Meagan McKinney
Körper. »Ich werde es abnähen müssen.«
»Das denke
ich auch.« Sein Blick hielt ihren fest. Das Leuchten seiner Augen sagte
ihr, daß er das Kleid gar nicht so übel fand – er wartete bloß darauf, daß sie
herausfiel.
Sie wandte
sich ab, plötzlich unsinnigerweise verlegen. Sie hatten sich geküßt, hatten
Arm in Arm geschlafen, hatten miteinander gekämpft. Doch nun war er ein
Fremder für sie. Und ein sehr gefährlicher Fremder. Der Outlaw, für den sie
Gefühle entwickelt hatte, war fort, und nun hatten sie nichts mehr, worüber sie
sprechen konnten.
Und doch so
vieles.
Also
sammelte sie all ihren Mut zusammen und sagte schließlich: »Du hättest mir
verraten sollen, daß du ein Marshal bist. Das hätte die ganze Sache einfacher gemacht.«
»Ich war
nicht sicher, wieviel Schauspieltalent du besitzt. Ich wollte nicht. daß dir
etwas geschieht. Oder daß man mich umbringt«. setzte er hinzu.
»Ich
verstehe.« Sie sah an ihrem Kleid herunter. Wieder war eine Schulter verrutscht
und enthüllte nun ein gutes Stück glatter. rosiger Haut. die in die sanfte
Rundung ihres Brustansatzes überging. Hastig zog sie den Ärmel wieder hoch und
hoffte, daß er nicht allzu viel gesehen hatte. Doch aus dem Feuer, daß in seine
grauen Augen glomm. schloß sie, daß es genug gewesen war.
Ein langes,
unangenehmes Schweigen folgte, währenddessen sie sich beide nur anstarrten. Um
die Stille zu durchbrechen. sagte sie schließlich: »Alles ist jetzt ganz
anders, nicht wahr? Du bist vor allem ganz anders.«
»Alles ist
jetzt besser. Vor allem ich«, konterte er, während er mit dem Daumen über ihr
Schlüsselbein strich. »Jetzt kann ich endlich mit dir sprechen, kann dir alles
erklären – und du mir auch. Ich bin nicht länger dein Entführer. Ich bin nur
ein Mann. Ein Mann, dem du vertrauen darfst.« Ihre Blicke trafen sich.
»Ich hatte
ohnehin schon angefangen, dir zu vertrauen«, antwortete sie. Nervös
unter seinem forschen Blick, rauschte sie an ihm vorbei zu der eichenen
Spiegelkommode und begann, ihr Haar zu flechten. Wieder konnte sie nur an
Flucht denken. Sie hatte vor ihm als Mann des Gesetzes Angst, aber noch mehr
hatte sie Angst vor ihm als einfachen Mann. Er hatte ihre
Emotionen bereits derart durcheinandergebracht, daß sie kaum noch wußte, was
sie fühlte. Er durfte damit nicht fortfahren. Wenn sie sich in ihn – einen
Marshal – verliebte, konnte sie ebensogut Selbstmord begehen.
Er trat
hinter sie und betrachtete sie über die Schulter im Spiegel. Ohne sie zu
berühren, sagte er: »Langsam habe ich das Gefühl, du vertraust mir jetzt weniger als
vorher, als du mich für einen Outlaw hieltest.«
Die
Aufgabe, ihr Haar zu flechten, schien nicht zu bewältigen. Sie ließ ihre
zitternden Hände sinken.
Ein Schuß
zerriß die Stille – die Kavallerie exerzierte auf dem
Übungsplatz –, und das Geräusch spannte ihre Nerven zum Zerreißen an. Am Rande
der Hysterie,
fauchte sie: »Ich verstehe es einfach nicht. Du nennst dich
einen Rebell, du hast auf der Seite der Konföderierten gekämpft – wie kannst du
jetzt bloß für die
andere Seite arbeiten? Ich hätte von dir niemals erwartet ...« Sie brach ab und
schüttelte den Kopf. Die Worte waren ihr herausgerutscht. Nun befürchtete sie,
sie hatte zuviel gesagt.
Ein Hauch
eines Lächelns überzog sein Gesicht. »Du redest fast schon wie ein Südstaatler.
Dabei bist du nur eine
weitere behütete Lilie des Nordens, der man vom Krieg wie von einem bösen
Märchen erzählt hat. Du mußt es besonders gut gehabt haben, Christal. Der
Krieg mußte erst zehn Jahre vorbei sein, bevor du dich dafür interessiertest
und einmal einen Menschen danach gefragt hast.«
Zorn
flammte in ihr auf. Vielleicht war sie einen kurzen Teil ihres Lebens ein
behütetes Mädchen gewesen, aber dann hatte sie ihren eigenen Krieg auszutragen
gehabt – sie konnte sich nicht in seinen hineinziehen lassen. Mit angespannter
Stimme sagte sie: »Ich habe dich nach dem Krieg gefragt, weil ich etwas über
dich erfahren wollte. Aber alles, was von dir kam, ist
eine Lüge gewesen. Auch deine Rebellenvergangenheit
muß gelogen gewesen sein, ansonsten begreife ich nicht, wie du den einen
Moment Konföderierter sein
kannst und im nächsten Föderalist. Ein Rebell hätte diese Aufgabe nicht tun
können. Kein richtiger jedenfalls.«
»Gerade
weil ich ein Rebell war, konnte ich den Job machen.«
Sie hatte
Wut erwartet, aber nicht diese Bitterkeit. Der Unterton in seiner Stimme tat
ihr
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