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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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machte auf dem Absatz kehrt.
    Dann
geschah das Unfaßbare.
    Einigen
Knickerbockern mußte es vorkommen, als würde das Glück persönlich in ihrem
Schoß landen, als sie sahen, wie die Serviette aus Fitzsimmons Hand glitt. Das
Leinen flatterte zu Boden und die Schrift war für alle lesbar, die in
Sichtweite saßen. Das Geräusch von einem kollektiven Luftholen ging durch den
Raum, als sie versuchten, alles zu entziffern. Dann hob Fitzsimmons das Tuch
wieder auf und steckte es in die Tasche, als wäre nichts geschehen. Sheridan,
in der Ecke des Speisezimmers, hob nur leicht den Kopf. Offenbar hatte er
Fitzsimmons Ungeschicklichkeit nicht einmal bemerkt. Die Männer rieben sich
plötzlich die Hände.
    Einer nach
dem anderen verließ den Speisesaal, jeder mit einer anderen Entschuldigung,
jeder mit demselben Ziel und demselben Namen in seinem Kopf: Jubilee Patent
Laces.
    Eagan
allerdings hatte die Serviette fallen sehen. Er erbleichte und wäre fast
aufgesprungen, hätte sein Bruder ihm nicht heimlich die Hand auf den Arm
gelegt. Eagan sah ihn an und sagte: »Trevor. Sie haben es alle gesehen. Wir
müssen Fitzsimmons warnen, den Kauf nicht zu tätigen!«
    »Warte«,
war alles, was Sheridan dazu sagte.
    Immer mehr
Männer verließen das Zimmer. Schließlich waren nur noch der chinesische
Hilfskellner und der alte Cyrus Field anwesend, der zu blind und taub war, um
noch etwas anderes zu sehen als das Stück Fleisch auf seinem Teller, das sein
Diener ihm in mundgerechte Häppchen schnitt.
    »Himmel,
Trevor, was hast du vor? Die Aktien sind doch wertlos, wenn du und der Rest des
Clubs sie kaufen«, flüsterte Eagan.
    »Es sind
Jubilee Patent Laces!«
    Eagan
machte ein Gesicht, als hätte man ihn gerade geohrfeigt.
    »Die sind
doch noch nicht mal das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden! Das weiß doch
jeder. Jubilee kann jeden Tag in Konkurs gehen! Bist du verrückt geworden?«
    Sheridan
stand auf, als hätte Eagan nichts gesagt. »Was meinst du, Eagan, sollen wir
Fitzsimmons morgen
freigeben? Er hat heute gute Arbeit geleistet, findest du nicht?«
    Eagan sah
zu seinem Bruder hoch und kniff die Augen leicht zusammen. »Was hast du da eben
getan? Du... du hast einfach...?«
    »Fitzsimmons
bietet heute nicht für mich«, erklärte Sheridan. »Ich glaube allerdings nicht,
daß einer unserer Herren aus diesem Raum dies bemerken wird. Sie werden zu
gierig sein, Jubilee aufzukaufen!«
    Endlich
dämmerte Eagan, was Trevor vorhatte. Doch gleichzeitig kamen ihm auch die
Zweifel. »Aber nicht alle Männer, die eben rausgelaufen sind, waren gestern bei
uns eingeladen, Trevor. Du hast Menschen ruiniert, die nichts mit uns zu
schaffen haben.«
    Sheridan
schoß herum und flüsterte bitter: »Weißt du, wie sie Mara heute nach dieser
Enttäuschung nennen? Die irische Hure! Man hat mir erzählt, daß einige Männer
hier im Club Wetten darauf abgeschlossen haben, wer sie zu seiner Mätresse
machen kann. Wenn ich jemals ihre Namen bekomme, dann – das schwöre ich! –
erleben sie keinen weiteren Tag an der Börse!«
    Zorn und
Unglaube drückte sich in Eagans Miene aus. Wie betäubt stand er auf und blickte
aus dem Fenster über die Broad Street zur Börse hinüber. »Wenn das so ist,
warst du noch zu gnädig«, sagte er endlich.
    »Ich bin
noch nicht fertig!«
    Sheridan
wandte sich um und ging. Er schlenderte aus dem Speiseraum, und die einzigen
Laute, die man hörte, war das hartnäckige Mahlen von Cyrus Fields Gebiß und das
ferne Klicken des Spazierstocks auf dem Marmorboden.
    ***
    »Vergib
mir, Vater, denn
ich habe gesündigt!«
    Der
Priester, der seit sechs Stunden die gleichen Worte hörte, setzte sich
plötzlich kerzengerade auf. Seine tränenden Augen starrten angestrengt auf das
kleine, vergitterte Fenster des engen Beichtstuhls, das die Sünder von dem
Priester trennte. Natürlich konnte er nichts erkennen, doch das brauchte er
auch nicht. Er wußte, wessen Stimme da gesprochen hatte. Er kannte sie so gut
wie die Perlen seines Rosenkranzes. Es war Trevor Byrne Sheridan, der Trevor
Byrne Sheridan von der Wall Street, der die Sheridan Bank und mehr Eisenbahnen
und Silberminen besaß, als er aufzählen konnte. Aber wichtiger noch – es war
der Sheridan, dessen Geld letzten Winter der Kapelle ein neues Dach beschert
hatte und der als einziger Mittel für das Waisenhaus in Five Points
bereitstellte. Es war der Mann, von dem der Bischof einmal gesagt hatte, ihm
gehörte fast ein Viertel von Manhattan, den kostbaren Schmutz unter

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