Meade Glenn
um Gold, wegen des Gewichts der Kiste. Aber sicher war der Mann sich nicht gewesen, und vom Inhalt der anderen Kisten hatte er nicht die geringste Ahnung.
Orsati hatte erklärt, daß die Spurensicherung noch immer Tests durchführte. Der Polizeipräsident saß hinter seinem Schreibtisch, kaute auf einer unangezündeten Zigarre und rollte sie in seinem Mund hin und her, während er grimmig zuhörte.
Im Augenblick redete der Chef der Kriminalpolizei. Er sprach lebhaft und rauchte dabei unablässig starke Zigaretten, die scharf rochen, eine nach der anderen.
Volkmann beobachtete ihn und hörte zu, verstand jedoch nur hier und da ein Wort. Er wartete, daß der Mann endlich fertig war, damit er es übersetzt bekam. Der Chef der Kriminalpolizei sprach im Gegensatz zum Polizeipräsidenten ein gutes Englisch.
Mittlerweile sprach der Kerl schon fünf Minuten ohne jede Unterbrechung. Volkmann hatte seine Geschichte auf englisch erzählt, und der Chef hatte dem Präsidenten gedolmetscht.
Die Bilanz summierte sich auf vier Tote und zwei Schwerverletzte, die auf der Intensivstation im Santo-Giorgio-Krankenhaus lagen. Die Kriminalbeamten waren mit zwei minderschweren Fleischwunden davongekommen. Einer der Toten war ein Beamter des italienischen Zolls, Paulo Bonifacio, der andere Franco Scali, dazu kamen zwei Polizisten, die auf dem Pier gestanden hatten und vom Streufeuer getötet worden waren.
Die Kleidung der Attentäter stammte aus Deutschland, aber sie hatten keinerlei Ausweispapiere dabei.
»Sieht ganz nach einem Himmelfahrtskommando aus«, hatte Orsati bemerkt. »Verrückt!«
Volkmann blickte auf, als der Chef der Kriminalpolizei endlich verstummte.
Er wandte sich Volkmann zu. »Ich habe dem Präsidenten alles erklärt«, sagte er. »Genauso, wie Sie und Inspektor Orsati es mir geschildert haben. Einige Dinge bedürfen jedoch noch einer weiteren Klärung. Haben Sie eine Ahnung, warum die beiden Männer Franco Scali umgebracht haben?«
Volkmann sah kurz aus dem Fenster. Draußen herrschte völlige Dunkelheit. Weder Mond noch Sterne waren zu sehen.
»Ich kann nur wiederholen«, antwortete er und richtete den Blick wieder auf den Polizeichef, »was Sie bereits wissen. Wir haben Informationen über eine Lieferung aus Südamerika mit Genua als möglichem Zielhafen erhalten. Wir haben es an Ihre Leute bei der DSE weitergegeben und darum gebeten, daß eine gründliche Überprüfung aller Frachten aus Südamerika durchgeführt wird, vor allem der aus Montevideo und São Paulo.« Volkmann sah den Mann eindringlich an. »Ich habe Ihnen die Namen und die Nummer in Straßburg genannt und Ihnen vorgeschlagen, daß Ihr Polizeichef Ferguson dort kontaktiert und ihm erzählt, was passiert ist.«
Der Mann seufzte. »Signore Volkmann, wir versuchen ja, mit Ihrem Vorgesetzten in Kontakt zu kommen. Aber bis dahin würden wir Ihre Mithilfe an diesem Fall sehr zu schätzen wissen. Selbstverständlich wird keine Anklage gegen Sie erhoben. Sie haben schließlich in Notwehr gehandelt. Aber ich muß noch einmal darauf hinweisen, daß Ihre Kooperation absolut unabdingbar ist. Verstehen Sie das?«
Der Mann hielt inne und sah Volkmann eindringlich an.
»Können Sie uns sonst nichts sagen?«
»Nichts.«
Der Mann seufzte ungeduldig. »Sie müssen Verständnis für unsere mißliche Lage haben.« Er sah kurz zu Orsati hinüber und richtete den Blick wieder auf Volkmann. »Wir waren wohl mehr als kooperativ. Jetzt sind Sie dran. Wir haben vier Tote und wissen nicht, warum. Ich will aber den Grund wissen.«
Volkmann verstand die Frustration in der Stimme des Mannes.
Aber er benötigte Fergusons Zustimmung, bevor er mehr sagen konnte. Er beabsichtigte nicht etwa, die Kooperation zu verweigern, er mußte den Dienstweg einhalten. Ferguson oder Peters entschieden, wieviel er den Italienern verraten durfte.
»Ich benötige die Einwilligung meiner Vorgesetzten«, erklärte Volkmann.
Die Miene des Mannes verzog sich vor Ärger. »Das heißt, was hier passiert ist, hat weit tiefere Hintergründe?«
Volkmann nickte.
Der Chef der Kriminalpolizei sah ihn an. »Wir versuchen die ganze Zeit, Ihr Hauptquartier zu erreichen, aber wir kommen einfach nicht durch. Die Vermittlung hielt es zunächst für eine schadhafte Leitung, aber die Fernsprechzentrale wußte von nichts.«
Jemand klopfte, und ein Beamter kam herein. Er bat den Chef der Kriminalpolizei um ein Gespräch unter vier Augen. Die beiden Männer gingen in den Flur hinaus, steckten die Köpfe
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