Mea culpa
wird einfach phantastisch.«
Zwei Tage waren seit Rebeccas Geburtstag vergangen. Und sie hatten sich seit einer ganzen Woche nicht mehr gesehen.
»Das ist mein Geschenk. Etwas, das du nicht verstecken musst. Oder wegwerfen.«
»Ich werfe nicht alles weg, Synne«, protestierte Rebecca.
Die Resignation in ihrer Stimme brachte Synne dazu, auf und ab zu springen und mit den Armen zu fuchteln.
»Vergiss es! Das macht nichts. Das hier wird phantastisch!«
Plötzlich machte sie auf dem Absatz kehrt und lief zum Auto zurück. Sie kam mit einem riesigen Weidenkorb und einem Ghettoblaster unter dem Arm zurück.
»Picknick, Rebecca. Wir machen ein Ballonpicknick. Wir werden über Oslo dahinsegeln, wir werden unter dem Himmel schweben und ganz allein sein und Geburtstag feiern und glücklich sein!«
»Und was ist mit dem da …?«
Rebecca wies auf einen jungen Mann, der vollauf damit beschäftigt war, das Monstrum aufzurichten.
»Ach, der. Den müssen wir leider mitnehmen. Sonst kommen wir weder hoch noch runter. Aber das macht doch sicher nichts. Er ist sozusagen ein Angestellter. Er wird dafür bezahlt, dass er den Mund hält.«
Sie blieben schweigend stehen, während der Ballon immer mehr anschwoll, und als er sich dann zu seiner vollen Höhe aufgerichtet hatte, versuchte Rebecca nicht einmal zu protestieren, als der junge Mann ihnen mit geübtem Zugriff an Bord half.
»Es ist ja gar kein Wind.«
Rebecca staunte, und jetzt hatte sie sich ganz an den Rand gewagt, um nach unten zu schauen.
»Reling. Das heißt Reling. Das hier ist eine Gondel. Und natürlich weht kein Wind, wir fahren doch in Windrichtung und haben deshalb dieselbe Geschwindigkeit. Sieh nur!«
Synne beugte sich über die Reling. Die Gondel schlingerte ein wenig, aber Synne hatte den Arm um Rebecca gelegt und hinderte sie daran, sich zurückzuziehen.
»Mein Haus! Siehst du das? Das unten beim Fußballplatz!«
Rebecca nippte an ihrem Champagner und starrte zum Brenner hoch, der in unregelmäßigen Abständen ein wütendes Fauchen ausstieß. Dann schaute sie nach unten.
Und am besten war, dass sie Synnes Arm dort ließ, wo er war. Beiden wurde schwindlig.
Oslo klebte unter ihnen an seinen Hängen. Der Fjord glitzerte, als habe irgendwer alle Edelsteine der Welt an einer Stelle abgeworfen; es tat weh und war doch ein schöner Anblick, und keine hatte eine Sonnenbrille mitgebracht. Die Häuser waren klein, aber deutlicher als vom Flugzeug aus; Oslo war zu Legoland geworden. Der Ballon war gerade so hoch oben, dass sie die Menschen dort unten noch gut erkennen konnten, die meisten mit trägen, spärlich bekleideten Ferienbewegungen, unterwegs zum Park oder zum Kiosk, um Eis zu kaufen, andere stiegen in Autos ein und aus, die sogar zu hören waren, jedenfalls dann, wenn der Brenner schwieg. Ab und zu sahen sie, wie jemand dort unten die Hand an die Stirn legte, wie zum Salut, und zu ihnen hochschaute, während sie nach Nordwesten trieben.
Synne trank mehr Champagner, ihr Kopf war wunderbar leer und ihr Herz voll. Sie hielten sich im Schutz ihrer Körper an den Händen, der Ballonführer war jedoch ohnehin zu beschäftigt, um das zu bemerken, und streng genommen schien er sich auch nur dafür zu interessieren, den Ballon zu anständigem Benehmen zu bewegen.
Synne bückte sich für einen Moment. Auf dem Boden stand der Kassettenrekorder, und sie hatte schon alles vorbereitet.
»Ab und zu«, sagte Rebecca leise, aber nicht mehr flüsternd, die Musik beschützte ihre Stimmen. »Ab und zu begreife ich …«
Sie hielt inne. Statt ihren Satz zu vollenden, drückte sie Synnes Hand und wechselte das Thema.
»Schau mal! Der ist ja ganz nackt!«
Sie zeigte in Richtung Toyenpark, und der Mann hatte wirklich keinen Faden am Leib, die weiße Hand leuchtete auf dem roten Handtuch, das er als Unterlage benutzte; frech und kess starrte er zu ihnen hoch; er winkte! Um ihn hatte sich ein großer, menschenleerer Kreis gebildet; auf dem Rest der großen grünen Rasenfläche lagen die Menschen dicht an dicht.
Synne lachte und zeigte ebenfalls auf ihn.
»Und da!«
Zwei uniformierte Polizisten liefen im Gleichschritt von der Finnmarksgate auf den FKK -Anhänger zu; sie befanden sich in Begleitung eines Mannes, der ein Kind auf dem Arm trug und offenbar wie ein Wasserfall redete.
»Er hat nicht einmal Kleider bei sich! Wollen die denn einen splitternackten Typen verhaften?«
»Er kann sich ja in sein Handtuch wickeln«, sagte Synne und starrte in die Sonne.
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