Meagan McKinney
Finger strich er ihr zart über
die Lippen. »Du weißt es«, flüsterte er.
Die Worte
erstarben auf ihren Lippen.
So standen
beide da. keiner willens aufzugeben, keiner in der Lage zu gewinnen. Schließlich machte er mit dem
Kopf eine Bewegung zum Fenster hin, durch das man die
Kavallerie ihre Manöver im Staub ausführen sehen konnte. »Du bist wieder in
der Zivilsation, Mädchen. Es sieht nicht gerade so aus, aber die Regel der
Zivilisation sind auch hier gültig, wie sie es in Fort Laramie, San Francisco
oder Denver sind. Du bist eine
alleinstehende Frau, und heute nacht schläfst du in diesem Zimmer,
beschützt vor jedem Mann, der dich vielleicht belästigen möchte ... wie ich
zum Beispiel.«
Ein Kloß
bildete sich in ihrer Kehle. Er war entschlossen, etwas aus ihrer
gemeinsamen Zeit in Falling Water
herauszuholen, und das durfte sie ihm nicht
erlauben. Wenn er dem eine Bedeutung gab, dann wäre es um so schwieriger zu
gehen. Und es fiel ihr ohnehin schon schwierig genug,
ihn zu verlassen. Er senkte seine Stimme, seine Augen wirkten plötzlich
verschleiert. Sie fand keine Worte, um ihn aufzuhalten.
»Ich
werde diese Nacht nicht
hier sein«, flüsterte er. »Ich werde deinen Körper nicht an meinem spüren
oder deinen Atem im Schlaf hören. Ich kann deinen Ruf nicht ruinieren, weil
hier gewisse Regeln gelten. Du bist das, was man gemeinhin als Lady bezeichnet,
Mrs. Smith. Also werde ich dich auch als solche behandeln. Aber du sollst
wissen, daß ich diese Regeln verfluche. Was immer zwischen uns in Falling Water
vorgefallen ist, hätte nicht geschehen dürfen. Dennoch ändert das nichts an
der Tatsache, daß es passiert ist. Heute nacht solltest du in meinen
Armen liegen, und das weißt du. So wie du weißt, daß dein Herz schlägt ... da
drin!« Seine Knöcheln strichen über ihr Schlüsselbein tiefer, dann legte er
seine Hand über ihre linke Brust, und beide spürte das wilde Hämmern ihres
Herzens.
Sie wandte
sich ab, Tränen brannten in ihren Augen. Seine Worte trafen sie mitten ins
Herz. Er hatte all das gesagt, was sie nicht zu hören ertragen konnte. Ihre
Seele weinte. Seine Worte verwandelten ihr Pläne in eine quälende Prüfung.
Zum ersten
Mal seit Jahren spürte sie eine heiße Träne ihre Wange hinunterkullern. Es war
so passend gewesen, daß sie ihm in Trauerkleidung begegnet war. Sechs lange
Jahre hatte sie den Verlust ihrer Kindheit, ihres früheren Lebens beklagt. Doch
noch mehr weinte sie um ihre Einsamkeit, die nur noch schlimmer wurde, als sie
zur Frau heranwuchs, denn nun wünschte sie sich nachts einen warmen Körper
statt nur einer Phantasie. In Falling Water war sie durch die Hoffnung, einen
Menschen gefunden zu haben, mit dem sie leben konnte, verhöhnt worden. Es hatte
Momente gegeben, in denen sie vor ihrem inneren Augen sie beide
zusammengesehen hatte. Er war nicht der Mann, den sie in ihrem Träumen für sich
ausgesucht hatte, aber Träume waren etwas, das sich dumme kleine Gänse erlauben
konnten. Und Cain, der Outlaw, den sie geküßt, berührt und an dessen Seite sie geschlafen
hatte, war aus Fleisch und Blut gewesen – ein Mann aus Fleisch und Blut, kein
Schatten aus Träumen. Und er war genau das bißchen auf der anderen Seite des
Gesetzes gewesen, um sie verstehen zu können. Nun war dieser Mann fort. So tot,
als wäre er von Kineson erschossen worden. Macaulay hatte sie so oft nach ihrem
Mann gefragt. Und nun wußte sie, um wen sie trauerte. Es war Cain.
»Warum tust
du das?« flüsterte sie schließlich, voller Wut, daß er sie dahin gebracht
hatte.
»Weil ich
dich will«, war alles, was er sagte.
Sie schloß
die Augen. Flüsternd erwiderte sie: »Wenn ich mich dir wie eine Hure hingebe,
glaubst du, du könntest dich auf diese Art von mir befreien?«
»Ich will
nicht, daß du dich mir so hingibst. Wenn ich das gewollt hätte, dann hätte ich
dich längst genommen. Ich hätte es ein dutzendmal tun können, als wir zusammen
waren.«
»Das wäre
eine Vergewaltigung gewesen.«
»Auf jeden
Fall hätte ich mir nehmen könnte, was ich wollte.«
Sie begann
zu zittern.
Er nahm sie
in die Arme. »Ich will, daß du mir von dir erzählst.« Er hob ihre Hand mit der
eingebrannten Rose und zeichnete jedes der zarten Blätter mit der Fingerspitze
nach. Seine Berührung brannte wie ein Feuer, das sie zu verzehren drohte. »Was
versteckst du vor mir?«
Sie stöhnte
auf.
Sanft hob
er ihr Kinn an, so daß sie ihm in die eisgrauen Augen sehen mußte. »Antworte
mir.« Sie sah
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