Meade Glenn
herunterzudrücken, als der Mann sich bewegte und seine Hand hochschwang. Sanchez erkannte das Bowiemesser, das in einem Bogen auf ihn zukam. Er packte den Griff der Pumpgun, lud sie durch und drückte in dem Augenblick auf den Abzug, als das Messer sich ihm in die Schulter bohrte, Haut und Knochen durchtrennte und ihn an die Wand nagelte.
Sanchez brüllte gepeinigt auf, aber der Knall seiner Waffe übertönte den Schrei. Diesmal verschwanden das Gesicht und der Kopf des blonden Mannes einfach. Die Leiche flog zurück, und Sanchez wurde von einem zweiten Blutschwall durchnäßt, während kleine Schrotkugeln zurückprallten und ihn trafen.
Dann schien alles gleichzeitig zu passieren.
Die beiden Männer traten vor.
Der jüngere hielt die große Magnum in der Hand. Seine Miene war wutverzerrt. Sanchez begriff, daß der Tote entbehrlich gewesen war, eine Ablenkung. Der Mann richtete die Waffe auf Sanchez’ Schläfe, packte mit der anderen Hand die Pumpgun und riß sie ihm einfach weg.
Der silberhaarige Mann trat vor. Er schien Sanchez wie ein Turm zu überragen. Seine blauen Augen waren sanft und freundlich, aber etwas in ihnen war unauslotbar.
Aber spielte das jetzt noch eine Rolle?
Der Mann flüsterte seinem Gefährten etwas zu, das Sanchez nicht verstehen konnte. Die Stimmen von Gonzales’ Männern drangen von draußen ins Innere des Hauses. Sie waren zu weit weg, um ihn noch retten zu können. Gedämpft hörte Sanchez sie über den Rasen vordringen.
Diese fernen Stimmen entschieden über sein Schicksal.
Der Mann preßte die Magnum fest gegen Sanchez’ Schädel.
Es knallte.
Sanchez hatte immer geglaubt, daß man den Schuß, der einen tötete, ganz nah im Kopf hörte. Daß danach einfach die Lichter ausgingen und alle Sinne erstarben. Daß man nichts fühlte, keinen Schmerz empfand.
Es war eine Lüge.
18.20 Uhr.
Die silbrig glänzende Rasenfläche wimmelte vor Uniformierten.
Sie trugen graue Uniformen, und überall blinkten Blaulichter.
Krankenwagen fuhren hin und her. Ein wenig später führte ein Beamter den benommenen Gonzales zu der Garage, an den Toten auf dem Gras vorbei.
Als man ihm Sanchez’ Leichnam zeigte, hätte Gonzales am liebsten aufgeheult, aber er riß sich zusammen.
Er betrachtete den Toten lange, den armseligen Überrest des Capitáns, der mit einem Bowiemesser an der Wand festgenagelt war. Das Einschußloch mit den Brandrändern in seiner Stirn, den blutgetränkten Boden.
Dann betrachtete er die Leiche des großen blonden Mannes –
was davon übrig war. Es stank nach Scheiße. Die beiden hatten nach ihrem Tod ihren Darm geleert. Das war normal.
Sanchez hatte vier von den Mistkerlen erwischt. Das war nur ein schwacher Trost, eigentlich gar keiner. Außerdem lag neben dem Leichnam des Blonden keine Waffe. Anscheinend hatte jemand anderer Sanchez erschossen. Ein Beamter hatte ihm bereits bestätigt, daß um ganz Chapultepec Straßensperren errichtet wurden. Doch das Gebiet war groß. Trotzdem, wenigstens bestand eine geringe Hoffnung.
Als Gonzales schließlich die Garage verließ, kotzte er auf den Rasen. Jemand zündete ihm eine Zigarette an, und er nahm sie, wischte sich den Mund ab und inhalierte tief.
Ein anderer Beamter tauchte neben ihm auf. Nach einigen Augenblicken des Schweigens packte Gonzales den Mann am Arm. »Juales … Ist er durchgekommen?«
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Er ist gestorben, tot, bevor sie ihn in den Krankenwagen laden konnten.«
Gonzales schloß die Augen und öffnete sie dann langsam wieder. »Wie viele sind noch tot?« fragte er mit belegter Stimme.
Der Kriminalbeamte blickte seinen Chef mit Unglauben an, aber Gonzales bemerkte es nicht. Er starrte ins Nichts.
»Vier von unseren eigenen Leuten. Ihre beiden Freunde aus Asunción. Sechs Leute aus der Villa. Einschließlich Halder und dem Mann am Tor. Den hat Madera erledigt, als er eine Waffe zog.« Der Mann hielt kurz inne. »Ich habe überall in Richtung Innenstadt Straßensperren errichtet. Auf allen Straßen. Ein junger Beamter sagte, er hätte nach dem letzten Schuß einen Wagen wegfahren hören. Aber in all der Verwirrung und dem Lärm ist das nur schwer zu sagen. Außerdem kann man hier bei dem Gestank nach Kordit und Scheiße keine Abgase riechen.«
Der Mann schluckte. »Aber die Garagentüren waren offen. Und am Holz ist dunkle Farbe zu sehen. Aber wir werden auf die Gerichtsmediziner und die Spurensicherung warten müssen.«
Er deutete mit einem Nicken auf Halders Villa.
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