Meagan McKinney
sie
erneut die Tränen mit dem feuchten Taschentuch wegwischte, das sie in ihrer
Hand zerknüllte, schwor Alana mit jeder Faser ihrer Seele, daß sie eines Tages
ihre Schwester in Freiheit sehen würde, damit sie das Leben führen konnte, das
ihr zustand.
Ein Klopfen
unterbrach ihre Einsamkeit, und Alana war versucht, nicht darauf zu reagieren.
Aber als die Schneiderin von draußen flehte, sie möge doch das Kleid
anprobieren, das morgen früh fertig sein sollte, hatte Alana Mitleid mit der
Frau, trocknete sich die Augen und öffnete die Tür.
Sie sah
kaum wie eine strahlende, glückliche Braut aus, aber das kümmerte Alana nicht.
Ohne auf die neugierigen Blicke von Madame LaBceuves Näherinnen zu achten,
legte sie ihre Reisekleidung ab und zog sich bis auf das rosafarbene Korsett
aus. Madame LaBceuve und ihre Näherinnen gingen sofort an die Arbeit, steckten
und wickelten gekonnt den Stoff um ihren Körper, während sie sich alle
erdenkliche Mühe gaben, Alanas verquollenes Gesicht zu ignorieren.
Alana wußte, es hätte sie kümmern müssen, was die Frauen dachten, aber in
diesem Moment wollte sie nicht anders, als allein gelassen zu werden.
Sie hätte
wissen sollen, daß ihr Wunsch vergeblich war.
Gerade eine Sekunde, nachdem Madame LaBceuve die letzte Nadel an die richtige
Stelle gesteckt hatte, hörte man Margarets Stimme draußen vor ihrem Schlafzimmer
heftig und laut protestieren. Alle Augen richteten sich auf die
Türen, und zu Alanas Entsetzen erschien plötzlich Trevor Sheridan, trotz Margarets
fast hysterischem Versuch, ihn an seinen Roccschößen festzuhalten.
»Er will
einfach nicht hören, Miss!« kreischte Mar garet. »Soll ich Kevin rufen, damit er ihn hinauswirft? Was soll ich tun?«
»Was geht
hier vor?« Alana fühlte sich in dem nur lose festgesteckten Hochzeitskleid fast
nackt, und Sheridans Blick blieb an ihrem Körper haften.
»Mir ist
noch nie ein so schlecht erzogener Mensch untergekommen – einfach in das
Boudoir einer Lady zu stürmen!« quiekte Margaret.
Sheridan
riß seine Augen von Alana los, schenkte der kleinen Dienerin ein finsteres
Lächeln und sagte zu ihr: »Go datcha an diabhal tú!«
Margaret
riß die Augen auf. Es war die Sprache, der Tonfall, nicht die Worte, die ihr
vertraut waren.
»Du hast
kein Wort verstanden, nicht wahr, Pegeen?« fragte Sheridan leicht verärgert.
Bei der
Koseform ihres Namens schüttelte Margaret nur verdutzt den Kopf.
»Sollen die
Engländer dich behalten, wenn du nicht mal mehr deine Muttersprache kannst.
Los. Geh! Geh zurück in die Küche. Verschwindet! Ihr al le«, befahl er
plötzlich auch Madame LaBceuve und ihrer Armee von Näherinnen. »Ich will allein
sein mit meiner
...« sein Blick wanderte wieder zu Alana, die in der Helligkeit des Fensters
stand und ihr Kleid zusammenhielt »... Braut«, schloß er, wobei seine Augen
vergnügt glitzerten.
»Das ist
ein ungehöriges Verhalten«, protestierte Alana, während ihr Herz unter seinem
Blick heftig klopfte. »Du kannst doch nicht einfach in mein Schlafzimmer
kommen. So etwas tut man nicht!«
»Man hat es
aber getan«, antwortete er genüßlich, aIs die letzte der Näherinnen an ihm
vorbeiwieselte.
Selbst
Margaret war verschwunden, und wahrscheinlich rannte sie zu ihrem Kevin, um
sich übersetzen zu lassen, was für einen gälischen Fluch Sheridan auf sie
losgelassen hatte.
»Hast du
überhaupt keinen Anstand? Woher nimmst du das Recht, einfach in mein
Schlafzimmer einzudringen?« zischte sie, als sie allein waren.
»Ich bin
dein Ehemann. Das gibt mir das Recht!«
»Aber es
weiß doch niemand, daß wir schon verheiratet sind. Du hast mein Personal
schockiert.«
»Sollen sie
schockiert sein.« Er trat zu ihr und entdeckte plötzlich ihre roten Augen. »Du
hast geweint«, stellte er fest, und nur seine Augen verrieten Interesse.
Vor Zorn
stieg Alana die Farbe ins Gesicht. Sie wandte ihr Gesicht ab und sagte mit
leiser, haßerfüllter Stimme: »Das ist kein Wunder. Ich habe genug Grund zum
Weinen.«
Die Lage
ihrer Schwester brachte sie um, aber er konnte das nicht wissen, und als sie
ihn wieder ansah, war ihr klar, daß er die Schande dieser Hochzeit für ihre
Tränen verantwortlich machte. Er wirkte wie zu Eis
erstarrt. Sheridan strahlte niemals besondere Wärme aus, aber nun hatte sich
sein Verhalten und seine Haltung von seiner Sekunde auf die andere von neutral
zu bedrohlich gewandelt. Mit steifen, förmlichen Schritten trat er zu einem
Stuhl am Kamin, setzte sich und legte
Weitere Kostenlose Bücher