Meade Glenn
namens Rüdesheim, ungefähr eine Stunde Fahrt von Frankfurt aus. Morgen nachmittag sind wir um vier Uhr in dem Lokal verabredet. Es heißt das Weiße Rössel. Karen hat mich gebeten, niemanden außer uns in die Geschichte zu verwickeln, und ich habe ihr versprochen, daß sie mir trauen könne.«
Volkmann wartete, bis die junge Frau in ihr Schlafzimmer ging und betrachtete dabei ihre langen, wohlgeformten Beine.
Dann rief er den Diensthabenden an, Jan de Vries, und forderte die Überprüfung von Wolfgang Lubsch aus Baden-Baden, Absolvent der Uni Heidelberg. De Vries versprach, sich um acht Uhr morgens bei ihm zurückzumelden.
Nachdem Volkmann den Hörer aufgelegt hatte, ging er zum Bücherregal, nahm den Times-Atlas heraus und schlug ihn auf.
Mit dem Finger suchte er die Stelle zwischen Paraguay und Brasilien, die Bahia Negra hieß. Dort hatte das Radar laut Sanchez die Maschine geortet. Auf der Karte wirkte der Ort wie eine kleine, unbedeutende Stadt, die sich ans Ufer des Paraguay schmiegte. Ob Sanchez schon Fortschritte gemacht hatte? Aber Volkmann wußte, daß der Capitán sich in dem Fall von selbst melden würde.
Er stellte den Atlas ins Regal zurück und ging nach kurzem Nachdenken ins Schlafzimmer. Dort nahm er seine Dienstpistole zur Hand, eine 9-mm-Beretta. Er zog sie aus dem Gürtelhalfter und lud sie durch. In die Plastiktasche waren ein Streifen mit Patronen und ein zusätzliches Magazin mit Munition eingesteckt. Er legte die Waffe und das Ersatzmagazin in die Nachttischschublade, das Halfter auf die Kommode. Dann ging er ans Fenster und las erneut die Niederschrift des Gesprächs.
Als er damit fertig war, blickte er hoch. Draußen war es kalt, und es hatte zu regnen begonnen. Die Tropfen bildeten feine Streifen am Glas des Fensters. Schließlich zündete sich Volkmann eine Zigarette an und sog den Rauch tief ein.
20. KAPITEL
Rüdesheim.
10. Dezember.
15.00 Uhr.
Die Stadt lag direkt am Rhein, ein Labyrinth von engen Straßen mit Kopfsteinpflaster und gemütlichen Gaststätten.
Im Sommer war die hübsche Weinstadt überlaufen von Besuchern, und an den Ufern des Rheins drängten sich die schwimmenden Hotels und die Touristenboote, die auf dem Fluß verkehrten. Doch nun, im Winter, besuchten nur einige ganz hartnäckige Wochenendgäste aus Nachbarorten die Stadt.
Zuerst war Volkmann an Erikas Wohnung vorbeigefahren, um ihre Post abzuholen und einige Kleidungsstücke einzupacken.
Dann hatten sie die Autobahn Richtung Mainz genommen und sie bei Rüdesheim wieder verlassen. Kurz nach fünfzehn Uhr kamen sie an.
Volkmann fuhr durch die Stadt, um sich zu orientieren, und kehrte dann zum Rheinufer zurück. Er parkte den Ford in der Nähe des Flusses. Die Beretta und seinen DSE-Ausweis versteckte er unter dem Fahrersitz. Das Amt hatte ihn mit einem Presseausweis ausgestattet.
Ein paar flache Touristenfähren überwinterten fest vertäut.
Weihnachtsstimmung hatte sich noch nicht eingestellt, aber in den Fenstern der Geschäfte hingen Dekorationen, und auf dem Marktplatz hatte man eine riesige Kiefer aufgebaut und mit einer Lichterkette geschmückt, deren bunte Glühbirnen die einfallende Dämmerung erhellten.
Sie stiegen durch die schmalen Kopfsteinpflasterstraßen bergan ins Zentrum der alten Stadt. Die meisten Weinstuben waren geschlossen, aber sie fanden ein Café, das geöffnet hatte.
Sie setzten sich und bestellten Kaffee und Kuchen.
Erika trug einen weiten Wollpullover unter einer blauen Öljacke, Jeans und Turnschuhe. Ihr blondes Haar hatte sie zurückgebunden und auf Make-up so gut wie verzichtet, aber selbst in natürlichem Zustand war ihr Gesicht bemerkenswert hübsch.
»Sie sollten mir Lubsch besser beschreiben«, meinte Volkmann, als der Kaffee serviert worden war.
»Nicht gerade der Typ, auf den Frauen fliegen«, erwiderte sie gleichgültig. »Klein, dünn, trägt eine Brille und hat rote Haare.
Er wirkt irgendwie verletzlich und gleichzeitig arrogant, verstehen Sie, was ich meine? Ein Träumer. Aber sehr, sehr intelligent.« Sie zögerte. »Hilft Ihnen das?«
Volkmann lächelte. »Das genügt. Hat Ihre Freundin Karen immer noch eine Beziehung mit Lubsch?«
Erika überlegte kurz, bevor sie antwortete. »Ich habe bei dem Anruf das Gefühl gehabt, daß sie ihn noch trifft. Muß wohl so sein, wenn sie ihn erreichen kann.« Sie lächelte. »Und Karen hat immer gern mit intelligenten Männern geschlafen. Damals in Heidelberg glaubte sie wohl, wenn sie nur mit genügend intelligenten
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