Meagan McKinney
weh.
»Was
glaubst du denn, habe ich aus diesem Krieg mitnehmen können? Glaubst du, ich
hätte Ehre und Ruhm
gewonnen?« Cain holte tief Atem. Es schien ihm Mühe zu
bereiten, die Worte auszusprechen. »Ich habe in diesem Krieg nichts außer Tod,
Blut und Verluste
gesehen. Nun ist es zehn Jahre her, aber ich habe immer noch
keinen Sinn darin gefunden, mit dem ich leben kann. In meinem Kopf ist richtig
und falsch vollkommen
durcheinander geraten. Ich versuche jeden Tag
erneut, Ordnung zu schaffen. Und das ist der Grund, warum ich für die
Föderalisten arbeiten kann.
Der Krieg
ist lange vorbei, und ich bin kein Mann aus Georgia mehr, sondern ein Bürger
der Vereinigten Staaten, was ich tue, ist schwarz und weiß. Richtig und falsch.
Was Kineson getan hat, war ein Verbrechen. Er hat seine Quittung bekommen. Und
ich kann zum nächsten Job übergehen, ohne mein Innerstes deswegen verzehren zu
lassen.«
»Aber die
Dinge sind ja nicht immer so eindeutig.« Sie verfluchte die Panik in ihrer
Stimme. »Manchmal ist ein Verbrechen nicht das, was es zu sein scheint.
Vielleicht hast du Fakten, die lügen ...«
»Wovon
redest du?«
Sie sah ihn
im Spiegel an. Er hatte die Stirn gerunzelt. Nein, sie konnte ihm nicht alles
sagen. Nach dem, was er ihr eben erzählt hatte, würde er sie vor
Gericht schleppen und hängen lassen, bevor ihr Onkel sie noch erwischt hätte.
»Christal,
was ist los?« Seine Arme schlangen sich um ihre Taille, und sie spürte
die Wärme seiner Hände. Sie wünschte sich nichts sehnlichster, als sich an
seine Brust fallen zu lassen, sich in seinen Armen zu verkriechen, ihn zu
küssen und zu berühren. Sie wollte, daß er verstand, was der Outlaw Macaulay
Cain schon wußte: Daß manche Verbrechen falsch beurteilt werden, daß es Gründe
für Verbrechen geben konnte.
Doch nun
stand dort ein anderer Macaulay Cain. Ein Mann, der ganz anders dachte als sie.
Ein Mann, vor dem sie sich nur mit einer Mauer des Schweigens schützen konnte.
»Behandel
mich nicht wie einen Fremden, Christal«, sagte er mit einem drohenden
Unterton. »Ich weiß, daß du eine Menge durchmachen mußtest, aber ...«
»Aber wir sind Fremde«, unterbrach sie ihn. Verzweifelt bemüht, Distanz zu ihm zu
erlangen, fuhr sie fort: »Wir haben gemeinsam einige schwierige Tage
durchgestanden, aber sie sind nun vorbei. Wir können unsere Leben wieder
aufnehmen. Ich warte nur noch auf die Overland-Kutsche, und dann bin ich weg.«
Sie drehte sich um und sah ihm ins Gesicht, denn sie wollte unbedingt ein
letztes Mal aufrichtig sein. »Ich möchte nur, daß du weißt, wie erleichtert ich
bin, daß man dich nicht umgebracht hat. Ich ... ich bin froh, daß du ein
Marshal bist. Ich hätte es nicht ertragen, dich hängen zu sehen.«
Ein seiner
Stimem lag ein Unterton, als wollte er sie am liebsten schütteln. »Du
empfindest etwas für mich, also gesteh mir dasselbe zu. Zieh dich nicht von mir
zurück.«
»Das tue
ich nicht ...«
»Oh, doch.«
Er blickte sie im Spiegel an. Er begann, ihre Wange zu streicheln. »Ich möchte
so gerne alles von dir wissen, Christal – wo du herkommst, wer dein Mann
war, wohin du an jenem Tag in der Kutsche wolltest.«
»Mein Leben
ist uninteressant. Meine Vergangenheit würde dich langweilen.«
»Du hast
mir noch überhaupt nichts erzählt ...« »Da ist nichts zu erzählen.«
Seine Hand
packte ihr Kinn, und er zwang sie, ihn anzusehen. »Wenn es nichts zu erzählen
gibt, warum stellst du dich dann so an? Ich dachte, du wolltest mir nichts von
dir sagen, weil du glaubtest, ich sei ein Outlaw – der Mann, der dich als
Geisel nahm. Doch nun kommt mir der Gedanke, daß mehr dahintersteckt.«
»Wir sind
Fremde, die zufällig eine schlechte Erfahrung geteilt haben«, sagte sie,
schloß die Augen und versuchte, stark zu sein. Er durfte nicht in ihr Inneres
blicken. Nicht, solange sie entschlossen war, bei der ersten Gelegenheit zu
fliehen. »Wir müssen nun wieder unser normales Leben weiterführen. Ich gehe meinen
Weg, du gehst deinen.«
»Nein.«
Ihr stockte
der Atem. Sie öffnete die Augen. Wieder nistete die Angst sich in ihrem Herzen
ein. »Was hast du gesagt?«
»Du hast
mich gehört. Ich sagte nein. Wir werden nicht getrennte Wege gehen. Noch
nicht.«
»Du hast
kein Recht. mich länger festzuhalten als ...«
»Ich habe jedes
Recht.«
Sie starrte
ihn an. Das Blut rauschte in ihren Ohren. »Warum?« fragte sie mit fast
unhörbarer Stimme.
»Du weißt,
warum.« Er drehte ihr Gesicht zu sich. Mit einem
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