Meade Glenn
Orsati.
»Glauben Sie, daß er was weiß?«
»Ja, das glaube ich allerdings«, entgegnete Orsati grinsend.
»Wer immer diese Kammer benutzt hat, brauchte Hilfe von Leuten aus dem Hafen. Jemand wie Scali wäre dazu hervorragend geeignet.«
»Haben Sie Fingerabdrücke in der Kammer gefunden?«
»Nein, aber etwas anderes. Ich habe noch eine kleine Überraschung für ihn in petto.«
Als Volkmann wissen wollte, worum es sich handele, erklärte der Inspektor es ihm. Volkmann nickte und sah den Angestellten wieder an. Der Mann wirkte zweifellos beunruhigt, wenn er sich auch alle Mühe gab, es zu verbergen.
»Im Lagerhaus befindet sich ein Büro«, erklärte Orsati. »Aber lassen Sie mich zuerst mit ihm sprechen. Wenn ich fertig bin, wird Franco Scali uns alles sagen, was wir wissen wollen, glauben Sie mir.«
»Soll ich lieber draußen warten?«
»Klar, warum nicht?« antwortete der Beamte gleichgültig.
»Wenn Franco uns seine Arie vorgesungen hat, rufe ich Sie.«
Klein beobachtete, wie die Gruppe vom Container zum Lagerhaus ging. Mit Hilfe des Fernglases entdeckte er Scali und nickte Beck zu, der hinter sich auf den Rücksitz griff und die beiden schweren Aktentaschen nach vorn holte.
Sie brauchten weniger als eine Minute, um die beiden Maschinenpistolen vom Typ Heckler-&-Koch MP5K
zusammenzusetzen und die Magazine hereinzuschieben. Als sie wieder aufsahen, hatte die Gruppe bereits den Eingang zum Lagerhaus erreicht.
Klein lud seine Waffe durch und entsicherte sie. Beck folgte seinem Beispiel.
Straßburg.
15.55 Uhr.
Ferguson saß in seinem Büro und betrachtete den Schneefall vor dem Fenster. Er war erst spät von seinem Essen mit den Sektionschefs zurückgekehrt und sah die Notiz Peters’, mit der er das Treffen mit Volkmann ankündigte und darauf hinwies, daß es dringend sei. Ein Nachtrag informierte ihn, daß Peters mit dem Mädchen in Volkmanns Wohnung war. Ferguson konnte sich keinen Reim darauf machen und kam zu dem Schluß, daß es etwas mit Volkmanns Ermittlungen zu tun haben mußte. Gerade wollte er bei Volkmann anrufen, als sein Telefon klingelte. Jan de Vries war am Apparat und teilte Ferguson mit, er habe eine Geheimnachricht aus Asunción erhalten, die für den Sektionschef bestimmt sei – eine dringende Nachricht, die er ihm persönlich überbringen wolle.
Drei Minuten später betrat de Vries das Büro. Er wirkte niedergedrückt, und Ferguson wartete, bis der Mann wieder gegangen war, bevor er das Wachssiegel brach und den Umschlag öffnete.
Drinnen lag ein Funkspruch, den er aufmerksam las. Während seine Augen über den Text glitten, wich sämtliches Blut aus seinem Gesicht. Ferguson legte den Funkspruch weg, stand auf und trat ans Fenster. Mit aschfahlem Gesicht blieb er dort eine Weile reglos stehen und starrte ungläubig hinaus, ohne den Schnee wahrzunehmen, der an das Fenster schlug. Dann ging er zum Schreibtisch zurück, nahm das Telegramm wieder zur Hand und las den Text erneut.
Als er diesmal zu Ende gelesen hatte, griff er nach dem Hörer und wählte eilig. Am anderen Ende antwortete niemand, und Ferguson drückte die Gabel mit der freien Hand herunter und dachte angestrengt nach. Dann ließ er die Gabel los und wählte die andere Nummer.
Wäre er am Fenster geblieben, hätte er den schwarzen Mercedes draußen vorfahren sehen. Zwei Männer in Trenchcoats stiegen aus. Einer von ihnen hatte eine Aktentasche in der Hand.
Zehn Sekunden später betraten sie das Gebäude, zeigten dem Sicherheitsbeamten ihre Ausweise und gingen durch die Lobby zum Lift.
Einen Kilometer weiter entfernt stiegen zwei andere Männer aus ihrem Mercedes und traten in das Schneetreiben hinaus.
Sie überquerten zielstrebig den weißen Hof und stiegen die Treppe hinauf. Vor Volkmanns Wohnung blieben sie stehen, und der Fahrer nickte seinem Gefährten zu. Beide Männer öffneten ihre Regenmäntel und zogen die Pistolen mit den langen Schalldämpfern heraus.
Während der Fahrer den Hof vor dem Haus beobachtete, holte der zweite Mann einen schweren Schlüsselbund aus der Tasche.
Er wählte einen aus und steckte ihn ins Schloß.
49. KAPITEL
Genua.
15.55 Uhr.
Die Luft in dem Büro im Erdgeschoß des Lagerhauses war verbraucht und der winzige Raum beengend, obwohl man durch zwei breite Panoramafenster einen wunderbaren Blick auf die Hafenanlage und den Pier hatte.
Kaum hatte man Franco in den Raum geführt, spürte er die Panik in sich hochsteigen. Er warf dem Kriminalbeamten, Orsati, einen kurzen
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