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Mea culpa

Mea culpa

Titel: Mea culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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der mich aus einem spiegelverkehrten Zimmer anstarrt, macht mir Angst. Alles ist ins Gegenteil verkehrt. Die Haut sollte hell sein, ist aber dunkel. Meine Haare sind ruiniert und blond. Meine Finger berühren die Glasfläche, die Hand, die sich mir entgegenstreckt, ist kühl und hart. Vorsichtig trage ich ein wenig Wimperntusche auf, meine Wimpern sind jetzt hell, fast weiß. Ich schmiere, komme mir ungeschickt vor und entscheide mich dagegen.
    Petter kommt. Er ist sieben Jahre alt und trägt ein frischgebügeltes kreideweißes Hemd.
    »Neu, neu«, sagt er begeistert und zieht an seiner Hemdbrust.
    Er hat Blumen mitgebracht. Rote und gelbe Blumen, groß und mit Staubgefäßen, die die Zunge herauszustrecken scheinen. Seine Hose ist blau und weist eine eingenähte Bügelfalte auf. Seine Füße stecken wie immer in Sandalen.
    Ich würde ihn gern umarmen, aber das ist zwischen uns nicht üblich. Also stelle ich die Blumen in eine Vase, genauer gesagt, in eine Wasserflasche aus Kunststoff, die zweimal umkippt, dann bringt der Junge eine Handvoll Kieselsteine und verteilt sie geschickt in der Flasche, ehe er die Blumen wieder hineinsteckt. Jetzt steht sie gut.
    Hervé holt uns nach zwei Stunden wieder ab. Er bringt Essen und Cola mit, und wir haben das fremde Gefühl, dass alles gut ist. Es ist ebenso fremd wie die Frau im Spiegel, und ich ertappe mich dabei, wie ich auf die Uhr schaue. Die Sportuhr. Als ich aus dem Wagen steige, springt der Junge heraus, reißt die Tür für mich auf und streckt die Hand aus. Er macht eine tiefe Verbeugung.
    »Tausend Dank«, sagt er. »Tausend, tausend Dank.«
    Dann lächelt er strahlend und springt wieder ins Auto.
26
    Von allen Sinnen, die zusammen mit Rebecca befriedigt wurden, war der Geschmack der wichtigste. Zwar war Rebecca schön, so wunderschön, dass es Synne ab und zu in den Augen kitzelte, woraufhin sie sich kratzen musste, um nicht loszulachen. Rebeccas Haut fühlte sich an wie Alabaster oder Elfenbein, das wusste Synne genau, auch wenn sie – so weit sie sich erinnerte – beides noch nie berührt hatte, aber die Worte hatten diesen himmlischen Klang: Alabaster …El-fen-bein … Rebecca war ein schwingender Walzer, für Auge, Ohr, Nase und Finger, doch das Allerwichtigste war: Sie schmeckte so wunderbar. Synne glaubte in ihrer Haut die Gewürze von Generationen zu ahnen, salzig und süß, sauer und süß, kräftig und mild, exotisch und poetisch und unbegreiflich leicht zu verehren.
    »Also wirklich. Ich lebe doch von Kabeljau und Hammeleintopf und Tomatensuppe mit Makkaroni.«
    »Dann hast du es geerbt. Von deinen Ahnen. Du schmeckst nach Ingwer. Hier.«
    Die Zunge glitt über die Innenseite der Venuslippen, glatt – glatt und potent weich, und Synne malte kleine, schnelle Achten um die Öffnung in der Mitte, es strömte und flutete; Ingwersoße, und die eine Lippe war etwas größer als die andere, sie hielt die Zunge bei jeder Kreisbewegung für einen Moment fest, als habe sie aufgrund ihrer Größe einen Anspruch auf besondere Pflege. Ihre Hüften, Rebeccas Hüften, in einem Rhythmus, den Synne irgendwo im Rückenmark gespeichert hatte, und der so perfekt passte; ungeduldig, aber dennoch zögernd, langsam beschleunigend, vor dem, wovon sie beide wussten, dass es kommen würde, das aber Zeit brauchte, die unerträglichen Bewegungen der Zunge auf die absolute Mitte der Seele hin, ein Stoß, es war so, wie an einem Batteriepol zu lecken (war das hier wirklich Strom? war das ganz einfach echte Elektrizität?), und die Zunge tanzte im Kreis, leichter und leichter, während ihre Finger den offenen Abgrund füllten, der saugte und saugte wie ein frisch geborenes Kalb, während alles in heftigen Geräuschen verschwand, doch Synne wollte nicht, konnte nicht aufhören und wusste, dass die Rufe nicht das bedeuteten, was sie besagten, und sie machte weiter, und nichts schien jemals ein Ende nehmen zu können.
    »Du bist wieder da.«
    Synne hockte vor Rebeccas Hüften auf allen vieren und ließ sich langsam sinken, wobei ihre Brustwarzen auf Rebeccas zielten. Das war eine ziemliche Leistung, sie war breiter als Rebecca und musste die Hände zu Hilfe nehmen, musste die Brüste zusammendrücken, damit die Begegnung stattfinden konnte, Spitze an Spitze, die Knospen streckten sich zueinander hin und küssten sich so energisch, dass die Strahlen bis in die Fingerspitzen jagten. Sie spürte Rebeccas Hand an ihrem Rückgrat, diese heilende, warme Hand, trocken, selbst jetzt, wo alles

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