McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
aufgewühlten Himmel. Das Echo des Donners rollte durch die Senken und Mulden und stieg an den Abhängen in die Höhe. Der scharfe Wind nahm dem Texaner fast den Atem. Wieder zuckte ein blauweißer Blitz aus den brodelnden Wolken und tauchte alles in gespenstisches Licht. Dann donnerte es, als würde die Erde auseinanderplatzen. Das Pferd prustete nervös und peitschte unruhig mit dem Schweif.
Unter einer Eiche hielt der Kopfgeldjäger an und saß ab. Der Sturmwind fuhr in die Baumkronen und die Stämme knarrten beängstigend, wenn sie sich unter dem Anprall der Elemente bogen. Das Rauschen der Blätter erinnerte an Meeresbrandung.
Und plötzlich begann es wie aus Eimern zu gießen. Das Dach aus Baumkronen konnte den Regen nicht mehr abhalten. McQuade war innerhalb kürzester Zeit bis auf die Haut durchnässt. Von der Krempe seines schwarzen, flachkronigen Stetsons tropfte das Wasser. Der Sturm fing sich zwischen den knorrigen Baumstämmen und rüttelte an ihnen. Heulende Windstöße beugten die Wipfel der Bäume, wirbelten um die Felsen, fauchten und stöhnten in den Felsspalten und Schluchten. Es war, als meldeten sich die alten, längst verklungenen Stimmen dieses rauen, gnadenlosen Landes.
Der Boden saugte sich wie ein Schwamm voll Wasser. Schon bald stieg Dampf wie Nebel aus dem Waldboden, erhob sich und wurde vom Wind auseinander gerissen.
Der Sturm tobte über eine Stunde. Graue Regenvorhänge zogen über das Land. Berstendes Donnern ließ die Trommelfelle schmerzen. Aber dann ließ der Regen nach, der Wind verlor an Vehemenz, schließlich regnete es nicht mehr. Von den Bäumen tropfte das Regenwasser. Der Sturm hatte sich gelegt. McQuade stieg aufs Pferd und ritt aus dem Wald. Unter den Hufen des Pferdes schmatzte und gurgelte der Schlamm. Den Texaner fröstelte es. Sein Mantel war durchnässt, Hemd und Hose klebten auf seiner Haut. Er schaute sich um. Der bewölkte Himmel, das düstere Grau ringsum, die Reglosigkeit der Hügel und Felsen, die eingetretene Stille - das alles wirkte unheimlich und bedrückend.
Der Kopfgeldjäger ritt wieder nach Süden. Der Abend kam und dann die Nacht. Er kampierte zwischen einigen Büschen, wagte aber nicht, ein Feuer anzumachen, denn in der Gegend trieben sich abtrünnige Apachen herum, und einen Zusammenstoß mit diesen hasserfüllten Zeitgenossen wollte McQuade auf jeden Fall vermeiden. Er hatte nichts gegen die Indianer, für ihn besaßen sie dieselbe Existenzberechtigung wie die Weißen, er wollte aber auch nicht auf dem Altar von Hass und tödlicher Leidenschaft geopfert werden.
In der Nacht verzogen sich die Wolken. Als die Sonne aufging, ritt McQuade weiter. Seine Kleidung war ziemlich getrocknet. Das Land begann zu dampfen. Es versprach wieder ein heißer Tag zu werden. Nach dem Regen würde sich die Wüste in den kommenden Tagen in ein blühendes Paradies verwandeln, von einer Schönheit, die ihresgleichen sucht. Wiederum ein paar Tage später jedoch würde die glühende Hitze den alten Zustand wieder hergestellt haben. Es war ein hartes und gnadenloses Land, in dem man seine Lektionen entweder sehr schnell lernte, oder sang- und klanglos in einem namenlosen Grab verschwand.
Wenn McQuade den Blick in die Ferne richtete, konnte er schon die majestätisch-erhabenen Felsmassive der Sierra Madres sehen. Es waren aber nicht die zerklüfteten Gipfel, die seine Aufmerksamkeit erregten, sondern ein Dutzend Geier, die hoch am Himmel ihre lautlosen Kreise zogen. Der Kopfgeldjäger parierte das Pferd, kniff die Augen zusammen und beobachtete kurze Zeit die schwebenden Riesenvögel, dann ruckte er im Sattel und das Pferd setzte sich wieder in Bewegung.
Zehn Minuten später konnte McQuade sehen, was die Todesvögel angelockt hatte. Bei einer Gruppe von Felsen, zwischen denen dorniges Gestrüpp wucherte, lagen vier reglose Männer. Einige der Aasgeier hatten sich bereits niedergelassen. Das Bild sprang dem Texaner mit erschreckender Klarheit in die Augen. Unwillkürlich, ohne von einem bewussten Willen gesteuert zu werden, zerrte er das Pferd in den Stand. Das leise Klirren der Gebisskette endete, das Pochen der Hufe versank in der Stille, die bleischwer über dem Land lagerte.
*
Schließlich schüttelte McQuade seine Lähmung ab, ritt – dem eisigen Wind seiner jagenden Gedanken ausgesetzt - zu den reglosen Gestalten hin und sprang vom Pferd. Die Geier beobachteten ihn mit kalten, starren Augen, die hässlichen Köpfe mit den langen, scharfen Schnäbeln ihm
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