, es stamme aus den Domitilla-Katakomben. »Drittes Jahrhundert, absolut echt.«
    An den anderen Wänden reihten sich Vitrinen mit illustrierten Handschriften. Monsignore Spadini schien sich auch hier auszukennen. »Hier haben wir den Schriftgelehrten Esra bei der Wiederherstellung der Heiligen Schrift«, erklärte er. »Und das hier ist die ›Verklärung‹ aus der Sicht des heiligen Apollinaris.«
    Monsignore Matthews erkundigte sich, ob Spadini Kunstgeschichte studiert habe. »Nein, nein«, entgegnete Spadini. »Ich habe mich nur ein wenig kundig gemacht, weil ich an einem Drehbuch arbeite. Kennen Sie zufällig einen katholischen Literaturagenten?«
    Bevor Matthews antworten konnte, ertönte eine Stimme von oben – aus Lautsprechern, die in der Zimmerdecke versteckt waren. »Nehmen Sie Platz«, sagte die Stimme. Die Herren begaben sich zu dem schweren Konferenztisch und setzten sich.
    »Weiß jemand, worum es hier geht?«, fragte Monsignore Matthews. Alle schüttelten den Kopf. Niemand hatte eine Ahnung, aber alle schienen ihr Gewissen zu erforschen. Wieder vergingen einige Minuten. Dann öffneten sich die großen Flügeltüren am anderen Ende des Konferenzraums, und ein Priester trat ein, der einen Projektor hinter sich herschleppte wie Jesus das Kreuz auf dem Weg nach Golgatha. Der Priester sah müde und beladen aus.
    Monsignore Matthews kannte den Mann. Sie hatten gleichzeitig einige Monate in der Verwaltung der Erzdiözese Boston gearbeitet. Dieser Typ war ein ernst zu nehmendes Schlitzohr.
    Der Priester steckte schweigend den Stecker des Projektors in die Steckdose und schaltete das Gerät an. »Und es ward Licht«, murmelte er. Dann wandte er sich den Anwesenden zu. »Ich bin Pater Carter und arbeite in der Abteilung Rechnungswesen.
    Ich habe den Auftrag, Sie über den aktuellen Stand unserer Finanzen in Kenntnis zu setzen.« Er drückte auf einen Knopf, und das Licht im Konferenzraum erlosch. »Nebenbei gesagt treffen wir uns hier, weil der Konferenzraum im Diözesenbüro zurzeit frisch gestrichen wird.« Pater Carter legte eine Folie auf den Projektor. »Wenn ich Sie nun bitten darf, Ihre Aufmerksamkeit auf Bild A zu richten …«
    Es begann der langweiligste Vortrag über kirchliche Finanzen, den Monsignore Matthews je über sich hatte ergehen lassen müssen. »Beginnen wir mit der Grenzkostenanalyse«, sagte Pater Carter. Monsignore Matthews nahm seinen Mamet aus dem Aktenkoffer und versuchte beim Licht des Projektors zu lesen, doch nach zehn Minuten begann sein Kopf nach vorne zu sinken. Als sein Kinn seine Brust berührte, schreckte er hoch. Pater Carters Stimme klang träge und einschläfernd. »In der Grenzkostenanalyse heißt es, dass Gesamtkosten weniger wichtig sind als Grenzkosten und dass Vorsicht angebracht ist, wenn wir mit Durchschnittskosten rechnen …«
    Monsignore Matthews bemühte sich, wach zu bleiben, aber bei einem einschläfernden Vortrag in einem abgedunkelten Raum war das nicht ganz einfach. Er gähnte. Es blieb langweilig wie eine Bischofsmesse, bis sich plötzlich die Tür hinter Pater Carter öffnete. Diesmal erschien dort ein Mann, der eine Mitra trug und mit seinem Umfang den Türrahmen füllte. Es war ein mächtiger, streng blickender Mann. Unter dem Arm trug er eine kleine hölzerne Schatulle. Er lächelte nicht und sah ganz so aus, als würde er auch kein Lächeln zulassen.
    Pater Carter schaltete den Projektor aus und trat eilends zur Seite. Alle am Tisch hatten sich erhoben und standen stramm wie die Soldaten. »Ich bin Kardinal Glen Goddard«, sagte der Mitraträger. Matthews schätzte ihn auf Anfang sechzig. Der Kardinal trat ans obere Ende des Konferenztischs, wo er die Schatulle abstellte. »Ich habe ein Diplom in Betriebsmanagement von Notre Dame«, sagte er, nahm seine Kopfbedeckung ab und legte sie neben die Schatulle. Sein Haar klebte wie für Julius Cäsar gestylt an Kopf und Stirn. »Und ich habe ein Diplom in Betriebswirtschaft von Loyola.«
    Monsignore Matthews hatte noch nie von Kardinal Goddard gehört, aber seit Papst Johannes XIII. die Schleusen geöffnet hatte, die Papst Sixtus V errichtete,

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