Meagan McKinney
ihre Handschuhe abzustreifen, setzte Alanas
Herz aus.
Seit ihre
Eltern gestorben waren, die eng mit den Astors befreundet gewesen waren, hatte
sich Caroline Astor
nie so lange bei ihr aufgehalten, daß sie es für nötig gehalten hätte, ihre
Handschuhe auszuziehen. Sie tat dies nie, es sei denn, ernsthafte Umstände
erforderten es. Es mußte eine Katastrophe bedeuten.
»Alice,
Darling, wir haben viel zu besprechen und nicht viel Zeit dafür. Ich möchte
hier nicht beim Herumtrödeln
gesehen werden. Das wäre zwecklos.«
Die Matrone
zog eine diamantbesetzte Nadel von der Länge eines Säbels aus ihrem Hut und
nahm ihre elegante
ockerfarbene Kopfbedeckung ab. Darunter erschien ihr weicher, dunkelbrauner
Schopf, der, obwohl Mrs. Astor um die vierzig sein mußte, kein einziges
graues Haar aufwies.
> Eine
Perücke < , dachte Alana in einem ungewohnten Anfall von Gehässigkeit.
Mrs. Astor
konnte Gott sei Dank keine Gedanken lesen, und so legte sie nur ihren Hut auf
einem Tisch ab und kam – wie es ihre Art als Befehlshaberin war – direkt zum
Thema. »Alice, mir sind die Gründe für diese Hochzeit schleierhaft. Ich muß
gestehen, daß die Nachricht mich vollkommen schockiert hat.«
Alana
setzte sich behutsam auf die Kante der gepolsterten Belter-Bank. Am liebsten
hätte sie geantwortet, daß
auch sie schockiert gewesen war. Statt dessen sagte sie mit einem unbehaglichen
Gefühl: »Es kommt sehr plötzlich, ich weiß.«
»Deine
Mutter war eine Schermerhorn, meine Cousine zweiten Grades, glaube ich. Habe
ich recht?«
Alana
nickte.
»Dann sind
wir ja fast miteinander verwandt, nicht wahr?« Mrs. Astor lächelte.
Alana
nickte. Nein, nicht fast, sondern ganz bestimmt, dachte sie, aber sie
war kaum in der Stimmung, gegen die Distanz zu protestieren, die Mrs. Astor
nun zwischen sie geschoben hatte.
»Alice... Alana!« korrigierte die Lady schnell. »So hat deine Mutter dich immer genannt,
richtig?«
Alana
nickte erneut, verabscheute jedoch diesen Versuch der Vertraulichkeit. Sie
wollte nicht an ihre Mutter erinnert werden. Nicht heute. Es war schon drei
Jahre her, doch das Feuer, das ihr ihre Eltern und gewissermaßen auch ihre
Schwester genommen hatte, war in ihrer Erinnerung noch sehr lebendig.
»Sie würde
nicht wollen, daß du diesen... diesen Iren heiratest, Alana. Und das weißt du.«
Die
Bemerkung zerriß etwas tief in ihrem Inneren. Nein, ihre Mutter hätte es
wirklich nicht gewollt, und das war der Grund, warum Alana nicht einmal die
Möglichkeit in Erwägung ziehen wollte. Ihre Mutter hatte aus Liebe geheiratet,
und sie hätte sicher erwartet, daß Alana dieselbe Entscheidung treffen würde.
Aber die
Dinge hatten sich nicht wie erwartet entwickelt. Und als allererstes hätte
sich ihre Mutter das Wohlergehen von Christabel gewünscht.
»Mutter und
Vater hätten mir nicht verboten, Sheridan zu heiraten, wenn ich ihn liebte.«
Alana gab Mrs. Astor die ehrlichste und gleichzeitig die absichtlich
täuschendste Antwort, die ihr einfiel. Mrs. Astor würde sie nicht fragen, ob
sie Sheridan liebte. Das war vollkommen nebensächlich.
Die große
Dame wirkte nicht gerade glücklich. Wie ein
General, der seine Truppe neu formiert, wechselte sie den Kurs und versuchte
einen neuen Anlauf. Ihr Gesicht wurde weicher, und sie nahm Alanas Hand.
»Die van
Alens sind eine alte Familie!« Einer Eingebung folgend, setzte sie großzügig
hinzu: »Von den echten alten New Yorkern sind nicht mehr viele geblieben. Du
darfst nicht etwas so Verrücktes tun, Alana. Es wird bald keine Knickerbocker
mehr geben, wenn wir uns nicht selbst erhalten. Du kennst unser Motto: Nous
nous soutenons! Wir unterstützen uns gegenseitig! Wir!« bekräftigte
sie noch einmal.
Alana
starrte auf ihre gefalteten Hände, und das aufgestaute Gefühlsdurcheinander der
letzten Tage drang plötzlich an die Oberfläche. Caroline Astor hatte all ihre
Probleme verursacht. Gerade dieses Bestreben nach Selbsterhaltung und
Exklusivität hatte sie in Sheridans Löwenbau getrieben. Und obwohl der Ire
wahrscheinlich der hinterhältigste Schuft in. diesem ganzen Dilemma war, so gab
es doch noch eine Menge anderer.
Mit der größtmöglichen
Überzeugung, die sie an den Tag bringen konnte, sagte Alana: »Diese Parvenus
werden in die Gesellschaft eindringen... das ist eine unausweichliche Tatsache.
All dieser ganze Aufruhr – wofür denn? Um etwas zu verhindern, was ohnehin
geschieht? Trevor Sheridan will die Dinge bloß beschleunigen!«
Mrs. Astor
ließ ihre
Weitere Kostenlose Bücher