Meade Glenn
ein Berufssoldat einem Zivilisten antworten, der ihm gerade dieselbe Frage gestellt hat.« Sie lächelte wieder. »Aber mögen Sie Ihre Arbeit wirklich?«
»Ja.«
Er erwiderte ihr Lächeln, sah aber aus dem Fenster, als wollte er weiteren Fragen ausweichen. Es wurde dunkel, und man sah draußen die ersten Lichter aufflammen.
»Es gibt noch etwas, was Sie wissen sollten, bevor wir Lubsch treffen«, sagte er und richtete die Augen wieder auf sie.
»Was?«
»Lubsch ist keineswegs der unschuldige Intellektuelle, den Sie aus ihm machen. Er steht auf der Fahndungsliste des Bundeskriminalamts und wird als Terrorist gesucht.«
Sie starrte ihn ungläubig an. »Was sagen Sie da?«
»Ich habe Lubschs Vergangenheit überprüfen lassen. Er gehört zu einer Gruppe, die von der Schweizer Grenze bis nach Frankfurt operiert, einer Art Ableger der RAF, der Rote Armee Fraktion. Der nette junge Mann, den Sie kennengelernt haben, hat sich mittlerweile das Lätzchen bekleckert. Er ist in mindestens zwei Entführungsfälle und den Mord an einem Industriellen in Freiburg verwickelt. Außerdem hebt er gelegentlich Geld von der Bank ab, ohne sich die Mühe zu machen, vorher ein Konto zu eröffnen.«
Die junge Frau wirkte verblüfft und musterte ihn eindringlich mit ihren blauen Augen.
»Ich verstehe das nicht. Sie haben mich doch gebeten, ihn zu beschreiben …«
»Ich habe meine Informationen über Telefon erhalten. Es blieb nicht die Zeit, auf ein Foto vom BKA zu warten.«
In ihrem Gesicht blitzte es verärgert auf. »Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt? Wenn das stimmt, was Sie über Lubsch sagen, dann ist es vielleicht gefährlich, sich mit ihm zu treffen.«
»Hätte ich es Ihnen gesagt, wären Sie vielleicht nicht damit einverstanden gewesen. Und im Augenblick ist er unsere einzige Spur.«
Ihre Wut verrauchte genauso schnell, wie sie gekommen war.
»Wenn wir dadurch die Mörder von Rudi finden können, habe ich keine Angst, mich mit ihm zu treffen.«
»Lubsch kann nicht wissen, daß ich zur DSE gehöre, es sei denn, Sie sagen es ihm.« Volkmann zog seinen Presseausweis heraus. »Der hier ist echt. Also müßte die Geschichte, die Sie Karen erzählt haben, eigentlich standhalten. Auf jeden Fall bleiben Sie dabei, ganz gleich, was passiert. Verstanden? Wenn Lubsch herausfindet, wer ich bin, könnte es ziemlich unangenehm werden.«
»Wie unangenehm?«
Volkmann grinste. »Vermutlich wird er versuchen, mich umzubringen.«
Sie erbleichte und wandte den Blick ab.
»Sind Sie okay?« fragte Volkmann.
»Ja, es geht schon.«
»Wenn Sie tun, was ich Ihnen sage, wird es nicht so weit kommen, Erika. Aber wenn Sie glauben, daß Sie es nicht schaffen, dann sagen Sie es jetzt. Sonst könnte es nämlich passieren, daß einer von uns oder sogar wir beide im Rhein treiben. Ich habe keine Waffe mitgenommen. Wenn Lubsch sich mit uns trifft, wird er überprüfen, ob ich bewaffnet bin. Darauf können Sie wetten. Also gehen wir beide ein Risiko ein. Aber wenn Sie wollen, daß ich Ihnen helfe, Rudis Mörder zu finden, müssen wir es auf uns nehmen.«
»Was, wenn wir Lubsch nach Winter fragen müssen?«
»Reagieren Sie so, wie die Situation es erfordert, aber bleiben Sie auf jeden Fall bei Ihrer Geschichte.«
Erika dachte kurz nach und nickte dann. »Gut.«
»Sind Sie sicher, daß Sie es schaffen?«
»Ja.«
Volkmann sah ihr forschend ins Gesicht, fand jedoch keine Spur von wirklicher Angst. Volkmann blickte auf die Uhr. Als er wieder aufschaute, bemerkte er, daß die junge Frau ihn eindringlich gemustert hatte und nun rasch die Augen abwandte.
Er winkte nach der Kellnerin, zahlte und fragte nach dem Weg zum Weißen Rössel.
Fünf Minuten später standen sie davor. Das Weiße Rössel war ein alter Bierkeller direkt am Rhein, mit dunklem Gebälk, in dem es nach Würstchen und Kerzen wachs roch.
Sie waren die einzigen Gäste. Volkmann entschied sich für einen Tisch neben dem Notausgang und bestellte zwei Schnäpse.
Die Kellnerin hatte die Getränke gerade serviert, als ein untersetzter, dunkelhaariger junger Mann hereinkam. Er war glattrasiert und trug eine grüne Plastikwindjacke. Er bestellte sich ein Bier, setzte sich an die Bar und schlug eine Zeitung auf.
Fünf Minuten verstrichen. Volkmann bemerkte, daß der junge Mann sie beobachtete. Ab und zu sah er auf die Straße hinaus.
Volkmann erinnerte sich an Erikas Beschreibung von Lubsch.
Der Mann an der Bar ähnelte dem Terroristen überhaupt nicht.
Volkmann vermutete,
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