McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
»Man schätzt diesen Berufsstand nicht gerade. An den Händen dieser Mannjäger klebt Blut.«
»Es ist das Blut von Männern, die das Recht, zu leben, verwirkt haben«, versetzte McQuade hart. »Hilf mir mein Pferd satteln und zäumen, und dann sag mir, was ich dir schuldig bin. Ich muss weiter.«
»Ich – ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten«, murmelte der junge Stallmann betroffen von der Härte und Kompromisslosigkeit, die McQuade verströmte. Dann holte er den Sattel …
Das Pferd war reitfertig, McQuade bezahlte einen Quarter Dollar, zerrte er das Tier hinter sich her aus dem Stall und schwang sich in den Sattel. »Hüh!« Das Pferd setzte sich in Bewegung. McQuade bog auf die Main Street ein. Die Nase des Vierbeiners zeigte nach Süden.
Ein Mann löste sich aus dem Schatten eines Gebäudes und kam mit langen Schritten auf McQuade zu. Er war mit einem schwarzen Anzug und einem weißen Hemd bekleidet, auf seinem Kopf saß eine graue Melone mit abgegriffener Krempe. McQuade schätzte den Burschen auf Mitte sechzig. Sein Haar und sein Schnurrbart waren weiß.
»Warten Sie, McQuade!«
Der Kopfgeldjäger parierte das Pferd und hielt die Zügel gestrafft, weil das Tier nervös tänzelte. Er kniff ein wenig die Augen zusammen.
Der Weißhaarige war heran, McQuade musterte ihn wortlos.
»Mein Name ist Floyd Jameson. Ich leite in Sierra Vista die Bank.«
»Sicher gibt es einen Grund, weshalb Sie mich aufhalten, Mister Jameson«, sagte der Kopfgeldjäger.
Jameson nickte wiederholt. Dann grollte seine Stimme: »Die Banditen haben zwölftausend Dollar erbeutet, McQuade. Wenn Sie der Bank das Geld zurückbringen, bezahle ich ihnen zehn Prozent.«
»Zwölfhundert Dollar«, murmelte der Texaner. »Eine hübsche Stange Geld.« Er legte beide Hände übereinander auf das Sattelhorn, beugte sich etwas vor und verlagerte das Gewicht seines Oberkörpers auf seine durchgestreckten Arme. »Allerdings werde ich mich kaum um die Wiederbeschaffung des Geldes kümmern können, Mister Jameson. Denn ich reite auf der Fährte eines Verbrechers, und ich will keine Zeit verlieren. Tut mir leid.«
Das Gesicht des Bankiers sah plötzlich alt und müde aus. »Es ist ein herber Verlust für die Bank«, murmelte er. »Und die Leittragenden sind die Bürger der Stadt sowie die Menschen im Umland, die ihr Geld bei mir deponiert hatten.« Jameson hob die Schultern, ließ sie wie resigniert wieder nach unten sacken und wandte sich ab.
McQuade trieb sein Pferd wieder an. Er ließ die Stadt hinter sich, hügeliges Land nahm ihn auf. Auf den Hängen und Kuppen erhoben sich Felsen. Manche Senken waren bewaldet, und auch zwischen den alten Stämmen reckten sich nackte Felsen wie Türme zum Himmel. Hauptsächlich aber gab es nur kahle Flächen voll Sand und Geröll, auf denen lediglich Comas, Ocotillos und Mesquites gediehen.
McQuade ritt nicht auf der Spur der Bande. Er hatte sich dafür entschieden, weiterhin John Warner zu verfolgen. Bei dem Banditen handelte es sich um einen Teufel in Menschengestalt, dem das Leben eines Menschen gerade mal den Preis für eine Unze Blei wert war. Solange er sich seiner Freiheit erfreute, war das Leben anderer Menschen in Gefahr.
Seit Klondyke am Aravaipa Creek war der Bandit immer nur nach Süden geritten. Zuletzt war Warner in Pomerene gesehen worden. Dass er sich nach Mexiko absetzen wollte, vermutete McQuade nur. Sollte der Mörder irgendwo nach Westen oder Osten abgebogen sein, dann ritt er, McQuade, einen sinnlosen Trail. Dann hatte er die Spur verloren.
Wind kam auf. Böenartige Windstöße rissen den Staub vom Boden und trieben ihn in Schleiern vor sich her. Dort, wo sich der scharfe Wind an den zerklüfteten Felsformationen brach, heulte er wie ein wildes Tier. Der Sturm peitschte die dunklen Regenwolken schnell näher. Erste schwere Regentropfen fielen vom Himmel und klatschten in das Gesicht McQuades.
Der Kopfgeldjäger lenkte seinen Vierbeiner auf einen Wald zu. Es handelte sich um Mischwald; zwischen den Stämmen am Waldrand wucherte dicht und ineinander verflochten das Unterholz. Die Kronen bildeten ein dichtes Dach, durch das kaum Licht drang. Zweige zerrten an McQuades Mantel und schlugen gegen seine Schultern, als er das Pferd durch das Dickicht am Waldrand trieb. Der Waldboden war weich; ein dicker Teppich aus abgestorbenen Nadeln und verrottenden Blättern. Diffuses Licht sickerte durch das Zweiggespinst über McQuade.
Es regnete jetzt ziemlich stark. Grelle Blitze zerrissen den
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