Meade Glenn
aufzuspüren, die bisher noch nicht zur Verantwortung gezogen worden waren. Während der Ermittlungen wurden Experten eingesetzt, um auf Fotografien Beteiligte zu identifizieren. Bei diesen Leuten handelte es sich hauptsächlich um Historiker, die sich auf die Geschichte des Nationalsozialismus spezialisiert hatten, und einige waren sogar selbst in der Partei gewesen. Ich kann mich mal umhören, wenn Sie wollen. Wenn das Mädchen auf dem Foto jemand Wichtiges war, dann können wir sie vielleicht auf diesem Weg identifizieren.«
»Danke, Iwan.«
Molke lächelte. »Ich habe nicht gesagt, daß ich Erfolg haben werde, aber ein Versuch kann nicht schaden. Was wollen Sie wegen dieses Kessers unternehmen, in dessen Wohnung Sie eingedrungen sind?«
»Ich würde ihn gern ein paar Tagen beschatten. Vielleicht stoße ich ja auf etwas. Wenn Sie mitmachen, sorge ich dafür, daß die DSE Ihnen ein Beraterhonorar zahlt.«
Molke lächelte und winkte abwehrend mit der Hand. »Wir sind alte Freunde, Joe. Nennen wir es einfach einen Freundschaftsdienst. Wann wollen Sie anfangen?«
»Heute abend, wenn es Ihnen paßt.«
Molke sah auf die Uhr. »Einverstanden, aber ich muß erst eine Verabredung zum Essen absagen. Nichts … Besonderes, nur ein alter Freund. Wenn wir länger brauchen, dann rufe ich das Büro morgen früh an.« Er stand auf. »Gut, ich erledige den Anruf. Wo sind Sie abgestiegen?«
»Im Penta. Zimmer einhundertachtundzwanzig.«
»Ich hole Sie in einer Stunde dort ab.«
»Ich weiß das zu schätzen, Iwan.«
»Keine voreiligen Danksagungen, Joe. Sollen wir einen oder zwei Wagen benutzen?«
»Zwei.«
»Gut. Ich bringe ein Paar Walkie-Talkies mit, für alle Fälle.
Damit bleiben wir in Verbindung. Die Dinger haben eine große Reichweite. Das Neueste vom Neuen.«
Volkmann nickte.
Molke stand auf. »Okay, ich erledige den Anruf.«
Um halb neun fuhren sie mit ihren beiden Wagen um die Ecke von Kessers Wohnung und gingen zurück. Es hatte aufgehört zu regnen, und in Kessers Wohnzimmer brannte Licht. Der Golf stand auf dem Parkplatz vor der Tür.
Sie gingen zurück und fuhren Molkes BMW an die gegen-
überliegende Straßenseite, wo sie parkten und Kessers Haus beobachten konnten. Molke gab Volkmann eins der Walkie-Talkies, und Volkmann zeigte ihm das Foto von Kesser.
Sie saßen bis lange nach Mitternacht in dem Wagen, dann erst erloschen endlich die Lichter in Kessers Wohnung. Kurz danach brachen sie die Überwachung ab und verabredeten sich für halb sechs am nächsten Morgen auf dem Parkplatz.
Volkmann schlief bis fünf, stand auf, duschte und rasierte sich.
Als er eine halbe Stunde später vor dem Parkplatz hielt, war es noch stockfinster, aber Molkes grüner BMW stand schon da. In Kessers Wohnzimmer brannte Licht, und Volkmann sah, wie sich hinter der Gardine ein Schatten hin und her bewegte.
Er stieg zu Molke in den Wagen.
»Das Licht ist vor etwa zehn Minuten angegangen, kurz nachdem ich angekommen bin. Sieht aus, als würde er gleich aufbrechen. Wollen Sie die erste Beschattung übernehmen?«
»Klar.«
»Gut. Vergessen Sie nicht, das Funkgerät anzuschalten. Wir können uns alle zehn Minuten abwechseln. Der Verkehr dürfte um diese Zeit noch ziemlich dünn sein.«
»Einverstanden, Iwan.«
Volkmann stieg aus dem BMW. Molke grinste. »Hoffentlich geht Kesser nicht einfach nur eine Runde im Park joggen, mein Freund. Ich hasse es, so früh wegen nichts aus den Federn zu hüpfen.«
Kesser kam eine halbe Stunde später aus dem Haus. Er trug einen blauen, wasserdichten Anorak und hatte eine Aktentasche dabei.
Es regnete in Strömen, als Kesser seinen Golf vom Parkplatz fuhr. Volkmann gab ihm fünfzig Meter Vorsprung, bevor er ihm nachsetzte. Im Rückspiegel erkannte er die Scheinwerfer von Molkes Fahrzeug.
Eine Viertelstunde später bog Kesser auf eine Raststätte am Münchner Ring ab, und frühstückte eine halbe Stunde, während er Zeitung las. Danach tankte er seinen Wagen auf und nahm die B 13 Richtung Bad Tölz.
Um halb acht herrschte bereits reger Verkehr, und über eine Stunde später bog Kesser von der Tegernseer Straße ab und fuhr Richtung Berge. Hier war der Verkehr noch nicht so dicht, und mehrmals mußten Volkmann und Molke sich zurückfallen lassen, bis sie sahen, wie der graue Golf nach rechts abbog und eine steile, schmale Bergstraße hinauffuhr.
Volkmann hielt etwa hundert Meter hinter der Einmündung an. Die schmale Straße, auf die Kesser eingebogen war, schien nicht markiert zu
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