Meade Glenn
vorletzten Sonntag hatte er fast den ganzen Nachmittag mit Ben gespielt. Der Kleine hatte sich als Batman verkleidet und darauf bestanden, dass sein Vater den Robin spielte und sich einen alten grünen Vorhang über die Schultern hängte. Burton beugte sich den Fantasien seines Sohnes. Sie waren das beste Bullen-Team New Yorks, das die Stadt gegen das Böse verteidigte, und flitzten über eine Stunde durch den Garten. Als der kleine Ben außer Atem war, hockten sie sich unter einen Baum. Ben sagte in ernstem Ton: »Ganz schön anstrengend, Schurken zu jagen, was, Dad?«
Burton lächelte über diese naive Binsenwahrheit. Er hatte seine Junggesellenjahre in vollen Zügen genossen, doch die Freude dieser Jahre verblasste im Vergleich zu der Liebe und dem Glück, die seine Kinder ihm schenkten. Und diese Liebe versetzte ihn nun in Angst und Schrecken.
Er wohnte in Georgetown, knapp fünf Kilometer vom Weißen Haus entfernt. Seine Söhne gingen dort zur Schule. Wenn Hasims Nervengas absichtlich oder versehentlich verbreitet wurde, wären das Leben seiner Frau Sally und ihrer Söhne unmittelbar bedroht. Als er seine Frau heute Morgen angerufen hatte, hätte er ihr am liebsten vorgeschlagen, in Connecticut zu bleiben, aber das durfte er nicht. Er hatte die Warnung des Präsidenten noch im Ohr: Niemand durfte seine Familie aus D.C. herausbringen und den geringsten Hinweis darauf liefern, dass sich die Stadt in einem Belagerungszustand befand.
Die Tür wurde geöffnet, und der Präsident trat ein. Burton versuchte, seine Angst zu verbergen. Er stand auf.
»Behalten Sie Platz, Burton.«
Der Präsident ließ sich in einen Sessel fallen. Er sah arg mitgenommen aus.
»Haben Sie noch einmal mit Kuzmin gesprochen, Sir?«
Der Präsident seufzte und strich sich mit der Hand übers Gesicht. Nachdem er Kuzmin endlich überzeugt hatte, seine Bomber zurückzurufen, hatten die beiden Männer ihr Gespräch unbelasteter, aber dennoch feindselig fortgesetzt. »Ich habe diesem Idioten gesagt, dass ich seinetwegen fast einen Herzanfall erlitten hätte. Mit diesem Bombardement hätte er Gott weiß was anrichten können. Das war verdammt leichtsinnig. Ich hab ihm ganz schön die Meinung gegeigt.«
»Und wie hat Kuzmin reagiert?«
»Er hat sich nicht etwa entschuldigt, wenn Sie das meinen.
Kein Wort des Bedauerns. Und er hat eine Bedingung gestellt.
Wenn wir die Bedrohung vor Ablauf der Frist nicht abwenden können und uns aus der Golfregion zurückziehen müssen, behält er sich das Recht vor, Hasim anzugreifen und die Terror-Stützpunkte von al-Qaida dem Erdboden gleichzumachen. Das gilt auch, wenn Hasim Russland innerhalb unserer Frist direkt bedroht. Kuzmin will auf keinen Fall mit ansehen, wie Hasim seine Position stärkt, um dann die Russische Förderation zu zerstören. Sein Land bereitet sich auf etwaige Drohungen Hasims oder auf Vergeltungsschläge unsererseits gegen sein Land vor. Selbst wenn es zu einem regelrechten Krieg käme, ist er entschlossen, Hasim und sein Netzwerk zu zerstören.« Der Präsident strich noch einmal mit der Hand über sein Gesicht.
»Das alles ist der reinste Albtraum.«
»Wir müssen den Sprengsatz also finden und neutralisieren, bevor das Ultimatum abläuft?«
»Sie treffen den Nagel auf den Kopf.«
»Was ist mit dem Nervengas, Sir?«
»Vor drei Monaten wurde ein ehemaliger FSB-Offizier in seinem Haus in Moskau ermordet. Der Mörder wurde nicht geschnappt, und es gab offenbar kein Motiv. Dann stellte sich heraus, dass das Opfer eine Kopie der Formel für das Nervengas in seinem Safe aufbewahrte. Eine seiner Forschungs-gesellschaften war an der Entwicklung des Nervengases beteiligt. Vermutlich hat der Mörder die Formel kopiert.«
»Weiß man, wer der Täter ist?«
»Ein Mann russischtschetschenischer Abstammung namens Nikolai Gorev. Kuzmin hat eingewilligt, uns umgehend eine übersetzte Kopie seiner Akte zu schicken. Er ist den Moskauern schon lange ein Dorn im Auge. Ein gesuchter tschetschenischer Terrorist, der die Russen hasst.«
»Aus welchem Grunde, Sir?«
»Kuzmin meint, er sei vollkommen gestört. Diesem Burschen bereitet es offenbar Freude, Chaos und Anarchie zu verbreiten.
Was soll man von einem Typen erwarten, der mithilft, eine Stadt mit über einer halben Million Einwohnern zu bedrohen.«
»Welche Verbindung besteht zu Hasim?«
»Über einen anderen Terroristen namens Mohamed Rashid, einen von al-Qaidas Topterroristen. Sein Name tauchte schon häufiger in Berichten des FBI
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