Meade Glenn
breit wie Francos Arm, und einen Meter vom nächsten entfernt. Franco holte den Schraubenzieher aus der Tasche und legte ihn neben sich. Dann hob er die Taschenlampe auf. Er ließ den Lichtstrahl über die rechte Seite gleiten und tastete vorsichtig mit den Fingerspitzen an den grauen Streifen entlang über das gewellte Metall, wo sich, wie er wußte, das Geheimfach befand.
Nach kurzer Zeit fand er, was er suchte: eine kleine Vertiefung im Metall, nicht größer als ein Daumennagel. Das war die Markierung für Franco. Zehn Zentimeter weiter links befand sich die erste Schraube. Sie war jedoch selbst im Licht der Taschenlampe unsichtbar. Vier Flachkopfschrauben hielten die Metallplatte, und ihre Köpfe waren perfekt in die Metalloberfläche eingepaßt, verkittet und im gleichen Grau bemalt worden wie der Streifen, der um den Container führte.
Eine verdammt gute Idee.
Franco ergriff den Schraubenzieher und die Taschenlampe, schabte den Kitt weg und löste rasch die vier Schrauben. Er legte sie sorgfältig auf den Beton neben sich und hob die etwa fünfzig Zentimeter hohe Platte ab, die in den Container eingelassen war.
Wirklich saubere Arbeit.
Selbst wenn man genau hinsah, würde man nicht bemerken, daß hier eine Platte saß. Franco legte sie vorsichtig neben sich auf den Boden und achtete darauf, daß er kein Geräusch machte.
Ein sauber ausgeschnittenes Fach wurde sichtbar. Franco leuchtete mit der Lampe hinein und sah die Metallkiste, die mit zwei Stahlschraubzwingen an dem Container befestigt war. Er öffnete rasch die erste Zwinge und hielt die Kiste mit einer Hand fest.
Dann griff er hinein und hob sie heraus. Die quadratische Kiste maß zwar nur rund fünfundzwanzig Zentimeter im Quadrat und war recht flach, aber so schwer, daß Franco sich bücken mußte, um sie herauszubekommen. Er stellte sie neben sich ab.
In weniger als zwei Minuten hatte er die falsche Seitenwand wieder montiert und die vier Schrauben angezogen. Dann holte er die Dinge aus der Tasche, die er in einem alten Leinentuch in seinem Schrank versteckt gehalten hatte. Einen Klumpen weichen Kitts, einen Pinsel und ein Töpfchen graue Farbe. Mit dem Kitt stopfte er die Schraubenlöcher aus. Danach strich er mit dem Pinsel die graue Farbe darüber.
Er musterte das Ergebnis im Strahl der Lampe. Perfekt!
Die Schraubenlöcher waren jetzt wieder unsichtbar, und die graue Farbe paßte genau zu den grauen Streifen. Zufrieden sammelte Franco seine Sachen ein und schaltete die Lampe aus.
Er hob das Kistchen hoch. Meine Güte, ist die schwer, dachte er. Was wohl da drin ist? Gold, möglicherweise, wenn man nach dem Gewicht ging. Sie war genauso schwer wie alle anderen, aber kleiner. Viel kleiner. Und diesmal hatten sie auch einen anderen Container benutzt.
Aber was diese Deutschen schmuggelten, ging ihn nichts an.
Hauptsache, er würde anständig bezahlt.
Franco strich sich mit der Hand übers Gesicht. Seine Stirn war schweißnass. In dem dämmrigen Licht auf dem Vorplatz sah er auf die Uhr. Zehn nach sechs. Franco warf einen Blick über die Hafenanlagen. Alles war immer noch ruhig und verlassen. Der Strahl der Laterna, des alten Leuchtturms am Hafeneingang, stach wie ein Finger aus Licht durch die Nacht.
Franco ging rasch zu seinem Wagen und lud die schwere Metallkiste ein.
Es regnete in Strömen, als er auf der Via Balbi seinen weißen Fiat gegenüber der Bar parkte.
Franco sah den Mann schon warten, als er hineinging. Er war blond und jung und saß allein am Tresen. Er mochte Mitte Zwanzig sein und trug eine Brille. Sein Regenmantel war aufgeknöpft. Darunter sah man einen grauen Anzug mit Weste.
Der Mann blickte Franco kurz an und wischte sich dann die Brille mit dem Taschentuch ab.
Franco bestellte einen Rotwein und zündete sich eine Zigarette an. Das Putzen der Brille war das verabredete Zeichen. Die Zigarette war die Antwort von Franco. Kein Problem, er hatte die Kiste. Der Blonde stand auf, zahlte und ging hinaus. Franco ignorierte er völlig. Der wartete eine Weile, rauchte seine Zigarette zu Ende und trank seinen Wein aus. Dann zahlte auch er und verließ das Lokal.
Er stieg in den Fiat und fuhr um die Ecke zu einem verlassenen Parkplatz vor der Banco d’Italia.
Ein dunkler Fiat stand bereits da. Der Blonde saß am Steuer, und neben ihm ein Mann, dessen Gesicht halb im Schatten verborgen war. Franco kurbelte das Fenster herunter, der Blonde ebenfalls. Es regnete nicht mehr so stark.
»Haben Sie die Fracht?« fragte der
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