Meade Glenn
um.
Die Garderobe hing voller teurer Anzüge, aber es war keine Kleidung für eine Frau dabei. Vermutlich hatte Rauschers Freundin ihre Habseligkeiten abgeholt.
Im Schlafzimmer lag eine kleine Auswahl pornographischer Magazine. Sie waren aufgeschlagen, wo die Beamten sie durchgeblättert hatten, aber der Rest der Wohnung sah aus, als hätte jemand aufgeräumt und saubergemacht. Die Schubladen in der Kommode enthielten keinerlei persönlichen Besitz bis auf Unterwäsche und Seidenhemden mit Monogramm.
Nichts in der Wohnung ließ darauf schließen, daß Rauscher in die Politik verwickelt gewesen wäre. Die Bücher auf den Regalen waren Hochglanzbildbände, dazu kamen noch ein paar erotische Romane.
Gegen elf Uhr fuhr Jakob Fischer Volkmann wieder ins Hotel zurück. Der Beamte versicherte, daß er sich bei ihm melden würde, sobald er Rauschers Freundin ausfindig gemacht hätte.
Volkmann bat ihn, eine Nachricht zu hinterlassen, wo er ihn erreichen könnte, falls er nicht da wäre, und Fischer erklärte sich einverstanden.
31. KAPITEL
Am nächsten Morgen fuhr Volkmann mit einem Taxi zu Walter Massows Büro nach Kreuzberg.
Es befand sich in einem alten Ortsteil im Südosten der Stadt, der immer noch Spuren des Krieges trug, in einem tristen Vorkriegsbau in der Nähe der Blücherstraße. Der Wohnblock war heruntergekommen, und es wimmelte vor türkischen und asiatischen Gastarbeitern. Die Vorderseite des Gebäudes war mit Parolen und Graffiti beschmiert, die irgend jemand wieder übermalt hatte, und die Fenster der unteren beiden Stockwerke waren verbarrikadiert.
Volkmann kam um zehn dort an. Im Erdgeschoß saß ein junger Mann hinter einem Schreibtisch und blickte mißtrauisch auf, als Volkmann hereinkam. Nachdem er sich den Ausweis hatte zeigen lassen, drückte er einen Knopf unter dem Tisch, und eine Tür öffnete sich. Dahinter führte eine Treppe nach oben.
Vier Absätze weiter oben saß eine junge Sekretärin in einem Vorzimmer und bat Volkmann zu warten, während sie Massow holte. Sie kam einige Augenblicke später mit einem etwa fünfzigjährigen Mann zurück. Er war groß, kräftig gebaut und trug eine Brille. Sein freundliches Benehmen und seine sanfte Stimme stand in merkwürdigem Widerspruch zu seiner Gestalt.
»Herr Volkmann, ich bin Walter Massow.«
Er drückte Volkmann kräftig die Hand und ging durch einen langen Flur in ein großes, vollgestopftes Büro voraus.
Die helle Wintersonne schien durch ein großes Fenster, und an den Wänden, deren Farbe abblätterte, standen Aktenschränke aus Metall. Auf dem unordentlichen Schreibtisch am Fenster lag ein halb gegessenes Butterbrot. Vom Büro aus hatte man einen Blick auf einen kleinen Park vor dem Haus und freie Sicht auf mehrere schäbige Wohnblocks gegenüber. Auf den Balkonen hing Wäsche, und Gastarbeiterfrauen beugten sich hier und da aus den Fenstern.
Die junge Sekretärin brachte ihnen Kaffee, und nachdem sie gegangen war, lehnte Massow sich auf seinem Stuhl zurück. Er nahm einen Zahnstocher aus einer kleinen Schale und begann, damit in seinem Mund herumzufuhrwerken, während er Volkmann ansah.
»Darf ich fragen, worum es hier geht, Herr Volkmann?«
Volkmann brauchte ein paar Minuten, bis er den Grund für seinen Besuch geschildert hatte. Er gab dabei so wenig wie möglich preis und erklärte Massow, daß er den Mord an einem Mann namens Dieter Winter untersuche. Bei den Ermittlungen wäre Massows Name in Zusammenhang mit einem Mordanschlag auf ihn gefallen. Volkmann erwähnte kurz Winters Vorgeschichte sowie die Umstände seines Todes, ging jedoch nicht näher darauf ein.
Massow wirkte weder sonderlich überrascht noch beunruhigt, sondern saß einfach da und hörte ruhig zu. Als Volkmann fertig war, trank der Politiker einen Schluck Kaffee und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er knarrte unter dem Gewicht.
»Darf ich fragen, warum ein britischer DSE-Beamter in diesem Fall ermittelt? Eigentlich müßte das doch eine interne Angelegenheit unserer Polizei sein, hab’ ich recht, Herr Volkmann?«
Volkmann erklärte, daß die Waffe, mit der Winter getötet wurde, bei einem Mordanschlag auf einen britischen Geschäftsmann in Hamburg benutzt worden sei. Massow nickte verstehend, und Volkmann fuhr fort: »Haben Sie schon einmal den Namen Dieter Winter gehört, Herr Massow?«
Der große Mann schüttelte den Kopf. »Nein.«
Volkmann musterte den Politiker. »Können Sie sich vorstellen, Herr Massow, warum dieser Winter Sie umbringen
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