Meade Glenn
›Blutsonntag‹, dem 30.
Juni 1934 folgten, sind einige ihrer Mitglieder in die Reihen der Leibstandarte-SS eingegliedert worden.« Birken zuckte mit den Schultern. »Es ist zwar nur eine schwache Verbindung, aber immerhin.«
»Was ist mit Sepp Dietrich passiert?«
»Er hat den Krieg überlebt und wurde vor Gericht gestellt und wegen Kriegsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt, hat aber nur bis 1959 gesessen. 1966 ist er in Deutschland gestorben.«
Volkmann sah auf die Uhr und dann auf das Telefon auf dem schweren Schreibtisch. »Ich bin für den Zwölf-Uhr-dreißig-Flug nach Straßburg gebucht, Ted. Darf ich mir ein Taxi rufen?«
»Lassen Sie mich das machen.«
Zehn Minuten später sahen sie das Taxi vorfahren. Volkmann trank aus, und Birken stand mühsam auf.
»Eine letzte Frage noch, Ted. Haben Sie jemals von etwas wie dem › Brandenburger Testament ‹gehört?«
Der alte Mann dachte kurz nach und kratzte sich das Kinn.
»Nein, leider nicht«, sagte er dann. »Was soll das sein?«
Volkmann schüttelte den Kopf. »Das weiß ich leider auch nicht. Danke für Ihre Hilfe, Ted.«
»Schade, daß ich nicht weiter behilflich sein konnte.« Birken machte eine kleine Pause. »Was diesen Schmeltz angeht, da könnte ich vielleicht noch etwas unternehmen.«
»Und was?«
»Es sind selbstverständlich schon viele alte Nazis gestorben, aber es gibt immer noch einige Überlebende. Ich habe einen Kontaktmann beim Bundesarchiv in Koblenz. Ich könnte ihn anrufen und bitten, nachzusehen. Möglicherweise kann er mir ein paar Zahlen mitteilen, die denen von Schmeltz’
Mitgliedsnummer ähnlich sind. Die können wir dann bei der WASt überprüfen.«
»Was soll das denn sein?«
»Das Akronym für die Wehrmachtauskunftsstelle. Das ist die Informationsbehörde der ehemaligen deutschen Wehrmacht. Sie liegt in Reinickendorf im Norden Berlins und ist eine der Hauptstellen für Unterlagen über deutsches Militärpersonal. Die WASt unterhält Akten über alle ehemaligen deutschen Soldaten bis weit vor dem letzten Krieg. Das schließt auch die Waffen-SS
ein. Wenn ehemalige deutsche Soldaten einen Antrag auf eine Rente stellten, entweder weil sie Kriegsversehrte waren oder das Pensionsalter erreicht hatten, mußten sie es bei der WASt einreichen. Nur wenn die WASt ihre militärische Dienstzeit bestätigte, konnte diese Pension gezahlt werden.«
»Sie meinen, ehemalige Angehörige der Waffen-SS bekommen Renten bezahlt?«
»Ja, so furchtbar das auch klingt.«
»Und wie könnte die WASt uns helfen?«
»Nun, wir könnten eine Liste von Nummern und Namen von NSDAP-Parteimitgliedern bekommen, die ähnlich sind wie die von Schmeltz. Wenn diese Leute im Krieg in der Wehrmacht oder bei der Waffen-SS gedient haben und noch am Leben sind, dann bekommen sie Kriegsrenten. Und dann hat die WASt ihre Adressen.«
»Und Sie glauben, das bringt uns weiter?«
»Es wäre nur ein Versuch, und viele Alte werden nicht mehr leben, vor allem die nicht, die eine ähnlich niedrige Mitgliedsnummer hatten wie Schmeltz. Und selbst wenn sie Schmeltz kannten, werden sie ihn vielleicht vergessen haben oder einfach nicht reden wollen. Eine andere Hoffnung bleibt Ihnen nicht.«
»Und wenn diese Leute in der Zwischenzeit ihre Adressen geändert haben?«
Birken lächelte. »Da kommt die deutsche Gründlichkeit ins Spiel. In Deutschland muß jeder Einwohner Adressenänderungen dem Einwohnermeldeamt bekanntgeben. Das ist eine besondere Behörde, die eng mit der Polizei zusammenarbeitet.
Deshalb ist es kein Problem, eine Adresse herauszufinden. Ihr einziges Problem wird sein, daß so viele von den alten Nazis schon tot sind. Aber ich kümmere mich darum. Mal sehen, was ich herausbekomme.«
»Danke, Ted. Ich weiß Ihre Hilfe wirklich zu schätzen.«
»Aber das ist doch selbstverständlich, mein Junge.« Birken faßte sich mit der runzligen Hand an die Stirn. »Jetzt, wo ich darüber nachdenke, fällt mir noch jemand ein, der Ihnen bei dem Foto von dem Mädchen helfen könnte. Vorausgesetzt, daß der Mann auf dem Bild ein einigermaßen hochrangiger Nazi oder ein Mitglied der Leibstandarte gewesen ist.«
»Wer?«
»Ein Amerikaner namens Erdberg. Cole Erdberg. Er hat für die CIA gearbeitet, aber die haben ihn vor ein paar Jahren rausgeworfen. Er ist ein absoluter Nazi- und SS-Spezialist. Vor allem SS. Als Historiker, versteht sich.«
»Wissen Sie, wo ich ihn finden kann?«
»Ihm gehört ein kleines Antiquitätengeschäft in Amsterdam, aber
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