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Mea culpa

Mea culpa

Titel: Mea culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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in gewisser Hinsicht schwerer, er saugt sich stärker fest, erschwert das Gehen und erinnert mich daran, dass ich mich fürchte und mich nicht zu weit vom Bungalow entfernen sollte. Ich muss vor sieben zurück sein. Der Computer, das Einzige, vor dessen Verlust ich mich fürchte, neben dem italienischen Schuhkarton (doch wer könnte an dem Interesse haben?), lässt sich nicht wie der Laptop unter der Matratze verstecken. Ich habe hundert Rupien in der Hosentasche und den Schlüssel um den Hals.
    Die Strände sind weiß und klein; nicht endlos und beeindruckend, wie ich vor meinem Eintreffen hier geglaubt habe. Sie werden von kohlschwarzen Steinmassen eingerahmt, von faszinierenden dunklen, fast porösen Steinen. Hier und dort sind Bootsanleger errichtet worden, manche in Beton gegossen, andere eher zusammengeschustert, aus Holzstücken und Tauen.
    Von den Anlegern aus wird geangelt. Nur von Männern, nur von Einheimischen, sie alle tragen T -Shirt und Shorts. Alle tragen Sandalen und alle haben Angelruten aus Bambus (ich nehme jedenfalls an, dass es sich um Bambus handelt, die Angeln sehen aus wie die Skistöcke meiner Kindheit, nur sind sie länger, viele Meter lang, biegsam und federnd). Keine Spule, nur eine dünne Sehne, die an der Spitze angebracht ist, fünf, sechs Meter lang mit, vermute ich, einem Tannenzapfen als Schwimmer und einen winzigen Haken mit einem Köder, den ich nicht identifizieren kann, auch nicht, als ich mich vorsichtig neben einen Jungen von vielleicht zwölf Jahren setze und ihm beim Angeln zusehe. Er achtet nicht auf mich, schwer zu sagen, ob er meine Anwesenheit überhaupt registriert hat. Oder vielleicht ist er daran gewöhnt. Ist an neugierige Gäste gewöhnt, an dunkelrote Deutsche mit teuren ABU -Spulen und Bierbauch und Teleskopstangen aus Glasfaser und genug Geld, um an den Einheimischen vorbei an Bord von phantastischen Hochseeyachten zu stolzieren, die sie weit hinaus aufs Meer bringen, wo die großen Fische ihr Unwesen treiben.
    Die Menschen hier fangen kleine Fische. Winzige, fast weiße Dinger, von der Größe einer Sardine, die die Angler alle fünf Minuten hochziehen, ohne Begeisterung, ohne ein Wort, sie haben einfach diese zappelnden, minimalen Wesen am Haken, befestigen mit erfahrener Hand neue Köder und werfen die Angeln wieder aus. Einige haben kleine Fischkörbe, geflochten aus Rinde oder Hobelspänen, die meisten aber stecken ihren Fang in eine Plastiktüte, wo er noch einige wenige Minuten krampfhaft kämpft, um dann zu sterben, einen grausamen Erstickungstod; sie sind so klein, dass ihnen nicht das Genick gebrochen werden kann.
    Ich weiß nicht, ob sie eigentlich auf etwas anderes hoffen. Auf einen größeren Fisch, einen besseren Fang. Vielleicht zeigt die fehlende Begeisterung schon der ganz Kleinen, der Vier-, Fünfjährigen, dass sie eigentlich enttäuscht sind. Sie wollen keine Sardinen, sie wollen etwas Größeres, Besseres, etwas, das keiner von ihnen jemals bekommen wird. Aber sie werfen die Sardinen nicht wieder ins Wasser, also verwenden sie sie wohl doch. Zu irgendetwas.
    Jetzt, so spät, weht der Wind nicht mehr ganz so heftig. Dennoch verirrt sich eine Locke in meinen Mund. Ich sauge daran, sie schmeckt nach Fisch; ich müsste mir die Haare schneiden lassen. Das Meer ist nicht so grün wie sonst. Es strahlt Ruhe aus, es scheint nach dem vergangenen Tag aufzuatmen, Kräfte für den kommenden zu sammeln, um dann das viele Patinagrün auszuspucken, das es im Laufe einer pechschwarzen Nacht ansammelt. Ich hole auch tief Atem und empfinde ein überraschendes Gefühl der Erwartung.
    Das Licht verschwindet jetzt, und ich springe auf. Die Sonne ist schon untergegangen, aber die Wolkendecke fängt irgendwo hinter dem Horizont die letzten Strahlen auf und reflektiert sie wie einen Abschiedsgruß, so lange, dass ich es bis nach Hause schaffe.
    Ich dusche. Ich will ins Restaurant. Bisher habe ich mich selbst verpflegt, bis auf das eine Mal, als Asha Nudeln mit Meeresfrüchten serviert hat. Eine hoffnungslose Ernährung, in den fünf Monaten habe ich vielleicht dreimal gekocht. Und in meiner ewigen Angst vor Krankheiten habe ich es nicht gewagt, Gemüse anzurühren.
    Ich habe ein Kleid mitgebracht. Ein einziges. Bisher habe ich es noch nicht angehabt. Ich habe es vor meiner Abreise gekauft, ein ärmelloses, hellblau kariertes Baumwollkleid. Es hängt lose, ich habe arg abgenommen. Vor dem Spiegel bleibe ich lange stehen. Ich bin es nicht, die dort steht. Der Mensch,

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