Meade Glenn
daß Fischer nicht im Büro sei und erst am späten Nachmittag zurückerwartet werde. Volkmann hinterließ eine Nachricht, daß er angerufen hatte und sich später noch einmal melden würde.
Diesmal sah er sich sorgfältig um, als er den Terminal in Schiphol verließ. Er war sicher, daß man ihm nicht folgte. Er nahm ein Taxi in die Raadhuisserstraat und ging durch die engen Kopfsteinpflasterstraßen zum Kanal, bis er die Herengracht gefunden hatte.
Der Antiquitätenladen befand sich im Erdgeschoß eines der alten, schmalen, vierstöckigen holländischen Häuser in der Nähe einer Straßenecke. Es wurde von einem Sex-Shop und einem kleinen Hotel flankiert. Das Schild über dem Laden verkündete
»Klassische Antiquitäten«, und als er die Tür öffnete und den Laden betrat, bimmelte eine altmodische Glocke.
Ein junges blondes Mädchen von höchstens zwanzig saß mit untergeschlagenen Beinen auf einem roten Sofa in einer Ecke und hatte eine graue Perserkatze auf dem Schoß. Volkmann vermutete, daß sie diejenige war, mit der er am Telefon gesprochen hatte. Das Mädchen trug eine enge Jeans, eine rote Trainingsjacke und Turnschuhe. Sie sah zu Volkmann hoch und stand langsam auf. Die Katze strich um Volkmanns Beine, und das Mädchen trat rasch vor und nahm sie wieder auf die Arme.
»Hi!«
Der kleine Laden war vollgestopft mit restaurierten antiken Möbeln. Eine lange Glasvitrine diente als Theke. Darin standen vergilbte, in Silber gerahmte Fotos und zahlreiche Nippsachen.
Volkmann erkannte hinter einem grünen Vorhang einen Durchgang. Vermutlich ging es dort in die Hinterzimmer. Das Mädchen betrachtete Volkmann. Sie sprach ihn auf englisch an, also hielt sie ihn wohl für einen Touristen.
»Sie können sich gern umsehen, wenn Sie wollen. Oder kann ich Ihnen helfen?«
Volkmann lächelte. »Ich möchte zu Cole Erdberg.«
»Sind Sie Polizist?«
»Wie kommen Sie denn darauf?« fragte er freundlich.
»Weil Sie wie einer aussehen.«
Das Mädchen erwiderte sein Lächeln nicht, und die Perserkatze betrachtete ihn aus schmalen Augenschlitzen.
»Ist Cole da?«
»Was wollen Sie von Cole?« fragte das Mädchen zögernd.
Ihr Englisch wies einen leichten Akzent auf, aber Volkmann vermutete, daß sie keine Holländerin war. Sie drückte die Katze fester an sich und musterte Volkmann aufmerksam.
»Sagen Sie ihm, daß ein Freund von Ted Birken ihn gern sprechen würde.«
»Von wem?«
»Ted Birken.«
»Und wie heißen Sie?«
»Volkmann. Joe Volkmann.«
Das junge Mädchen spitzte die Lippen und betrachtete ihn mit geneigtem Kopf, als müsse sie eine Entscheidung treffen.
»Warten Sie hier.«
Dann drehte sie sich um und ging durch den grünen Vorhang in das Hinterzimmer, die Perserkatze an die Schulter gedrückt.
Sie war hübsch, und die enge Jeans betonte ihre volle weibliche Figur. Volkmann erblickte hinter dem Vorhang eine Tür und hörte, wie das Mädchen sie öffnete und wieder schloß.
Er sah sich in dem vollgestopften Laden um. An der Wand in der Nähe des Fensters hingen ein antikes Steinschloßgewehr und zwei Pistolen. An einer anderen Wand hingen mehrere Origi-nalgemälde mit holländischen Szenen aus dem achtzehnten Jahrhundert. Das Geschäft roch nach Staub und Katze, und Volkmann nahm auch schwach den scharfen, muffigen Duft von Haschisch wahr. Dann hörte er, wie die Tür hinter ihm wieder aufging.
Ein Mann trat durch den Vorhang. Er war groß und dünn, und graue Bartstopeln zierten sein unrasiertes Gesicht. Bis auf einen gefärbten Rest am Hinterkopf, den er zu einem Zopf gebunden hatte, war ihm das Haar ausgefallen. In der Hand hielt er eine Nickelbrille, die er aufsetzte und durch die er Volkmann betrachtete. Der Mann mußte Mitte bis Ende Fünfzig sein, trug eine lange Khakihose und Turnschuhe ohne Socken. Sein schwarzes Baumwollhemd stand am Kragen offen, und man sah in seinem buschigen grauen Brusthaar ein goldenes Medaillon baumeln.
Er maß Volkmann mit seinem Blick. Als er sprach, verriet sein Akzent seine Herkunft aus den Südstaaten der USA.
»Kenne ich Sie?«
»Cole Erdberg?«
»Das bin ich.«
»Ich heiße Volkmann, Joe Volkmann.«
»Mischa sagte, Sie wären ein Freund von Ted Birken. Was kann ich für Sie tun?«
»Ted meinte, Sie könnten mir vielleicht helfen.«
»Sind Sie von der Firma?«
Volkmann lächelte. »Nein, ich bin nicht bei der CIA, Mr. Erdberg.«
»Für wen arbeiten Sie dann?«
Volkmann zeigte ihm seinen Dienstausweis. Erdberg warf einen Blick darauf, sah
Weitere Kostenlose Bücher