Meade Glenn
verdeckt. »Ich muss mich für meine Männer entschuldigen, aber sie werden gut bezahlt, um mich zu beschützen. Niemand ist über jeden Verdacht erhaben, auch eine so schöne Frau wie Sie nicht.« Der Mann musterte sie.
»Ich heiße Ishim Razan. Sie sind eine Freundin von Nikolai?«
»Ja.«
»Sie könnten fast als Tschetschenin durchgehen. Das sind Sie aber nicht, oder? Russin?«
»Nein.«
»Egal. Folgen Sie mir.«
Karla folgte Razan und seinen Leibwächtern durch eine lange marmorne Eingangshalle zu einem Anbau auf der Rückseite des Hauses. Die Klappbetten, die Bildschirme der Überwachungskameras und eine winzige Kochnische wiesen auf den Aufenthaltsraum der Sicherheitskräfte hin. Gorev wurde auf ein Bett in der Ecke gelegt. Einer der Wachmänner holte einen Erste-Hilfe-Kasten aus dem Schrank, untersuchte behutsam Gorevs Wunde und fühlte dessen Puls. Razan fragte ihn: »Und, Eduard?«
»Sieht böse aus«, erwiderte er. »Er scheint viel Blut verloren zu haben. Wie lange ist er schon bewusstlos?«
»Etwa zwanzigMinuten«, erklärte ihm Karla. »Er verliert seit ein paar Stunden immer wieder das Bewusstsein. Sein Zustand hat sich rapide verschlechtert.«
»Was genau ist passiert?«, fragte Razan.
»Granatsplitter haben ihn verletzt. Bitte, er braucht einen Arzt.«
»Das sehe ich. Wie ist das passiert?«
Karla schwieg.
Razan seufzte. »Wie Sie wollen. Der Arzt ist schon unterwegs. Eduard kümmert sich um ihn, bis der Arzt da ist. Er hat eine Erste-Hilfe-Ausbildung.«
»Der Arzt muss vertrauenswürdig sein. Er darf auf gar keinen Fall die Polizei verständigen.«
Razan sah die Angst in Karlas Augen. »Keine Sorge. Auf den Arzt ist hundertprozentig Verlass.« Er legte eine Hand auf ihre Schulter, um sie zu beruhigen. »Nikolai ging es schon schlechter. Glauben Sie mir, der Bursche ist ein Glückskind.«
Zehn Minuten später war der Arzt da. Es war ein stattlicher Russe mittleren Alters mit dunklen traurigen Augen und einem Doppelkinn. Seine ovale Brille hatte er notdürftig mit Klebeband repariert. Sein zerknitterter dunkler Anzug sah aus, als hätte er schon eine Ewigkeit kein Bügeleisen mehr gesehen, und die Jacke war mit grauer Asche übersät. Auf den Fingern waren dunkle Tabakflecke wie bei einem Kettenraucher. Er fühlte Gorevs Puls und fragte: »Was ist ihm zugestoßen?«
Karla erklärte es ihm. Der Arzt zog seine zerknitterte Jacke aus und krempelte die Hemdsärmel hoch. Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte, streifte er sich Latexhandschuhe über und untersuchte vorsichtig Gorevs Wunde.
»Lassen Sie sich nicht von Arkadys Erscheinungsbild täuschen«, sagte Razan zu ihr. »Er ist ein Exzentriker, aber ein Profi. Bevor er nach Amerika kam, diente er als Truppenarzt bei einer russischen Fallschirmjägereinheit. Er war auf den Schlachtfeldern in Afghanistan im Einsatz. Wenn es um diese Art von Verwundungen geht, ist er ein Experte. Er hat schon Männer durchgebracht, die auf dem Totenbett lagen. Und, Arkady, wie ist deine Diagnose?«
Der Arzt schaute hoch. »Es ist schlimm, Ishim.
Wahrscheinlich steckt in der Wunde noch ein Splitter, der seinen Darm aufgeschlitzt haben könnte. Außerdem hat er viel Blut verloren. Er muss sofort operiert werden.«
»Kannst du das hier machen?«
»Lieber wäre es mir, ihn in einen Operationssaal zu bringen, aber wenn es sein muss.«
Razan nickte. »Es wäre besser.«
»Gut. Wenn es Komplikationen gibt, müssen wir überlegen, ob wir ihn in ein Krankenhaus bringen. In Atlantic City ist eine Privatklinik mit einem gut ausgestatteten Operationssaal. Ich kenne den Chirurgen dort. Ein Landsmann von mir. Für Geld hält er den Mund.«
»Wie du meinst.« Razan wandte sich an seine Männer. »Sorgt dafür, dass der Arzt alles bekommt, was er braucht. Und fahrt einen Mercedes vors Haus. Einer wartet im Wagen, falls wir den Patienten wegbringen müssen.«
»Ja, Ishim.« Einer der tschetschenischen Leibwächter ging hinaus, und zwei machten sich an die Arbeit. Während der eine kochend heißes Wasser holte, stellte der andere einen schmalen Klapptisch auf und bedeckte ihn mit einem sauberen weißen Handtuch. Der Arzt öffnete seine Tasche, legte die Instrumente auf den Tisch und zog ein Betäubungsmittel auf. »Er wird keinerlei Schmerzen verspüren. Ich fange sofort an. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Je weniger Zuschauer, desto besser. Du könntest dir ein wenig die Beine vertreten, Ishim. Es wird eine Weile dauern.«
»Okay.« Razan legte eine Hand
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