Meade Glenn
Zeit der rechtsextremen Übergriffe wächst. Aber Ihre Leute scheinen wenig Erfolg in der Bekämpfung zu haben.«
»Sie müssen wissen, daß das ein schwieriges Terrain ist, Joe.
Es gibt natürlich wie immer die Rufe, diese Extremisten endlich auszuheben. Aber sobald man damit anfängt, jaulen die Liberalen herzerweichend auf und behaupten, daß wir wieder zu einem Polizeistaat werden und Menschen in Konzentrationslager sperren. Für uns in Deutschland ist das ein sehr heikles Thema.« Bargel schüttelte den Kopf. »Es gibt keine einfache Lösung. Einige der rechtsextremen Gruppen sind verboten worden. Jetzt hat es sich ein bißchen beruhigt, aber es ist noch nicht ganz still geworden. Sie müssen nur die Berichte lesen, dann wissen Sie es.«
»Bekommen diese Leute viel Zulauf?«
»Sie meinen die Neonazis?«
»Ja.«
»Ein wenig, aber ihre extreme Haltung gefällt der Mehrheit der Deutschen nicht, das ist klar.«
»Von welchen Zahlen sprechen wir hier?«
»In Deutschland? Eine vorsichtige Schätzung liegt bei sechzigtausend.«
»Der harte Kern?«
»Allerdings. Diese Zahl verdreifacht sich, wenn man Mitläufer mitzählt.«
»Das sind eine Menge Anhänger, Werner.«
Der Geheimdienstbeamte sah Volkmann an. »Was Sie sich wirklich fragen, ist doch: Wie konnte das schon wieder passieren? Und könnte eine Partei wie die NSDAP jemals wieder in Deutschland Fuß fassen? Sind das Ihre eigentlichen Fragen, Joe?«
»Wenn ich meinen Geschichtsunterricht richtig erinnere, dann hatten die Nazis weniger als fünftausend Anhänger, als Hitler 1923 den Bierkellerputsch angeführt hat. Als er zehn Jahre später zum Reichskanzler ernannt wurde, umfaßte die Partei fast zweihundertfünfzigtausend Mitglieder.«
Bargel schüttelte entschieden den Kopf. »Dazu wird es nie wieder kommen, Joe. Sie kennen doch bestimmt unsere Verfassung? Nur Parteien, die mit der Verfassung übereinstimmen, werden in unserem politischen System zugelassen. Und es gibt auch noch die Fünfprozenthürde. Damit haben, das zeigen die Bundestagswahlen immer wieder, rechte und linke Splitter-gruppen keine Chance. Und die Menschen in diesem Land sind klüger geworden. Deutschland würde niemals eine zweite Nazipartei oder so etwas Ähnliches tolerieren. Klar, wir haben Probleme mit den neonazistischen Extremisten. Sobald es in irgendeiner Stadt Krawalle mit Neonazis gibt, dann schreibt die internationale Presse vom bevorstehenden Vierten Reich. Aber in Deutschland hatten diese Gruppen nie besonders viel Zulauf.
Und die Leute, die zu ihnen laufen, sind Sonderlinge und Außenseiter, keine mündigen Bürger. Die kahlköpfigen Schlä-
ger, die Asylanten zusammenschlagen und jüdische Friedhöfe verwüsten, sind nicht organisiert. Es ist eine fanatische Randgruppe. Und die, die sich organisiert haben, sind nur kleine Fische. Wir halten sie so gut wie möglich unter Kontrolle.«
Volkmann warf Bargel einen Blick zu. »Aber es gibt Ähnlichkeiten, Werner. Die Unruhen auf den Straßen. Nur, daß jetzt Ausländer statt Juden angegriffen werden. Der Schlachtruf, die Fremden rauszuwerfen. Und die gleichen sozialen und ökonomischen Probleme wie in der Vergangenheit, als die Nazis an die Macht kamen.«
Bargel nickte. »Natürlich kann man immer Parallelen ziehen.
Aber eine neue Nazipartei an der Macht? Joe, das ist schlichtweg unmöglich. Die Deutschen würden es nicht zulassen. Sie könnten einwenden, daß sie es 1933 auch schon zugelassen haben, aber damals war es etwas anderes.
Deutschland war anders. Die Umstände mögen sich ja ähneln, und in mancher Hinsicht gleichen sie sich vielleicht tatsächlich, aber in Wahrheit sind sie verschieden. Außerdem werden wir Deutschen jeden Tag im Fernsehen und in den Medien an die Greuel erinnert, die in unserem Namen begangen worden sind, und die Mehrheit in diesem Land hat nicht das Bedürfnis, das alles zu wiederholen.« Bargel schüttelte heftig den Kopf. »Eine andere Nazipartei an der Macht in Deutschland? Joe, damit das passiert, müßte man die Deutschen schon vor vollendete Tatsachen stellen. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie das jemand bewerkstelligen wollte. Zugegeben, es gibt Probleme, und einige davon verschärfen sich anscheinend. Aber wir werden sie lösen, glauben Sie mir.«
»Und wie?«
»Kennen Sie Konrad Weber?«
»Den Vizekanzler? Natürlich.«
»Er ist auch Innenminister und für die Sicherheit der Bundesrepublik verantwortlich. Mein höchster Vorgesetzter, und ein guter Mann, Joe. Hart und
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