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Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner

Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner

Titel: Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Joseph
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Irgendwann erschien dann Vineta alsLichtgebilde überm
     Meer, woraufhin die Alten zu jammern und zu warnen anfingen und empfahlen, die Stadt zu räumen. Weil: Wenn man eine Sache doppelt sieht, steht deren
     Untergang bevor.
    Natürlich hat niemand den Ort verlassen – das würde nach solch einer Warnung auch heute keiner tun. Jeder weiß, dass es gerade an hoch temperierten
     Tagen immer mal wieder zu Luftspiegelungen über der Ostsee kommen kann, so dass altkluge Urlauber am Horizont Dänemark oder Schweden ausmachen, wo in
     Wahrheit wegen der Erdkrümmung nichts als Wasser zu sehen ist. Und wer schon einmal am sommerheißen Strand ein Bierchen getrunken hat, der weiß auch, dass
     es mit dem Doppelt-Sehen ziemlich schnell gehen kann.
    Sucht man heute auf der Landkarte den Standort von Vineta, sieht man auch nach kurzer Zeit doppelt. Oder besser gesagt: sogar vierfach! Je nachdem,
     welcher Vineta-Theorie gefolgt wird, findet man die versunkene Stadt wahlweise vor Koserow im Norden von Usedom, vor der Insel Ruden ein Stück weiter
     südlich oder vor der Insel Wollin, die zu Polen gehört. Erst wenige Jahre alt ist eine Version, nach der Vineta im Bodden nördlich des Städtchens Barth zu
     suchen sei – reichlich hundert Kilometer von den anderen Standorten entfernt. Erklärt wird diese neueste aller entsprechenden Theorien durch den
     veränderten Lauf des Flusses Peene, der vor Jahrhunderten in Richtung Barth und Halbinsel Fischland, Darß und Zingst geflossen sei. An der Mündung
     besagter Peene soll Vineta nämlich gelegen haben. Eine Schnapsidee? Bewiesen ist diese Theorie genauso wenig wie jede andere, aber Barth nannte sich rasch
     »Vineta-Stadt«, krempelte das Heimatmuseum in Richtung »Vineta-Museum« umund lockte Touristen mit Open-Air-Vineta-Festspielen. Derartige
     Spektakel gab es bereits in Heringsdorf, wo bis heute Jahr für Jahr und unter Beteiligung zahlreicher ortsansässiger Laiendarsteller der Untergang der
     Stadt durchexerziert wird.
    Entdeckt wurde Vineta also bislang nicht. Es wäre spannend gewesen, was der Archäologe Heinrich Schliemann (1822 bis 1890) zutage befördert hätte, wenn
     er als gebürtiger Neubukower mal in seiner Heimat geblieben wäre. Stattdessen las er Homer und nahm sich angeblich schon als Kind vor, einmal Troja
     auszugraben. Was ihm ja dann 1873 auch gelang.

    Wahrscheinlich ist Vineta langsam und unspektakulär im Meer versunken. Die Küste von Mecklenburg-Vorpommern senkt sich nämlich und
     verschwindet ganz gemütlich im Meer. Wo heute die Ostsee ans Ufer brandet, konnte man früher trockenen Fußes spazieren gehen – vor etwa 8 000 Jahren. Wer
     sich mit den Überresten unserer Vorfahren an der Küste befassen möchte, braucht einen Taucheranzug. Vor Wismar und vor Rügen wurden die Archäologen auf
     dem Meeresboden fündig, brachten zum Beispiel altes Werkzeug an Land.
    Ein Weltuntergang war das allmähliche Versinken ihrer Umgebung für die alten Fischer und Jäger einst nicht. Als ihnen die näher rückende Brandung die
     Füße kitzelte, zogen sie weiter ins Landesinnere. Ganz entspannt. Ihre Abfälle ließen sie liegen. Reste von Fischen, Robben und Geflügel – Zwergsäger,
     Schellente, Reiherente. Und Schildkröten. Auch die gab es noch bei den alten Mecklenburgern und Vorpommern, die damals noch keine waren.
    Wenn Sie Wismar besuchen, sehen Sie sich das angebliche Geburtshaus
     von Störtebeker in der Speicherstraße an. Und wenn Sie schon einmal da sind, gehen sie weiter durch die UNESCO-geschützte Innenstadt in Richtung Alter
     Markt und besuchen die Tittentasterstraße. Das hätte dem alten Klaus gefallen – dem Trunkenbold wie dem edlen Recken.

    Auch den Ort Lohme auf Rügen kann man wieder gefahrlos besuchen. Dank eines ausgeklügelten Entwässerungssystems konnten die
     gefährdeten Küstenbereiche gerettet– und vor dem Untergang bewahrt werden.

    Apropos Mythen und Legenden: Sollten Sie einmal in der Gegend von Groß Bäbelin, Serrahn und Krakow unterwegs sein, dann
     betrachten Sie die sanften Hügel, die dichten Wälder und die klaren Gewässer ruhig genauer. Erkennen Sie ihn wieder? Richtig: Das ist der
     Paradiesgarten. Laut Fritz Reuter zumindest, dem niederdeutschen Star-Autor, der in seiner »Urgeschicht von Meckelnborg« den Ursprung der Menschheit in
     die Mecklenburgische Schweiz verlegt. Schön. Und wenn dies das Paradies ist, wo sind dann Adam und Eva? Mal auf dem Golfplatz nachsehen.

UNDERSTATEMENT PUR –
    AUSSEN

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