Meade Glenn
amerikanische Document Center in Berlin schicken. Schmeltz hat zwar Deutschland schon verlassen, bevor die Nazis die Macht ergriffen haben, aber wer weiß? Aufgrund dieser Reichsbankgeschichte könnte er durchaus ein Mitglied der NSDAP gewesen sein, und dann hätte das Document Center sicher eine Akte über ihn. Ich werde außerdem Informationen über Reimer alias Tscharkin anfordern, um Sanchez’ Bericht aus unabhängiger Quelle zu bestätigen. Wenn es stimmt, was dieser Capitán uns schreibt, sollten sie eigentlich eine Akte haben.
Leibstandarte-SS. Das ist dieselbe SS-Division wie die, in der der Vater von Erika Kranz war. Das stand doch in ihrer Akte. Ist Ihnen das aufgefallen?«
»Ja, Sir.«
»Noch eine Merkwürdigkeit. Trauen Sie der Kranz?«
»Inwiefern?«
»Nehmen Sie zum Beispiel die Tatsache, daß sie Winter an der Universität kannte. Und daß ihr Vater und Reimer in derselben SS-Division waren. Eine solche Verbindung könnte ich noch akzeptieren. Bei zweien kommen mir allmählich Zweifel. Und es gibt sogar noch eine dritte.«
»Wie meinen Sie das, Sir?«
»Sie war in Südamerika, und sie kannte den Journalisten.
Glauben Sie, daß sie uns alles gesagt hat, was sie weiß?«
Volkmann schüttelte nach kurzem Nachdenken den Kopf.
»Das kann ich unmöglich beurteilen, Sir.«
Ferguson nickte zum Zeichen, daß die Besprechung beendet sei. »Gut, dabei wollen wir es zunächst einmal belassen. Viel Glück, Joseph. Und bleiben Sie mit mir in Verbindung, damit ich Sie informieren kann, wenn etwas Neues aus Asunción eintrudeln sollte.«
Ferguson sah Volkmann nach, wie er das Büro verließ. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, blickte er Peters an.
»Glauben Sie, daß er die Sache hinkriegt?«
»Wie meinen Sie das, Sir?«
»Sie wissen, daß Volkmann die Deutschen nicht mag.«
Peters zuckte mit den Schultern. »Soll ich die Angelegenheit erledigen?«
»Nein. Volkmann spricht die Sprache und hat genug Erfahrung. Ich glaube, wir belassen es zunächst in seinen Händen. Das Mädchen übernachtet übrigens bei ihm.«
Peters hob die Brauen. »Wer hat das vorgeschlagen?«
»Volkmann hat sich freiwillig geopfert.« Ferguson lächelte.
»Entweder hat sie seine Ablehnung aufgeweicht, oder er traut ihr wirklich nicht und will sie unter Kontrolle haben.«
»Sie meinen, falls sie irgendwas ausheckt? Und uns nicht die ganze Geschichte erzählt hat?«
»Das denke ich mir. Aber da erhebt sich die Frage, warum sie überhaupt zu uns gekommen ist. Und warum sie darauf bestanden hat, nur mit der DSE zusammenzuarbeiten und nicht mit dem eigenen BKA.« Ferguson zögerte. »Irgendwas stimmt da nicht, Tom, und das gefällt mir ganz und gar nicht.«
Er sah Peters an. »Übrigens: Wie sieht sie eigentlich aus?«
»Das Mädchen? Sie ist ein Knaller. Um einen Blick auf ihre nackte Haut zu werfen, würde man glatt über zerstoßenes Glas wandeln.«
Ferguson grinste. »Das wäre vorläufig alles, Tom.«
»Jawohl, Sir.«
Sie waren die einzigen Gäste in dem orientalischen Restaurant in Petit France.
Die junge Frau hatte sich das blonde Haar offen über die Schultern gekämmt und Make-up aufgelegt. Sie trug einen blaßblauen Sweater, einen schwarzen Rock und glatte Strümpfe.
Ein Kellner umkreiste ihren Tisch und bediente sie zuvorkommend. Sie aßen Fleisch und Gemüse und tranken eine Flasche eisgekühlten Sauternes.
Volkmann erzählte ihr von Sanchez’ Bericht und kürzte ihn um die vertraulichen Stellen. Er beobachtete sie genau, als er von Tscharkins Vergangenheit und dem Besitzer der Hazienda sprach und ihr mitteilte, daß seine Leute die Vergangenheit von Schmeltz und Reimer überprüften. Sie sah verwirrt drein und runzelte die Stirn.
»Aber diese Geschichte mit der Reichsbank und Erhard Schmeltz ist doch schon so lange her.«
»Wir müssen das trotzdem überprüfen. Die Tatsache, daß die Fotografie aus demselben Jahr stammt, in dem die Überweisungen an Schmeltz begonnen haben, legt eine mögliche Verbindung nahe. Außerdem sagt es uns vielleicht etwas über den Sohn von Schmeltz. Abgesehen von seinem Namen wissen wir nur sehr wenig über ihn.«
Die junge Frau sah ihn an und stellte ihr Glas hin. »Ich verstehe nicht … Die Unterlagen reichen so weit zurück?«
Volkmann erklärte ihr, daß es zwei Möglichkeiten gebe, die Vergangenheit von jemandem wie Reimer zu klären. Zwei Stellen in Deutschland bewahren Unterlagen über Nazis und SS-Leute auf. Die eine war das Berlin Document Center in
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