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Meade Glenn

Meade Glenn

Titel: Meade Glenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unternehmen Brandenburg
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herumschwingen und pflückte einen der schweren Metallcontainer vom Schiff, als wäre es ein federleichter Pappkarton. Doch der, auf den Franco wartete, der blaue mit den drei grauen Streifen, war noch im Laderaum. Bis jetzt hatte Aldo erst fünf Container auf dem Pier abgesetzt. Die Ladung bestand aus vierzig Containern, und so wie Franco Il Peste kannte, würde der fast jeden von ihnen gründlich untersuchen wollen.
    Franco lief umher und versuchte den Eindruck zu erwecken, er hätte zu arbeiten. Er verwendete eine Menge Energie darauf, allen zu zeigen, wie er schwitzte, und half den Männern, die Container an die richtige Stelle zu bringen, wenn Aldo sie aus dem Bauch der Maria Escobar hob und auf den Pier stellte.
    Lieber Himmel, hoffentlich sind wir bald damit fertig, dachte Franco.
    Er sah, wie Il Peste die Unterlagen auf seinem Klemmbrett prüfte. Der Mann war absolut unbestechlich, und wenn er irgendeinen Fehler im Ladeverzeichnis eines Schiffes fand oder sogar Schmuggelware in den Containern, dann ging ihm einer ab.
    Il Peste wurde zwar nicht allzu häufig fündig, aber wenn, dann zerquetschte er einem die Eier, und niemand wagte es, sich an dem Kerl zu rächen. Sein Bruder Stefano war Inspektor bei den Carabinieri. Wenn Il Peste etwas zustieß, hatte man die ganze Polizei von Genua am Hals. Natürlich achtete Franco darauf, daß Il Peste keinen Dienst hatte, wenn er eine besondere Ware erwartete. Nur funktionierte das nicht immer.
    Wie heute zum Beispiel.
    Franco fluchte leise, als ein weiterer Container aus dem Bauch der Maria Escobar auftauchte. Aldo amüsierte sich prächtig da oben im Nest seines Krans. Fünfundzwanzig hatte er noch vor sich. Franco schwitzte und rannte herum und brüllte, als würde er tatsächlich arbeiten, während die großen Metallkisten auf den Boden knallten. Er warf dem Zöllner einen Blick zu. Der Mann starrte unbeteiligt auf die ordentliche Reihe von Containern auf dem Vorfeld und wartete wie ein Athlet, der auf den Knall der Startpistole wartet, bis auch der letzte draußen war, bevor er mit seiner Arbeit begann.
    Der Wind pfiff um den Haufen. Franco sah zu, wie Aldo den Greifer anhob und wieder im Bauch des Schiffes verschwinden ließ.
    Der letzte Container war der Container. Er war blau und hatte ein Band aus drei grauen Streifen an den Seiten. Das war derjenige, auf den Franco wartete. Aldo hob ihn an, schwang ihn herüber und ließ ihn mit einem Knall landen.
    Himmel, dachte Franco. Vorsicht, verdammt noch mal! Was ich da drin habe, ist verflucht viel Geld wert, Genosse Arschloch!
    Franco hörte, wie das Motorsurren des Krans verebbte. Die Männer begannen laut zu schwatzen und zogen sich die dicken Lederhandschuhe aus. Nun warteten sie darauf, daß Il Peste mit seiner Musterung anfing.
    Der Zöllner trat mit ernster Miene neben Franco, als wollte er in den Kampf ziehen.
    »Vierzig Container, sì? «
    »Stimmt.«
    »Haben Sie die Papiere?«
    Franco reichte sie ihm. Alle Container waren mit den jeweiligen Plomben entweder des letzten oder des Herkunftshafens verschlossen. Francos Job bestand darin, die Fracht so schnell wie möglich durch den Zoll zu schleusen. Er erledigte den ganzen unumgänglichen Papierkram und bemühte sich, die Fracht mit minimalem Aufwand in den Hafen hinein und auch wieder heraus zu bekommen. Rein und raus, Zeit ist Geld, wie Francos Chef ihn immer wieder erinnerte. Die meisten Zollbeamten stellten sich auch nicht quer und sahen nur oberflächlich hin, um sich keine Blöße zu geben.
    Anders Il Peste. Er war äußerst genau. Und manchmal benutzte er sogar den »Tupfer«, einen kleinen Schlagring aus Messing. Damit schlug er an die Innenwände der Container und lauschte dem Klang hinterher. Er hörte das Echo der Vibrationen und überprüfte so, daß keine falschen Wände oder ein doppelter Boden eingezogen waren. Und genau davor fürchtete sich Franco heute: daß Il Peste den ›Tupfer‹ benutzte.
    Der fette Zollbeamte blickte von den Unterlagen hoch.
    »Gut, scheint alles in Ordnung zu sein.«
    »Wieviel willst du überprüfen?« fragte Franco. Hoffentlich keine, dachte er, aber das wäre natürlich zuviel verlangt. Einen, vielleicht zwei! Bitte, du Arschloch, dachte er, nicht den letzten, nicht Nummer vierzig!
    Il Peste sah auf die Uhr. »Heute muß ich früh Feierabend machen. Ich bin zu einer Taufe eingeladen. Mein Bruder Stefano und seine Frau haben einen Jungen gekriegt. Ich bin schon wieder Onkel geworden.«
    »Herzlichen Glückwunsch!«

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